Kurzgeschichte
Die Große Vergeltung - Die Voyager-Katastrophe

0
"Die Große Vergeltung - Die Voyager-Katastrophe"
Veröffentlicht am 27. Mai 2014, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: olly - Fotolia.com
http://www.mystorys.de
Die Große Vergeltung - Die Voyager-Katastrophe

Die Große Vergeltung - Die Voyager-Katastrophe

Planet Zyphalis, Tengali-System, am Rand des belorianischen Asteroiden-Gürtels, genau zwischen dem Gastalan- und dem Oxylan-Nebel, 3,27 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und vermutlich ziemlich weit, weit in der Zukunft.

Sicherheitshalber sind Maßeinheiten, Zeitangaben etc. unserem Verständnis angepasst. Auch wurde auf die zyphalianische Sprache verzichtet, sonst wäre es keine Kurzgeschichte, sondern käme vom Umfang dem „Kapital“ von Karl Marx gleich! Ich verzichte hierbei aber jetzt mal auf die Umrechnung auf die zyphalianische Physiognomie.

Die Große Vergeltung

Ich hab es geschafft!

Eben kam die Nachricht, dass ich im Großen Vergeltungsprogramm aufgenommen wurde. Ich muss zwar nur die Triebwerke putzen, aber immerhin…

Vieleicht lag es daran, dass ich in meiner Bewerbung hervorgehoben habe, an einer meiner fünf Hände einen Finger mehr zu haben. Das kommt nur alle 32.758-mal vor.

Und schließlich bin ich der direkte Nachfahre des ersten Opfers.

Meinem Ururgroßvater ist das Ding bei der Gartenarbeit auf den Kopf gefallen.

Es fallen ja öfter mal Steinchen vom Himmel. Damit hat die Natur ja gerechnet und uns mit recht stabilen Panzerplatten auf dem Kopf ausgestattet. Aber dieses Ding war für meinen Ururgroßvater einige Nummern zu groß!

Das Ding, was unsere Wissenschaftler später als „Voyager-Katastrophe“ bezeichneten, hat ja quasi die Zielkoordinaten für unsere große Vergeltung mitgeliefert.

Diese goldene Platte. Katastrophe Nummer zwei, nach meinem Ururgroßvater.

Unsere Experten haben ja so einiges entdeckt, auf dieser Platte. Das erste waren Töne, die augenblicklich ein Institut und eine Stadt auslöschten.

Im Umkreis von einigen Kilometern sind den Leuten die Köpfe geplatzt. Das war eine Sauerei!

In dieser Stadt war auch eine unserer Reproduktionsfabriken. Auch gleich zwei unserer Nachwuchsgenerationen im Eimer!

Im Laufe der folgenden Jahre entwickelten sich neue, unbekannte Krankheiten, die, wie sich herausstellte, von Mikroorganismen aus diese Voyager-Katstrophensonde ausgingen.

Und zack, wieder einige Millionen

Opfer!

Damals gab es noch kriegerische Auseinandersetzungen mit benachbarten Kontinenten. Allen Seiten gingen die Soldaten aus.

Unsere Führer setzten sich zusammen, schlugen ihre drei Beine übereinander und stellten fest, dass keiner mehr um die Ursachen dieser Konflikte wusste!

In der Zwischenzeit wurde jedes, eventuell noch vorhandenes Gefahrenpotential aus dieser Sonde eliminiert. Vielleicht hatte sie auch schon ihre gesamte tödliche Fracht ausgeladen.

Auf jeden Fall konnte man sich jetzt in Ruhe der Auswertung der restlichen

Daten und der Reparatur unserer Zivilisation widmen.

Und, was das wichtigste ist und die Reparatur unserer Zivilisation extrem beschleunigte, wir haben wieder ein sehr fruchtbares Feindbild: MENSCH!

Wenn man sich nur die Anatomie betrachtet, fällt das schon recht leicht.

Was will man mit nur zwei Beinen anfangen? Reicht vielleicht gerade mal, die Balance zu halten.

Als Uroma mit ihren 307 Jahren für ihre restlichen 103 im Rollstuhl platznehmen musste, konnten wir ihre drei Beine wenigstens zu nem schicken Zopf flechten, statt sie schmuck- und nutzlos nur so schlaff herunterhängen zu lassen.

Und dieser kleine, schutzlose Kopf, mit nur zwei winzig kleinen Augen! Kann man damit überhaupt die Hand vor Augen sehen? Wenn ja, fällt ja das Finger zählen nicht schwer: sind ja nur fünf! Lächerlich!

Dann diese schreckliche Symmetrie:  auch nur zwei Arme! Da kommt man ja zu gar nichts.

Also mir kommt ja die Hauarbeit mit fünf schon unendlich vor.

Ururgroßvater hat damals, bevor ihm das Ding auf den Kopf fiel, umgegraben, gepflanzt, geharkt und gegossen gleichzeitig!

Hoffentlich gibt es diese Kreaturen noch,

wenn wir Vergeltung üben. Offensichtlich konnten die sich noch nicht mal mit einfacher Lichtgeschwindigkeit fortbewegen.

Wir sind ja wenigstens schon bei 9,62! Mal abgesehen vom Hyperraum, der unsere Reichweite nochmal um ein vielfaches potenziert.

Wie lange muss diese Sonde unterwegs gewesen sein?

Rein technisch sah die „Voyager-Katastrophe“ eher wie ein Bastelprojekt aus dem Kindergarten aus. Nur das die das nicht auch in den Weltraum schießen.

Wissenschaftlich ist auch nicht weit her.

Fangen doch Quanten- und Astrophysik bei uns schon in der Grundschule an.

Ich kenne kein zyphalianisches Kind, das nicht schon mal mit Antimaterie-Blitzknallern alte Leute geärgert hat. So eine abgerissene Hand oder gar ein Arm wachsen doch schnell wieder nach. So 14 Tage Sportbefreiung hat doch jedes Kind gern. Gut, bei den Alten dauert es etwas länger…

Da fällt mir mein Urururgroßvater ein. Dem haben sie im Krieg gegen den südlichen Kontinent so oft die Arme abgeschossen, dass keiner mehr nachgewachsen ist. Mein Vater und sein Bruder haben ihn eines Nachts im Fluss hinterm Haus entsorgt. Der Ärmste wär

ja sonst verhungert oder verdurstet! Zu seiner unsterblichen Ehre haben seine Verdienstorden immer noch einen Platz auf dem heimischen Altar.

Unsere militärischen Führer haben beschlossen, dass die Erde keine besondere Herausforderung darstellt. Der größte Teil der Soldaten besteht aus deformierten, meist fehlende Gliedmaßen und Vorschulabbrechern.

Wir hoffen, dass es wenigstens noch einige Rohstoffe abzuschöpfen gibt oder Wasser abzusaugen ist. Davon kann man nie genug haben.

Meine Mütter haben immer gesagt: „Bobo, halte dir immer eine Hand frei!

Du weißt nie, wann dir eine Flasche Wasser im Weg steht, nach der du greifen kannst!“

Ich glaube, ich werde Zyphalis wirklich vermissen.

Den zartrosa Himmel, wenn die beiden Sonnen aufgehen…  Das Abendgrün, wenn die drei Monde den Himmel erobern…

Je länger ich über die große Vergeltung nachdenke, umso mehr werde ich schon jetzt vom Heimweh erfüllt.

Aber ich habe ja noch 82 Jahre Zeit, bis es endlich losgeht. Bis dahin habe ich noch den Garten in Ordnung zu halten.

Umgraben, pflanzen, harken und gießen gleichzeitig die ganzen fünf Hektar!

Ururgroßvater wäre stolz auf mich!

0

Hörbuch

Über den Autor

Kay0102

Leser-Statistik
27

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Ameise Ich habe Tränen gelacht. Eigentlich kann ich mit Ausserirdischen nicht viel Anfangen, aber ein pinker Himmel. Einfach toll.
Süper Geschichte.
L g Ameise
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Vielen lieben Dank! ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
2
0
Senden

113020
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung