Kurzgeschichte
Besuch

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"Er ist schwul und akzeptiert, das ich es nicht bin"
Veröffentlicht am 29. Mai 2014, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Er ist schwul und akzeptiert, das ich es nicht bin

Besuch

Titel

Was für ein Ochse. Hat gar kein Grund zur Eifersucht. Nur weil diesmal sein Kerl bei mir übernachten darf und nicht er, dreht er gleich ab. Er hat doch ein Sexdate, welches ihn wieder mal um einen zehner, oder zwanziger erleichtert. Außerdem weiß er doch ganz genau, das ich nur auf Frauen abfahre. Sein Kerl weiß wenigstens, das ich nicht auf die andere Seite will und lässt die Finger von mir. Versucht es noch nicht einmal. Selbst, wenn ich betrunken bin. Ich habe die Erfahrung gemacht, das diejenigen, die hundert Prozent homosexuell orientiert sind, es eher

akzeptieren, das man nicht will, als diejenigen, die Bisexuell sind. Jene versuchten oft mich dazu zu bringen, Sex mit ihnen zu haben, mich abzuschlabbern und so weiter. Zu denen war ich dann nicht mehr nett. Drehte ihnen den Rücken zu. Und mit ihm werde ich es auch machen, wenn er mir noch einmal zu Nahe kommen sollte. Er hat so viele, die mit ihm ins Bett gehen. Mehrere sind sogar mit Frauen verheiratet und wollen nebenbei mit ihm eine Nummer schieben. Ausgelastet ist er auf jeden Fall. Also brauch er mich nicht dazu. Ich trage den ganzen Tag Schuhe mit Stahlkappen und bin bereit sie einzusetzen. Angedroht hab ich es

ihm schon öfter. Es war ein netter Abend. Wir unterhielten uns, schauten Filme, tranken Bier und er hielt Abstand, wie erwartet. Irgendwann schliefen wir einfach ein. Keiner von uns beiden bekam mit, wie sein Kerl eine Nachricht nach der anderen schickte. Zuerst über mein Account, dann über seinen. Es missfiel ihm total, das er nicht dabei war. Uns war es egal. Wir hatten einen angenehmen Abend gehabt. Einen ruhigen Abend. Niemand quakte dazwischen. Die Lautstärke war angemessen. Keiner brüllte uns ins Ohr. Wie die Nacht war, weiß ich nicht. Ich hatte tief und fest geschlafen und nichts

mitbekommen. Als ich aufwachte, war ich immer noch angezogen. Und er auch. Ihm konnte ich wirklich vertrauen. Er respektierte wirklich meine sexuelle Orientierung. Deshalb darf er auch wiederkommen. Ich machte uns Kaffee und er besorgte Brötchen. Die treue Seele wollte nicht so schnell zu seinem Schatz zurück. Mir war es egal. Ich redete ihm nichts ein. Drängte ihn zu Nichts. Es war seine Entscheidung, wann er zu ihm zurück ging. Ob er zu ihm zurück ging. Sicher war er sich dessen nicht. Ihm störte es, das sein Partner noch andere hatte, mit denen er verkehrte und von ihm verlangte, das er ihm treu blieb. Dem

Ochsen hatte ich einmal ins Gewissen geredet. Aber es ging ihm am Ausgang vorbei. Er brauchte die Abwechslung. Das er dafür Geld zahlen musste, störte ihm nicht. Nach einem ausgedehnten Frühstück verließ er mich. Wohin er ging, weiß ich nicht. Es sah mir nicht danach aus, als ob er zu seinem Kerl wollte. Eher gegenteilig. Aber wie gesagt, er war alt genug, um selbst zu entscheiden. Sein Leben, nicht meines. Ich möchte auch nicht, das mir jemand in mein Leben reinredet. Viel zu viel wurde mir dadurch schon kaputt gemacht. Von wegen, in meinem Interesse... Ich schaltete alles aus. Telefon, Internet,

Türklingel, Mobiltelefon,... Der Tag hatte ruhig angefangen und sollte auch so enden. Ich räumte nur die Spuren des vergangenen Abends und des Morgens weg. Danach legte ich die Beine hoch und tat nichts weiter, als entspannen.

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EdwinEhrlich 
Ja, die beschissene Eifersucht. Bei allen, denen ein gewisse Selbstwertgefühl fehlt. Die Hölle, für den Partner, für denjenigen selbst.
Meine bisherige Erfahrung mit zu sich stehenden Homosexuellen ist, dass es unwahrscheinlich liebevolle und emphatische Menschen sind. Ich hatte bisher auch noch keine negativen Erfahrungen mit Ihnen.
Deine Zeilen sind meines Erachtens nach sehr schön geschrieben.
Danke dafür.
Lieben Gruss
Edwin
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