Science Fiction
Reise zu den Sternen Teil 2

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"Reise zu den Sternen Teil 2"
Veröffentlicht am 04. Oktober 2008, 26 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

Mein Name ist David A. Summerwine Ich wurde am 25 Januar 1968 geboren und lebe in München. Ich liebe es Abenteuergeschichten zu schreiben, die in einer fernen Zukunft spielen und die eher dem Bereich Fantasy angehören.
Reise zu den Sternen Teil 2

Reise zu den Sternen Teil 2

Teil 2


„Sie dir diese Blumen an“, sagte Jamina „Ich liebe sie um ihrer selbst willen. Für mich haben sie keinen anderen Zweck als da zu sein um sie anzusehen.“

Adjiru sah hinauf zum Himmel. Es funkelten bereits einige Sterne, während die große Sonne hinter den Horizont sank. Im Dickicht am Ufer des Sees raschelte es, wo sich kleine Tiere in ihren Unterschlupf zurückzogen. Es war noch warm an diesem Frühsommertag und überall am See begannen Laternen und Lampions zu leuchten.  

„Für mich sind die Sterne Blumen auf der Himmelswiese“, antwortete Adjiru und wunderte sich über seine eigenen Worte „Keiner gleicht dem anderen. Und ich bin mir sicher das es dort oben auch Sommer und Winter gibt. Ein ständiges Werden und Vergehen. Ich will wissen wie das alles vor sich geht. Und vor allem warum.“

Jamina lächelte, „Das kann ich verstehen“, sagte sie „ Aber genügt es dir nicht einfach dass sie sind? Das sie uns erfreuen. Und das werden sie auch weiterhin tun, ohne dass wir wissen warum.“

Er hätte sagen können, dies alleine genüge ihm in der Tat nicht. Aber das hätte Jamina verletzt und bei allem was er auch anstreben mochte, das wollte er nicht. Inzwischen war er sich klar darüber geworden dass ihm Jamina sehr viel bedeutete. 

„Ich bin glücklich dass du bist“, sagte er „Das genügt mir.“

Damit legte er seine Arme um sie und sie küssten sich lange und innig.


Im Verlauf des Sommers wurde allen immer deutlicher dass die Beiden heiraten würden, sollte nichts Unvorhergesehenes geschehen. Und als der Sommer zur Neige ging waren die Zwei Mann und Frau. Es war ein fröhliches Fest und obwohl Sila noch nicht über alle Zweifel hinweg war, hoffte sie das Beste und schien glücklich und zufrieden.

Im Frühjahr darauf war es dann bei Vorin und Mirian soweit. Aber so gut wie zwischen Jamina und Adjiru war es nicht abgelaufen. Und das, obwohl ihnen weitaus weniger Schwierigkeiten und Vorbehalte in den Weg gelegt worden waren als seiner Schwester und dem Sonderling. Im Laufe der vergangenen Monate hatte Mirian viel von ihrer anfänglichen Schüchternheit abgelegt und Vorin glaubte manches Mal sich Ihr gegenüber nicht behaupten zu können. Aber er hatte einfach nicht den Mut und die Kraft ihr deutlicher zu widersprechen, wenn er anderer Ansicht war. Immer wieder gab er nach. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Bis er sich darüber klar wurde dass er sie zu sehr liebte und sie nicht verletzen wollte. Wie widersprüchlich die Liebe seiner Ansicht nach war. Zuletzt aber gab es Streit zwischen ihnen, der die Dinge jedoch eher zu beschleunigen und zu ordnen schien.  

Ein Gespräch mit seiner Schwester war dem vorausgegangen und hatte ihn letztendlich ausgelöst.

„Du hast recht gehabt“, sagte Vorin, als er Jamina und Adjiru in dessen Haus besuchte „Mirian hat sehr viel Temperament. Je mehr sie sich an mich gewöhnt hat umso fordernder wird sie. Und ich...sieh mich an, ich kann ihr nicht widersprechen ohne mich schlecht zu fühlen.“ Damals wirkte Vorin kleinlaut und schwach.

„Ich sagte doch sie hat Temperament“, Jamina grinste, während sie ihm ein kleines Abendessen bereitete „Aber wenn du sie liebst, wirst du dich schon nicht unterkriegen lassen.“

„Wie geht das bei euch?“ fragte er.

„Bisher hatten wir noch keinen Streit“, sagte sie „Adjiru und ich sind anders als du und Mirian. Vielleicht solltest du unsere Eltern fragen.“

Vorin war dieser Vorschlag unangenehm. Er ging nicht darauf ein.

„Möglicherweise will Mirian nur dass du deinen Platz findest.“ Jamina überlegte wie sie ihm helfen konnte „Passe dich an, ohne dich selbst aufzugeben.“ sagte sie schließlich.

Vorin lachte und schüttelte den Kopf. „Du solltest Nujas Philosophieunterricht besuchen.“ sagte er ärgerlich und ging.

Wenn du wüsstest, dachte sich Jamina, die Liebe ist widersprüchlich, die Philosophie dagegen ein leichtes Fach.


In den Tagen darauf mussten sie Vorin und Mirian immer wieder zur Seite stehen, trösten und ermuntern. Jamina hatte bisher geglaubt ihr Bruder würde es einmal leichter haben als sie, wenn er sich eine Gefährtin suchte. Denn stets war er selbstbewusst und stolz gewesen. Ein Anführer eben. Möglicherweise hätte er es mit Nuri einfacher gehabt. Doch Mirian schien er nicht gewachsen zu sein. Erst nach dem heftigen, unausweichlichen Streit, der sich zwischen den Beiden  ereignete, besserten sich die Dinge.

„Das wäre nichts für mich“, sagte Adjiru als er und Jamina nach Hause gingen. Er umarmte Jamina und streichelte die sanfte Rundung ihres Bauches „Wann willst du es deiner Mutter sagen?“ fragte er und küsste sie auf die Wange.

„Sie weiß es schon.“ antwortete sie „Sie wußte es schon, bevor ich es wußte.“


Während Jaminas Schwangerschaft hatte Adjiru von den Coonamee ein Feld unterhalb von Ogeeras Observatorium gekauft. Einst hatten sie beabsichtigt dort Gomatrauben anzubauen, aber sie wollten dort, trotz aller Mühe nicht wachsen. Für Adjirus Pläne aber war das Feld ideal, denn es war beinahe eben und verlief schnurgerade von Osten nach Westen, wie eine Strasse. 

Adjiru zahlte den Coonamee für dieses Feld mehr als es wert war und Diren meinte daraufhin er sei bei allem Können doch kein wirklich guter Rechner. Aber die Coonamee, die durch Adjiru zu einigem Wohlstand gekommen waren, halfen ihm bei seinem anstehenden Vorhaben, solange bis es vollendet wurde. Für Adjiru war es zuletzt doch ein gutes Geschäft.

Ogeera hatte eine Menge Metallabfall, in einer Höhle gelagert. Material, dass sie einst zum Bau eines weiteren und größeren Observatoriums verwenden wollte, welches jedoch nie verwirklicht worden war. Sie erlaubte Adjiru das Metall mit zu nehmen. Er vermutete dass Ogeera damit wieder etwas gut machen wollte. Ein Versöhnungsgeschenk vielleicht, dachte er. Aber da kannte er Ogeera schlecht. Mehr als er selbst, setzte sie Vertrauen in seine Fähigkeiten und wollte unbedingt sehen, wie es mit ihm ausgehen würde. Aber sich zu entschuldigen kam ihr nicht in den Sinn

Als Adjiru mit der Planung und dem Bau am Sternspringer begann, wurden er und sein Projekt schnell zu einer Sensation. Viele der jungen Oponi waren ständige Gäste auf der Baustelle und nicht wenige suchten ganz offiziell ein Teil des Vorhabens zu werden. Besonders hervor tat sich Keval. Ein athletischer, schwarzhaariger Junge, der besser auf einen Sportplatz gepasst hätte, als einem Träumer bei der Verwirklichung seiner verrückten Pläne zu helfen. Keval formte eine Mannschaft die ständig auf der Baustelle arbeitete. Er setzte Verträge und Vereinbarungen auf, um dem Ganzen den Rahmen eines ernsthaften Unternehmens zu geben. Einige der jungen Oponi arbeiteten am Sternspringer wenn sie Gelegenheit dazu hatten, andere schienen immer dort zu sein und nach relativ kurzer Zeit entstand zu Füßen von Ogeeras Berg eine kleine Siedlung mit Feldern, und Werkstätten.

In der Zwischenzeit wurde Jamina von einer Tochter entbunden die sie Vinya nannte. Ein Jahr darauf wurde ihr Sohn Aru und zwei weitere Jahre später ihre zweite Tochter Jari geboren. Sie hoffte darauf Adjiru würde durch die Geburt ihrer Kinder wieder mehr Zeit zuhause verbringen, was vorübergehend auch so war. Doch bald ging er wieder dazu über in seinem Arbeitszimmer über technischen Zeichnungen und mathematischen Formeln zu brüten. Immer öfter verbrachte er Tage und Nächte auf der Baustelle um zu sehen wie der Sternspringer Form annahm.

Als er eines Nachts spät zurückkehrte, brannte noch Licht im Haus. Jamina erwartete Adjiru um ihn in das große Zimmer zu führen, wo ein Feuer im Kamin brannte. Sie sah müde und erschöpft aus und ließ sich ihren Kummer deutlich anmerken. 

Adjiru war, wie jeder Oponi, kein grober Klotz. Aber in diesem Augenblick wurde ihm heiß und kalt zugleich, denn er hatte eine Ahnung davon, was die Ursache ihres Kummers sein konnte. Lange Zeit hatte er seine eigenen Pläne verfolgt und gedacht Jamina würde es verstehen. Zum Teil hatte er sich sogar eingeredet sie schätze es, einen Gefährten zu haben, der in der Lage war seine Träume zu verwirklichen. Und bisher meinte er, er hätte sich dabei ganz gut angestellt. Er war der Gründer einer neuen Siedlung und hatte viele Freunde und Bewunderer. In nur knapp zwei Jahren war ihm gelungen, wofür andere ein ganzes Leben benötigten. Aber all das hatte wohl seinen Blick für die Wirklichkeit verstellt. Er spürte sofort, dass Jamina nun von ihm ein Recht einfordern mochte, wovon er gehofft hatte sie würde nicht darauf bestehen. Und er spürte auch, dass ihm dies nun all seine Kraft abverlangen konnte.

Lange Zeit saßen Adjiru und Jamina schweigend auf dem weichen Sofa gegenüber dem Kamin. Das Feuer warf einen sanften flackernden Schein in den Raum, der sich warm auf die Gesichter der Oponi legte. Adjiru sah den Glanz in Jaminas Augen, die ihn bisher nicht angesehen hatte und stattdessen in die Flammen starrte.

Adjiru wurde verlegen und streckte die Hand nach ihrer Schulter aus. Jamina reagierte nicht. Sie saß da als sei sie versteinert.

Adjiru senkte den Kopf. Er fürchtete sich. Fürchtete zu lange gezögert, zu lange ohne Rücksicht gehandelt und so Jamina verletzt und verloren zu haben.

Wieder verging eine ganze Weile. Dann seufzte Adjiru „Ich weiß, dass ich nicht bin was du dir gewünscht hast“, sagte er ohne Sie anzusehen. Es war mehr als beginne er zu sich selbst zu sprechen. Seine Stimme war leise. Jamina empfand sie noch immer als schön und angenehm „Meine Träume jagen  mich und noch bevor ein Problem gelöst ist stehen Neue an, die sich in mein Denken drängen. Ich komme niemals zur Ruhe. Und ich weiß dass ich dir sehr wehgetan habe. Durch meine Unachtsamkeit. Meinen Eigensinn...“

Jamina schloss die Augen und eine Träne rann über ihre Wange. Adjiru betrachtete seine Frau und schwieg. Sie war so wunderschön und nach der Geburt ihrer Kinder schien sie auf geheimnisvolle Weise gereift zu sein. Das Mädchen war nicht vollends verschwunden, sondern aufgegangen in einer Frau, von stiller Schönheit und würdevollem Stolz. Warum hatte er das nie bemerkt, tadelte er sich selbst? Warum bin ich so blind?

„Du hattest recht“, fuhr er fort „Ich suche das Glück an falschen Orten. Ich...ich weiß nicht wie ich das ändern soll?“ Zugleich aber war ihm bewusst, dass alles was er nun zu versprechen gelobte nicht zu halten imstande sein würde. 

Jamina beugte sich zu ihm und drückte ihren Kopf an seine Brust. Er spürte die Wärme ihres Körpers und als er über ihr Gesicht strich feuchteten ihre Tränen seine Handflächen. Er richtete sie auf, nahm sie fest in seine Arme und begann sie zu küssen. Aber es dauerte einige Augenblicke, bis sie seine Küsse erwiderte. Dann aber brachen Ihre Gefühle durch und ob sie seinen Worten nun glaubte oder nicht, fing sie endlich an auf Adjirus Küsse heftig zu reagieren. Sie atmete schwer und ihr Atem glich mehr einem Fauchen. Bald vergaß sie alle Vorbehalte, war bereit jeder seiner Versprechungen zu vertrauen und ließ ihrer Leidenschaft freien Lauf.


Tatsächlich ging alles eine Zeit lang gut, aber zuletzt war wieder alles beim alten. Jamina sagte nichtsmehr sondern ertrug die Umstände mit aller Geduld. Sie kümmerte sich um die Kinder und um das Haus und betrachtete mit Sorge wie auch andere Familien unter dem Bau des Sternspringers zu leiden hatten. Immerhin hatte Jamina es gelernt Adjiru seine Träume zu lassen, ohne daraus einen Streit zu entfachen. Sie litt still, während andere Frauen bei Diren, um Hilfe ersuchten. Verstand man es zwar, dass die jungen Oponi sich für den Sternspringer verausgabten und all ihre Kraft dazu verwendeten die Vision wahr werden zu lassen, verlangte man doch von den Familienvätern sie sollen sich um ihre Frauen und Kinder kümmern. Das Dorf wuchs und gedieh. Und die Notwendigkeiten die das Leben, den Oponi auferlegte forderten ihren Teil der Aufmerksamkeit und Kraft, die sie nicht für Träume verbrauchen durften.

Sila schaukelte Aru auf ihren Knien. Er war mittlerweile drei Jahre alt und hatte große Ähnlichkeit mit seinem Vater. Beinahe hätte Sie bemerkt dies sei wohl hoffentlich der einzige Makel an ihrem Enkel, doch er war viel zu hübsch und darum war das nicht wirklich ein Nachteil. Jamina hatte Jari auf den Armen und stillte sie an ihrer Brust. Die Kleine war zufrieden und saugte so kraftvoll, dass Jamina hin und wieder das Gesicht verzerrte. Vinya spielte im Garten und kicherte unbesorgt.

„Das Baby scheint genauso fordernd zu sein wie sein Vater.“ bemerkte Sila, als Jamina wieder ein Schmerzensseufzer entfuhr. 

„Ja, das haben die Kinder von ihm“, sagte Jamina „Sie sind etwas besonderes. Können einem aber alles abverlangen.“

Sila hatte den Hintersinn in den Worten ihrer Tochter wohl bemerkt „Dann hoffe ich für dich dass sie dir nicht auch noch Kummer bereiten werden.“

„Bitte Mutter.“ Jamina war nicht in der Verfassung ihrer Mutter zu widersprechen, oder zu diskutieren.

„Verstehe mich nicht falsch“, sagte Sila, „Ich liebe Adjiru, weil er dir so hübsche Kinder und mir so hübsche Enkel geschenkt hat. Ich vermute auch sie werden etwas besonderes sein. Aber im Augenblick bin ich zornig auf ihn. Und ich wünschte mir die Kraft zu haben seinen Wirrkopf zurecht zu rücken.“

„Dann wäre es nicht mehr der Mann, den ich mir erwählt habe.“

„Ihm ist das vielleicht noch nicht klar geworden“, fuhr ihre Mutter fort „aber man wird noch vieles von ihm erwarten, und dann muss er sich ändern.“

„Was heißt das?“ Jamina runzelte die Stirn und ihre Ohren drehten sich aufmerksam ihrer Mutter zu.

„Er ist Teil der Familie eines Häuptlings“, erklärte Sila „Das Dorf wächst. Längst schon baut man Häuser auf den Hängen der Berge und es wird sich weiter ausdehnen. Auf deinen Vater kommen neue Pflichten zu und von seinen Kindern wird man auch mehr verlangen können.“

Jamina war ganz Ohr.

„Früher oder später wird sich Adjiru um die naheliegenden Dinge kümmern müssen“, Sila wurde ernst „Ich fürchte er muss bald eine Wahl treffen.“

„Das wird ihn zerbrechen.“

„Oder dich.“


„Du vernachlässigst deine Familie“, tadelte ihn Diren und das so laut, dass die Arbeiter in der Nähe für einen kurzen Moment in ihrer Tätigkeit erstarrten „Und du kommst deiner Verantwortung nicht nach. “

Diren war vor vier Jahren von Sunja mit größerer Verantwortung betraut worden. Ganz so, wie es Jaminas Mutter vorhergesehen hatte. Seither verwaltete er einen großen Teil des Tales und der umgebenden Berge und Hügel. Die Bevölkerung wuchs und gedieh. Und damit natürlich auch die Verantwortung die er hatte, und die Adjiru einmal würde mittragen müssen. Diren war sehr in Sorge um Adjiru, der sich beinahe vollends seinen Visionen, denn seinen Pflichten zuwendete.

In diesem Augenblick kam ein junger Oponi angerannt, dessen Kleidung ihn als Bediensteten der Königin Sunja auswies. Er wartete bis Adjiru ihn heran winken würde, aber noch erwartete Diren dessen volle Aufmerksamkeit. Er hatte eigentlich vor Adjiru viele Dinge ärgerlich an den Kopf zu werfen. Aber jetzt sah er davon ab. Es hatte ja doch keinen Zweck. 

„Zu herrschen ist keine schlechte Sache“, sagte Diren „Wenn man weiß warum man es tut. Und wenn man nicht vergisst dass man nur ein Diener ist. Du bist Teil meiner Familie und du wirst dein Erbe antreten müssen. Aber dass alleine ist es nicht was mir Sorge bereitet“, er machte eine lange Pause und musterte Adjiru ernst „Mache meine Tochter nicht noch unglücklicher“, fuhr er fort „Sie ist nahe daran zu Grunde zu gehen. Sollte ich sie jemals wegen dir weinen sehen, wäre das etwas dass ich dir nicht verzeihen könnte.“ Mit diesen Worten ließ er Adjiru alleine. 

Adjiru sah seinem Schwiegervater lange Zeit nach, bis sich der junge Bote bemerkbar machte indem er sich zu Boden kniete und Adjiru eine Pergamentrolle hinhielt. 

Adjiru nahm sie entgegen, öffnete das Siegel und begann zu lesen. Im stockte der Atem, als er las das Sunja ihn einlud in das Schloss zu kommen. Er solle sich alleine auf den Weg machen, da sie Vertrauliches mit ihm besprechen wollte.


Noch nie zuvor war Adjiru im Schloss gewesen. 

Der Glanz und das Licht, das von den kristallenen Wänden mannigfach gebrochen wurde blendete ihn. Königin Sunja schenkte ihm und sich je ein Glas Gomawein ein. Während sie die Gläser leerten erzählte ihm Sunja wie sehr sie es genossen hatte im Tal der Oponi zu leben, bis sie sich in das Schloss zurückzog. Ihre Besuche seien zu selten, meinte sie, aber sie wäre öfter im Dorf als dessen Bewohner glaubten.

Adjiru zögerte damit ihr zu erklären, dass den Bewohnern des Tales diese Besuche nicht entgangen waren, aber man wolle ihr den Spass nicht verderben. Als er endlich damit herausgerückt war, zeigte sich Sunja höchst erstaunt und amüsiert.

„Ich sollte stolz auf meine Kinder sein“, Sunja leerte ihr Glas und stellte es zurück auf den Tisch „Sie sind offenbar sehr schlau.“

Auch Adjiru nahm den letzten Schluck und stellte das Glas wieder ab. 

„Ich will dir einen Verwaltungsbezirk geben“, sagte Sunja „Er grenzt westlich an das Land deines Schwiegervaters an, verläuft am Fluss entlang und umschließt Ogeeras Berg. Einschließlich des Feldes das du von den Coonameen gekauft hast.“

Adjiru, der mit dieser Ehrung nicht gerechnet hatte, war stolz und unsicher zugleich. Ahnte er doch, das diese Würdigung Pflichten mit sich brachte, die den Bau des Sternspringers beeinträchtigen konnten.

„Schon einmal wurde unser Volk beinahe ausgerottet“, gab Adjiru zu bedenken „Wenn wir fliehen können werden sie das nicht wieder fertig bringen. Wir werden dann unzählige Möglichkeiten haben uns zu entziehen.“

„Und zu kämpfen?“

„Und zu kämpfen!“ betätigte Adjiru.

Sunja war bei alldem nicht wohl. Sie würde Ophyr niemals verlassen. Egal was geschehen mochte. Und all diese Gedanken über die Zukunft, um die sich Adjiru sorgte, bereiteten ihr Schmerz. Dennoch musste sie zugeben, dass seine Überlegungen von Weitsicht zeugten. Eines Tages würde sie ihm recht geben müssen. Eines Tages, sagte sie sich, doch nicht schon jetzt.

Sunja hatte sich auf ihren Thron gesetzt und ob sie es wollte oder nicht, Adjiru empfand ehrfurcht bei diesem Anblick und senkte unwillkürlich den Kopf. Es war einschüchternd sie so zu sehen und genau das lag wohl in ihrer Absicht.

„Sieh mich an Kind“, sagte Sunja und Adjiru gehorchte. Ihre Stimme klang gebietend „Ich vertraue dir dass du deine Pflichten erfüllen wirst. Als du Jamina zur Frau nahmst musste dir klar gewesen sein das du weit mehr erhalten würdest als nur sie alleine. 

Ich kann nicht dulden dass mein Volk regiert wird von Solchen die vergessen was wirklich wichtig ist. Solchen die sich dem Leben abwenden. Noch nie gab es einen Oponi wie dich. Jemanden wie dich der neue Wege geht und andere lehrt ihnen zu folgen. 

„Meine Königin“, unterbrach Adjiru keck und Sunja hob die Hand um ihn zum Schweigen zu bringen. Wiederum gehorchte Adjiru verlegen.

„Aber ich spüre auch dass die Zeiten sich ändern werden“, sagte Sunja „und dass du darin eine gewichtige Rolle spielen wirst. Ungeachtet dessen ist es noch nicht soweit und deshalb möchte ich dass du dich nun entscheidest.“

„Entscheiden?“ fragte er schüchtern „Wozu?“

„Folge deinen Träumen oder kümmere dich um deine Familie und um Jene die ich dir anvertraue.“

„Ich soll den Sternspringer aufgeben?“, schluchzte Adjiru entsetzt und fühlte wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Er ging auf die Knie und beugte sich tief vor Sunja nieder „Ihr  könnt genau so gut von mir verlangen nicht mehr zu essen, nicht mehr zu trinken, oder zu atmen.“ Er hob den Kopf und und heiße Tränen rannen über seine Wangen. 

Sunja erhob sich, schritt die Stufen vor ihrem Thron hinunter und nahm Adjirus Gesicht in ihre Hände. In ihrem Blick fand Adjiru tiefe Zuneigung, Mitleid und Liebe.

„Wie soll ich mich entscheiden?“ fragte er und Sunja konnte fühlen wie sein Leib von innerlichen Schluchzern geschüttelt wurde „Gibt es denn überhaupt eine Entscheidung?“

Die Königin lächelte und sagte nichts.

„Gibt es denn eine?“ wiederholte er mit stockender Stimme.

„Du bist mir das liebste meiner Kinder“, sagte Sunja „Du erinnerst mich an Jaru, der viel zu früh von mir gegangen ist. Auch er war sehr dem Wissen zugewandt und den Erkenntnissen die ihn die Kalays einst lehrten. Aber auch er entschied sich und wendete sich dem Leben zu -und seinen Pflichten. Er tat dies aus Liebe, die stärker war als alles Wissen. Ich sehe ihn in deinen Augen, in deinen Gesten und in deiner Stimme. Und deine Frage zeigt dass du bereits weißt was du zu tun hast.“

Er stand auf und verneigte sich. Dann verließ er das Schloss, verzweifelt und verstört. In Adjirus Brust wollte sich sein Herz kaum noch beruhigen und es schmerzte bei jedem Schlag. Beinahe meinte er sterben zu müssen, so sehr setzte es ihm zu. Er fühlte sich zerschmettert und die Welt schien alle Farben verloren zu haben.

„Er ist stolz und eigensinnig.“ bemerkte Yulen, einer von Sunjas ältesten Söhnen, der das Gespräch mit angehört hatte und wußte, wie sehr sich seine Mutter für diesen Jungen interessierte, der überall nur Unverständnis erntete.

„Du irrst dich“, sagte Sunja „Er denkt er sei alleine. Und er hat Angst.“ im Geiste blickte sie viele Jahre zurück „Ich verstehe ihn nur zu gut.“


Als Adjiru das Haus betrat erkannte Jamina sofort die Pein die an seiner Seele fraß. Zwar hatte Vorin Jamina mitgeteilt das Adjiru in das Schloß geladen wurde, doch sie hätte es lieber von Adjiru selbst erfahren. Sie verübelte es ihm, nicht die Zeit gefunden zu haben es ihr zu sagen. Hatte sie sich zuerst vorgenommen ihn wegen seines Verschwindens mit Ärger zu empfangen, so verzichtete sie darauf - so wie sie immer darauf verzichtet hatte.

Wie betäubt stand er in der Eingangstüre und vermochte keinen Schritt über die Schwelle zu tun. Jamina nahm ihn in die Arme und strich ihm über das Haar. Überwältigt von ihrem Mitgefühl brach er in die Knie und konnte seinen Kummer nichtmehr beherrschen. Sie wussten nicht wie lange sie Beide auf dem Boden kauerten. Seinen Kopf in ihrem Schoß verbergend, schluchzte Adjiru bis er keine Tränen mehr hatte. Dann sah er seine Frau an, in deren Gesicht das Licht der Abendsonne leuchtete. Darin stand Verwunderung und Ratlosigkeit geschrieben. Sie wußte nicht was im Schloss geschehen war und konnte sich keinen Reim auf Adjirus Verfassung machen. Aber im Laufe der nächsten Tage verbrachte Adjiru die Zeit damit die Kinder in die Schule zu bringen und sich in seinem Arbeitszimmer um die Angelegenheiten der Dorfbewohner zu kümmern. Am Abend nahm er sich den Bedürfnissen seines Sohnes und seiner Töchter an und sprach mit Jamina, die ihm helfen sollte seinen Verantwortlichkeiten nachzukommen. Zuerst hegte Jamina keinerlei Hoffnung dass dieser Zustand andauern mochte, aber die Zeit verging und Adjiru behielt sein Verhalten bei.

Eines der ersten Dinge die sie ihm schließlich nahe legte war, Keval den Sternspringer zu übergeben. Das aber zögerte Adjiru noch hinaus, doch Jamina ließ nicht locker und am Ende fanden sie eine gemeinsame Lösung. Eine Lösung mit der Jamina nicht ganz zufrieden war, aber sie wollte sie vorerst annehmen.

Keval wurde zu einem Verwalter ernannt, der nur noch in wirklich wichtigen Dingen Adjirus Anwesenheit oder Entscheidungen fordern musste. Nach einigen Jahren schien Adjiru der Sternspringer tatsächlich gleichgültig geworden. Aber Jamina wußte dass dies ein Irrtum war. Mittlerweile nannte man die Arbeiter auf Adjirus Baustelle die “Traveller“, denn sie verließen ihre Häuser für einige Wochen um nur für wenige Tage wieder zu ihren Familien zurück zu kehren. Nicht alle lebten in der Siedlung die um das Feld der Coonamee entstanden war. Unter den Travellern war eine Gruppe junger Oponi aus Adjirus Land, die hin und wieder zu einer Festlichkeit ins Dorf kam oder an den See um sich zu erfrischen. Immer wenn sie vorüber gingen, oder in der Nähe waren, wurde Adjiru still. Seine Ohren lauschten auf die Gespräche der Jungen Oponi und horchten, ob er nicht die ein oder andere Neuigkeit erfahren konnte. Immer wenn das geschah, wußte Jamina, dass er in seinem Herzen Schmerzen litt. Aber er ließ es Jamina niemals spüren und widmete sich seiner Familie, wo immer er konnte.


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