Science Fiction
Reise zu den Sternen Teil 1

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"Reise zu den Sternen Teil 1"
Veröffentlicht am 04. Oktober 2008, 30 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

Mein Name ist David A. Summerwine Ich wurde am 25 Januar 1968 geboren und lebe in München. Ich liebe es Abenteuergeschichten zu schreiben, die in einer fernen Zukunft spielen und die eher dem Bereich Fantasy angehören.
Reise zu den Sternen Teil 1

Reise zu den Sternen Teil 1

Beschreibung

Die Oponi bewohnen die entlegene Welt Ophyr. Auf einem der bewaldeten Kontinente lebt Adjiru, der unter den feinsinnigen und kunstbegabten Wesen als Sonderling gilt. Das umso mehr da er davon träumt eines Tages zu den Sternen zu fliegen. Tatsächlich ist er nahe daran seinen Traum zu verwirklichen und seine abgeschiedene Welt radikal zu verändern... ?Reise zu den Sternen? ist eine abgeschlossene Kurzgeschichte, in der das Volk der Oponi vorgestellt wird. Die Oponi sind Teil des Valongatu Kosmos, von David A. Summerwine

Teil1


VALONGATU

(die Oponi)

 

Der Oponi Reise zu den Sternen

 

by David A. Summerwine

 

Über die Oponi

 

Die Oponi sind Wesen die, bis auf einige anatomische Details, dem Menschen gleichen. Die Erwachsenen Oponi sind nicht größer als ein ein Menschenkind. Ihre durchschnittliche Lebenserwartung beträgt neunhundert Jahre. 

Sie bewohnen die Welt Ophyr. Eine freundliche grüne Welt mit drei Sonnen. Die Coonamee sind kleine Wesen, die mit den Oponi das Land teilen. Während die Oponi sich jedoch mehr den geistigen und künstlerischen Aspekten des Lebens widmeten, sahen die Coonamee ihren Lebenszweck darin das Land zu bebauen. Zwischen Oponi und Coonamee herrschen friedliche Beziehungen und ein reger Güteraustausch. 

Die Oponi lebten einst in den Wäldern und besaßen weder Schrift, noch Sprache, obwohl beide Fähigkeiten dazu bei ihnen vorhanden waren. Reisende aus den Tiefen der Galaxis besuchten Ophyr vor langer Zeit; die Kalay und die Kemon. Sie unterwiesen die Oponi über die Geheimnisse ihrer Kultur. Die gelehrigen Eingeborenen von Ophyr lernten schnell und bald hatte sich eine eigene Zivilisation entwickelt. Später jedoch Entstand ein Streit zwischen den Kalay und den Kemon in dessen Verlauf es zu Auseinandersetzungen und Kriegen kam. Am ende waren die Oponi beinahe ausgerottet. Die Kalay und die Kemon verließen die verwüstete Welt. Aber sie hinterließen den Oponi eine Fülle an Wissen, die den wenigen Überlebenden nützlich sein mochten, beim Aufbau einer eigenen Welt.

Kurze Zeit später teilten sich die Oponi in zwei Rassen auf. Die Traveller, die in Valongatu gut bekannt sind und die Vander, die ein zurückgezogenes Leben auf ihrer Heimatwelt Ophyr gewählt hatten.

 

Prolog:

 

Als Schanor sein Reich schuf fand er schon früh Gefallen an den Fähigkeiten der Oponi, deren feinfühliges Wesen es ihnen ermöglichte sichere Wege durch das All zu finden. Anders als ihre Großen Verwandten, die Travellers, die in Valongatu als geschickte Techniker bekannt sind, zogen es die kleinen Vander Oponi jedoch vor ihre Heimat nicht zu verlassen. Zu keiner Zeit waren es mehr als Fünftausend von ihnen, die ihre Bestimmung zwischen den Sternen zu finden hofften - wissbegierig nach neuen Erkenntnissen suchend. Noch bevor die Faynar, die gewaltigen Sternentore geschaffen wurden, leiteten sie Schanors Schiffe durch das All. Zu einer Zeit als sich sein Wesen noch nicht gänzlich dem Licht abgewandt hatte.

Später jedoch, als die Tore mehr und mehr an Bedeutung erlangten, verlor sich sein Interesse an den kleinen Wesen, die ihm zu Beginn sehr nützlich waren. 

Dies ist die Geschichte ihres Aufbruchs zu den Sternen.  

 

Kapitel 1


Um Adjiru tanzte eine Schar junger Oponi in seinem Alter und eine Menge kleiner Kinder, die ihnen folgten. Angeführt von Vorin, einem großen, braunhaarigen Jungen, der auf einer Coonameeflöte spielte und um ihn herumtanzte.

Auf seinen Armen, mehr balancierend denn tragend, hatte er einen Stapel Bücher, Pergamente und Papiere und versuchte nicht zu stolpern, während die Jungen über ihn lachten und scherzten. In kurzem Abstand folgte Vorins Schwester, Jamina der Gruppe. Ihr war jedoch nicht nach Lachen zumute. Bis vor kurzem war Adjiru auch in Ihren Augen stets eine eigenartige Persönlichkeit gewesen. Denn mehr als andere Oponi, die allesamt Künstler waren, bewegten sich seine Gedanken um Mathematik, Formeln und alle Arten von Wissenschaften. Jamina konnte die dunkle Wolke aus seltsamen Überlegungen beinahe sehen, die ständig seinen Kopf umhüllte, wohin immer auch ging oder wo auch immer er stand; seine Augen der Umgebung abgewandt, Dinge fixierend, die in weiter Ferne lagen.

Plötzlich blieb die Gruppe stehen, als alle seine Papiere zu Boden fielen. Für einen kurzen Moment schien Vorin dies zu bedauern und das Gelächter der Kinder verstummte. Gerade als er aber eine neue Reihe von Scherzen auf Adjiru herabregnen lassen wollte, trat Jamina dazwischen, scheuchte die Kinder davon, wie Vögel von einem Feld und ermahnte sie lieb zu sein und nach Hause zu gehen. Sie gehorchten und liefen unter lautem Gelächter davon.

Vorin und seine Freunde standen noch ein Weilchen sprachlos herum, den Sonderling beobachtend, wie er seine Sachen aufhob und wie Jamina ihm dabei half. Dann seufzte Vorin, begann wieder auf seiner Flöte zu spielen und ging schließlich mit seinen Freunden weg.

Inzwischen setzte Adjiru seinen Weg fort, Jamina dicht hinter ihm, seine kleinen Schätze aufhebend, die immer wieder zu Boden fielen, bis sie die Tür seines Hauses erreichten. 

„Was willst du?“, sagte er schließlich. Er war ärgerlich und seine Augen fixierten Jamina. „Was willst du?“, seine Stimme wurde etwas grimmiger. 

Er hat eine schöne Stimme, dachte sich Jamina, als sie eines seiner Bücher vom Staub säuberte, das zuvor auf den Boden gefallen war. Sie gab es ihm zurück und der Berg von Pergamenten auf seinen Armen schien einzustürzen. In seinen Augen verlieb noch immer die Frage, die er Jamina gestellt hatte.

„Vielleicht willst du es ja so.“ sagte Jamina traurig, wendete sich ab und ging. Doch nach einigen Schritten blieb sie stehen und sah zu ihm zurück. Adjiru stand noch immer dort an der Türe. Er wirkte hilflos und verwirrt.

Jamina war sich über ihre Gefühle nicht sicher. Möglicherweise würde sie den anderen Oponin zustimmen, die glaubten Adjiru, Freund von Ogeera, wäre nicht wirklich von der Art eines Oponis. Nur Sunja, Königin der Oponi, schien diesen seltsamen Jungen zu verstehen und zu lieben, der früh seine Eltern verlor und soviel Zeit auf das Studium von Wissenschaften verwendete. Die Alten hingegen waren der Ansicht er solle mehr Interesse an lebenden Dingen zeigen und sich weniger nach nutzlosen Sachen ausstrecken die man nicht berühren konnte. Aber aus irgendeinem Grund wußte Jamina, dass diese Einschätzung nicht ganz vollständig und daher nicht wirklich richtig sein konnte. In diesem Jungen war weit mehr verborgen als andere vermuten mochten. 

Einmal sah sie ihn, nahe eines kleinen Sees auf einem Felsen sitzen. Die Sonnen ließen sein blondes Haar, mit dem ein sanfter Wind spielte, wie flüssiges Gold schimmern. Umgeben von seinen Büchern, hielt er ein kleines Blatt Papier in den Händen, auf das er einige seltsame Formeln geschrieben hatte und starrte in die Wolken, seine Gedanken fernen Ufern zugewandt. Sein Gesicht strahlte einen Frieden aus, als hätte er gerade ein Liebesgedicht niedergeschrieben.

Er bemerkte Jamina nicht, die hinter dem hohen Ufergras verborgen war und ihn lange beob-achtete. Ob sie wollte oder nicht, diesen Moment konnte sie nie wieder vergessen.

Habe ich mich verliebt?, fragte sie sich danach beinahe jeden Tag „Oder habe ich nur Mit-leid.“

Gepeinigt von diesen Fragen ging sie nach Hause. Ihre Mutter Sila bereitete gerade da Abendessen zu und Jamina ging ihr dabei zur Hand. Aber sie war ihrer Mutter keine Hilfe. Immerzu brach sich ihr Blick und blieb im Nichts hängen.

Sila nahm ihr das Messer und das Obst das sie damit schneiden wollte aus den Händen und setzte sich mit ihr an einen kleinen Tisch.

„Hat dein Bruder dich geärgert?“ fragte sie.

Jamina wollte zuerst widersprechen, aber sie schwieg.

„Man sagt er hätte Gründe dazu.“ fuhr Sila fort.

Jamina schreckte zusammen und sah ihre Mutter mit ihren großen, grünen Augen an.

„Das geht vorüber.“ sagte Sila „Spätestens wenn du erkennst das er nicht zu dir passt. Wenn wieder etwas Vernunft in dein Denken eingekehrt ist.“

„Vernunft?“, Jamina schluckte „Welcher Oponi würde sich darauf einlassen - in der Liebe?“

Sila lachte und nahm ihre Tochter in die Arme „Ich fürchtete schon um dich“, sagte sie und sah Jamina freundlich an „Dennoch. Was Adjiru angeht, habe ich kein gutes Gefühl.“

„Hat Vorin dir von Adjiru erzählt?“

„Dazu brauche ich ihn nicht“, sagte Sila „Mir ist schon seit einige Tagen aufgefallen wie du dich veränderst, wenn er in der Nähe ist. Aber erst seit heute scheint dein Bruder es gemerkt zu haben.“

„Vorin hat kein Recht dazu Adjiru zu demütigen.“

„Tut er das?“

„Ja.“

„Ich werde mit ihm sprechen“, beteuerte Jaminas Mutter „Aber Kind - bitte - liebe mit ganzem Herzen, wen immer du willst...aber Adjiru?“

„Wie du gesagt hast; wen immer ich will, Mutter.“ damit ging sie in den Garten und das Herz schlug heftig in ihrer Brust.


Das Abendessen mit ihren Eltern Sila und Diren, ihren kleinen Schwestern Yory, Ve und ihrem Bruder Vorin, der neben ihr saß und sie immer wieder mit kleinen Sticheleien neckte, war für Jamina kein Vergnügen. Sila war bemüht ihre Sorge zu verbergen, während Vorin versuchte das Thema Adjiru irgendwie auf den Tisch zu bringen ohne es direkt anzusprechen. 

Die beiden älteren Geschwister waren ohnedies unruhig genug und rutschten auf ihren Stühlen herum. Das Essen war ihnen im Augenblick nicht wichtig und dauerte schon zu lange. Schließlich wollten sie zum Fest gehen, das auf der großen Wiese hinter der Schule unter den Boribäumen stattfand. Die größeren Sonnen neigte sich dem Horizont zu und es Dunkelte bereits. Beide hatten das Gefühl etwas zu verpassen, würden sie nicht gleich aufbrechen. Aber Jamina hatte noch einen weiteren Grund mit ihrem Bruder das Haus zu verlassen um für einen Moment mit ihm alleine zu sein. 

Schließlich entließen die Eltern ihre rastlosen Sprösslinge und sie gingen eilig nach draußen. Auf dem weg nahm Jamina ihren Bruder beiseite. 

„Du hast zu viel Temperament“, hielt sie ihm vor „Du merkst gar nicht mehr, wenn du andere verletzt.“

„Du sprichst von Adjiru“, sagte er mit einem Grinsen „du bist verliebt?“

„Das tut nichts zur Sache“, Jamina wurde sehr ärgerlich „Du hast ihm wehgetan.“

Vorin seufzte, brachte es aber nicht fertig sich bedauernd darüber zu äußern. Irgendwie behagte es ihm nicht, dass jemand anderes als er sich um seine Schwester kümmern sollte, für die er so lange verantwortlich gewesen war. Das es Adjiru sein sollte war ein weiteres Unglück. Aber immerhin noch war die Sache offen. 

„Mirian,“ sagte Jamina „Mirian tust du auch weh.“

„Wie bitte?“ Vorin lachte „Ich habe doch überhaupt nichts getan.“

„Eben...du solltest etwas tun.“ trotzig stemme Jamina die Fäuste in die Hüften.

Vorin schluckte und versuchte das Thema zu wechseln.

„Sie ist sehr hübsch“, fuhr Jamina fort.

„Sie hat kein Feuer.“ konterte er.

„Oh nein!“ widersprach Jamina „Ich weiß das. Nur wenn du auftauchst dann fängst sie an unsicher zu werden. Und du...du hilfst ihr nicht.“

„Ich will mir jetzt nicht das Fest verderben lassen.“ grummelte er mürrisch und damit war für ihn dieses Gespräch beendet.


Am nächsten Tag war der Frieden zwischen den Beiden erneut getrübt und wieder waren die Gründe Adjiru und Mirian. Den Weg zur Schule begleitete eine hitzige Debatte über Vorins  scheinbare Gleichgültigkeit und Jaminas Verliebtheit, die sie bestritt. Ihr ginge es nur um Güte und Freundlichkeit behauptete sie, wobei sie Vorin unterstellte es an eben diesen Eigenschaften mangeln zu lassen. Auf dem Schulhof wurde Vorin dann schließlich böse auf Jamina.

„Hör mir endlich mit Mirian auf“, er schüttelte den Kopf „Gestern Abend hat sie sich nicht einmal vom Fleck gerührt. Phila und Kero haben großartige Musik gemacht und jeder hat getanzt - nur sie nicht.“

„Sie hat darauf gewartet das du sie auffordern würdest“, flüsterte Jamina und es klang bissig „Aber du hattest nur Augen für die schwarzhaarige, glutäugige Nari. Jedermanns Liebling.“

„Sie hat mich nicht in Ruhe gelassen“

„Und?“ fragte Jamina keck „Warum geht nichts?“

Vorin wollte darüber nicht mit seiner Schwester reden, aber bei Nari fühlte er sich schlichtweg überfordert. Sie war sehr dominant und unnachgiebig.

„Ich habe Bedenken“, sagte er schließlich „Und die solltest du in deiner Lage auch haben.“

In diesem Moment kam Mirian durch das Tor. Als sie Jamina und ihren Bruder sah, blieb sie stehen und schien unschlüssig, ob sie weitergehen, oder am Eingang verharren sollte. Vorin konnte ihr erschrecktes Aufstöhnen hören.

„Ich bin nicht grausam“, sagte er zu Jamina „Ich werde jemanden helfen.“ damit ging er auf Mirian zu, die sich nicht von der Stelle rührte „Wollen wir reden?“, fragte er „Heute nach der Schule?“

Mirian, keines Wortes fähig, nickte stumm und sah ihn mit strahlend blauen Augen an. Sie warf einen kurzen Blick zu Jamina, dann ging sie ins Schulhaus.

„Von mir kannst du noch was lernen“, sagte Vorin zu seiner Schwester „Jetzt bist du dran...verdirbs nicht.“ dann ging er Mirian hinterher, drehte sich aber nochmals um, als sei ihm etwas eingefallen „Vergiss was ich gesagt habe!“ sagte er „Verdirbs lieber doch.“


Es regnete heftig als Adjiru den Berg zu Ogeeras Observatorium erklomm. Er war voller Begeisterung, denn er war sich sicher eine interessante Entdeckung gemacht zu haben, die er Ogeera unbedingt mitteilen wollte. Aber als er ihr seine Überlegungen erläutert hatte, zeigte sie sich nicht gerade begeistert. Im Gegenteil.  

„Ha Oponi“, brummte Ogeera. Sie hatte eine Plumpe Gestalt, struppiges Haar und war in eine Art Kleid gehüllt, das aus Lumpen zu bestehen schien. Zu welcher Rasse sie gehörte wußte Adjiru nicht. Und auch nicht ob sie von dieser Welt stammte „Was weißt du schon? Irgendetwas?...Nichts!..ha!“

Adjiru war unsicher darüber was Ogeera diesmal so verärgert haben könnte.

„Wo denkst du geht dieser Mooooond hin...hm?“, sie kam etwas näher „...wo wird er sein?“, sie schüttelte ihren großen Kopf, wendete sich ab, wedelte mit den Armen und deutet auf die herumschwirrenden, kreisenden Globen, die als ein mechanisches Modell das Sonnensystem darstellten „Der Mooooond wird gepackt von der großen Sonne, sie läßt ihn los. Die Mittlere schnappt sich ihn, schleudert, wirbelt ihn herum. Dann passiert er die Kleine um wohin zu gehen...hm...wohin? Wo wird er sein in tausend Jahren?“, sie sah den jungen Adjiru an, der einige Zahlen und Symbole auf ein Pergament geschrieben hatte. Schüchtern zeigte er sie Ogeera.

Plötzlich weiteten sich ihre Augen und sie knurrte gereizt „Oponi geh heim! Spiele auf deiner Flöte, schlage deine Trommeln und Tamburine. Spiele, tanze, feiere. Geh heim. 

Nichts wissen diese Oponi außer hüpfen und herumtanzen. Hm !“


Adjirus Tränen mischten sich mit dem Regen, der noch immer rauschend vom Himmel strömte. Er fühlte ihren salzigen Geschmack in den Mundwinkeln und sein Herz war bitter. Mehr denn je fühlte er sich einsam und alleine gelassen. Am liebsten hätte er seine Tasche mit den Büchern und den vielen Notizen in eine Schlucht geworfen. Er wünschte sich er hätte niemals angefangen sich mit den Sternen zu befassen. Mit den Sonnen, den Monden und Kometen. Mit all dem Wissen das Jaru, der Urvater aller Oponi, einst von den Kalays erhalten und aufgezeichnet hatte. Wäre es nicht besser gewesen er würde, wie die meisten anderen Oponi, Gefallen daran finden die Sterne und Sonnen lediglich anzusehen und in ihrem Schein zu Tanzen, zu singen und zu Lachen. Genauso wie Ogeera es gesagt hatte.

Die untergehende Sonne war hinter schweren Gewitterwolken verborgen als er das Dorf erreichte. Während er in trüben Gedanken durch den Regen lief und ihm das Wasser in die Augen rann, stieß er mit Vorin zusammen, der ebenfalls in Eile zu sein schien und Adjiru nicht gesehen hatte. Es war ein heftiger Zusammenprall, der sie beide Taumeln ließ. Nachdem Vorin seine erste Überraschung überwunden hatte fuhr er Adjiru zornig an, aber anstatt ihn wegen seiner Unachtsamkeit zu tadeln, brach er gleich mit einer Sache hervor, die ihm auf der Seele brannte.

„Du lässt meine Schwester in Ruhe.“ fauchte er und packte Adjiru am Kragen. 

Adjiru, der Streitigkeiten normalerweise aus dem Weg ging, entwand sich seinem Griff und warf Vorin zu Boden. Jaminas Bruder war darüber ziemlich verdutzt, denn er hatte Adjirus Kraft völlig unterschätzt. Im Nu saß der auf ihm, umklammerte Vorins Unterarme und drückte seine Hände in den Schlamm. Mit Mühe konnte er sich befreien und die beiden rollten als zappelndes, sich windendes Knäuel über die Strasse. Es ging durch flache Pfützen und tiefe Lachen und immer wieder presste Vorin mühevoll hervor Adjiru solle sich von Jamina fern halten. Adjiru hingegen sagte keinen Ton. Er keuchte nur und sein Blick schien Vorin nicht zu treffen, so als sei der gar nicht vorhanden. Schließlich lag Vorin unter ihm und vermochte nicht sich Adjirus Griff zu entwinden. Seine Handgelenke schmerzten und Adjiru machte keine Anstalten ihn loszulassen. Vorin versuchte einen Atemzug lang sich zu entspannen, nur um sich dann erneut mit aller Kraft seines Gegners zu entledigen. Aber es gelang ihm nicht. Bald hatte er keine Kraft mehr und während er Adjiru anblickte, bemerkte er den Schmerz in dessen Gesicht. Seine Augen waren geschlossen und seine Zähne so fest zusammengebissen, dass seine Kiefermuskeln deutlich hervortraten. Er schluchzte und schüttelte sich, als würde sein Körper von tiefem Schmerz gepeinigt. Vorin betrachtete Adjiru einige Augenblicke lang, bis dieser seine Arme losließ und sich aufrichtete. Er wendete Vorin den Rücken zu und stand für eine Weile unschlüssig da, während er den Regen auf sich herabfallen ließ. Seine Schul-tern zuckten unregelmäßig. Dann wollte er weglaufen.

„Warte!“, rief ihm Vorin hinterher und bückte sich nach der Umhängetasche, die Adjiru beim Kampf verloren hatte „Das gehört doch dir.“

Adjiru zögerte, bevor er sich Vorin erneut zuwandte. Sein Blick ruhte lange auf der Tasche und er war unschlüssig, ob er sie nicht einfach bei Jaminas Bruder zurücklassen sollte. Er sah Vorin ratlos an.

„Ich...“, setzte Vorin nochmals an „...ich...“ weiter kam er nicht. Adjiru trat auf ihn zu und riss ihm die Tasche aus der Hand.

„Wir sind ziemlich schmutzig geworden“, meinte Vorin dann „Das kann der Regen auch nicht abwaschen.“

Adjiru sagte noch immer kein Wort. Und während er Vorin ansah, schien sich in dessen Au-gen  ein Ausdruck des Bedauerns zu schleichen. Der Wind hob an und es blitzte hell, Dann rollte der Donner heran.

„Du hast noch einen weiten Weg nachhause“, sagte Vorin schließlich „Mein Haus ist gleich hier. Das scheint ein übles Gewitter zu werden.“

„Warum sollte ich mitkommen?“ fragte Adjiru.

„Ich kenne da zumindest einen guten Grund“, er versuchte ein Lächeln zustande zu bringen. „Aber meine Schwester würde mir das ewig nachtragen, wenn du dich erkältest, oder gar  im Sturm umkommst.“


Die beiden saßen schweigend am Tisch im Hause von Vorins Eltern. Adjiru und Vorin waren in weiche Tücher gehüllt und tranken heißen Tee, den Sila zubereitet hatte.

Jamina stand etwas abseits in der Küche und betrachtete Adjiru und ihren Bruder. 

„Schämt euch, euch so zu benehmen“, tadelte Sila die beiden „Wie die kleinen Kinder. Außerdem ist es für Oponi nicht schicklich sich zu streiten wie Dobrus. Jamina, hast du ihre Kleider gewaschen?“

„Ja“, sagte Jamina, deren Blick auf Adjiru gerichtet war „Ich habe sie zum trocknen aufgehängt, morgen können Sie sie wieder anziehen.“

Sila zuckte kurz zusammen. Sollte sie wirklich zulassen, das Adjiru über Nacht blieb? Immerhin war sie, wie all die anderen auch, diesem Sonderling immer mit Abstand begegnet und mittlerweile kannte Sie auch die Gefühle ihrer Tochter. Sie wollte nichts tun um Jamina zu bestärken. Aber noch immer hatte sie das Bild vor Augen, wie Adjiru verdreckt und triefend vor ihrer Türe stand und wie bemitleidenswert er ausgesehen hatte. Und nun saß er schüchtern hier an ihrem Tisch, an seiner heißen Tasse Tee nippend. Davon abgesehen war er ein hübscher Junge, der nur jemanden brauchte der sich um ihn kümmerte. Aber sollte es Jamina sein?

Dann kam Diren in die Küche und seufzte „Haben sich die Gemüter abgekühlt?“, fragte er. Er musterte seinen Sohn ernst „Mit dir befasse ich mich noch. Wie konntest du so die Beherrschung verlieren?“

„Aber Vater...“, wollte sich Vorin verteidigen „...wir haben uns wieder vertragen.“

Adjiru sagte nichts. Im Gedanken war er immer noch bei Ogeera. Immerhin mit einem Teil seiner Gedanken, der andere Teil war damit beschäftigt seinen Augen zu sagen nicht zu Jamina hinüber zu sehen, die ihn unentwegt beobachtete. Und ob er wollte oder nicht, es gefiel ihm hier zu sein, auch wenn ihm die Situation etwas peinlich war.

„Mich würde interessieren wer gewonnen hat.“ bemerkte Diren plötzlich.

„Vater.“ ging Jamina dazwischen, die Adjiru eine weitere Demütigung ersparen wollte. Aber Vorin senkte den Kopf und sie wußte, dass ihr Bruder den Sonderling wohl offensichtlich unterschätzt hatte. Sie lächelte und setzte sich an den Tisch, neben Adjiru, den dabei ein kurzer Schauer durchlief. Jamina bemerkte wie seine Hände zitterten. Und wie unsicher er wurde als sich ihre Schultern zufällig und zaghaft berührten.

„Er kann bei Vorin schlafen“, sagte Jaminas Vater „Aber wehe ich höre heute Nacht auch nur den leisesten Streit.“

„Ich will Frühstück machen.“ sagte Jamina freudig, wobei sie hoffte für Adjiru sei dies genügend Grund sich nicht auf einen weiteren Streit mit ihrem Bruder einzulassen. Vorin sah sie dabei scharf an und in ihrem Blick konnte er lesen er solle Adjiru keinesfalls ein weiteres Mal herausfordern.


An diesem sonnigen Morgen begleitete Jamina Adjiru nach Hause. Es war noch kühl und die Luft roch nach dem Regen der vergangenen Nacht, nach Laub und frischem Gras. Der Himmel war blank gewaschen und von tiefem Blau.

Auch jetzt noch war Adjiru schweigsam, während Jamina ihm ihre Familienverhältnisse erklärte. Wenn sie glaubte er höre ihr eigentlich gar nicht zu, so würde sie damit Recht haben. Er lauschte nur auf ihre Stimme und achtete kaum auf das was sie sagte. Nach der Enttäuschung mit Ogeera kam ihm Jaminas helle Stimme vor wie das liebliche Plätschern eines kleinen Baches an einem warmen Frühlingstag.

Adjiru blieb stehen und sah Jamina an. Sie verstummte und erwiderte seinen Blick. In ihren Augen las er Erwartung, aber er konnte nichts weiter als dastehen und das Mädchen zu betrachten. Dieser Moment dauerte scheinbar eine Ewigkeit, bis Jamina seine Hand ergriff. Erneut durchfuhr Adjiru ein Schauer, aber Jamina schien sich sicher zu sein und ehe er seine Hand zurückziehen konnte war sie nähergetreten. Sie nahm seine andere Hand und war ihm nun so nahe, das er die Wärme ihres Atems spüren konnte, der über seine Lippen strich.

Er lächelte, brachte aber zunächst noch immer keinen Ton hervor. So standen beide eine ganze Zeit schweigend, bis er sich ein Herz fasste „Wenn uns dein Bruder so sehen würde,“ sagte er „Dann gäbe es wieder Ärger.“

„Aber wir wären zu Zweit“, lächelte Jamina „Darüber hinaus ist mir egal wie er über uns denkt.“

Adjiru erwiderte ihr Lächeln. Dann gingen sie weiter die Strasse hinunter, Hand in Hand.

Für Adjiru war dieses Gefühl sehr neu, und ungewöhnlich, aber er genoss Jaminas Berührung und ihre Nähe. In diesem Augenblick aber wurde ihm klar, dass sein früheres Leben beendet war. Bei diesem Gedanken machte sein Herz einen Hüpfer, aber er konnte nicht sagen ob er sich dabei wohl fühlte, oder erschrak.


Die nächsten Monate sah man die Beiden immer öfter zusammen. Im Tal der Oponi waren sie bald ein beliebtes Gesprächsthema. Der Sonderling, der zaghafte Schritte in eine neue Welt wagte und Jamina, die Tochter eines angesehenen Häuptlings, die sich auf ein gehöriges Abenteuer, oder gar eine Dummheit einließ.

Vorin schwieg zu allem, selbst wenn man ihn nach seiner Meinung fragte, was ihm Jamina und auch Adjiru hoch anrechneten. Sila, Jaminas Mutter aber war voller Sorge und fürchtete ihre Tochter könne sich unglücklich machen. Sie begegnete Adjiru zwar nicht mit Feindseligkeit, aber sie wahrte einen gewissen Abstand, der ihn sehr verletzte und Jamina traurig mach-te. 

Diren hingegen war Adjiru gegenüber aufgeschlossen, lud ihn oft in sein Haus ein und suchte das Gespräch mit ihm.

„Er ist sehr gescheit“, sagte Diren zu seiner Frau „Ich habe das Gefühl, das er es zu etwas bringen wird.“ nach einer kurzen Pause „Ich glaube er ist wichtig für unser Volk.“

„Ich fürchte mich“, widersprach Sila „Ich sehe Probleme kommen.“

„Wäre das wirklich so schlimm? Schwierigkeiten sind doch...“

„Ich meine nicht die üblichen Probleme.“ unterbrach Sila und senke den Kopf „Adjiru ist ein Träumer und steckt voller Visionen.“

„Ja, das weiß ich.“ bestätigte er „Und du fürchtest unsere Tochter würde dabei unglücklich werden.“

Sila nickte. „Jaminas Träume drehen sich um eine Familie. Um Kinder und einen Gefährten, mit dem sie ihre Familie aufbauen kann. Adjiru aber sieht hinauf zum Himmel und wünscht sich an ferne Orte. Er sucht nach großen Dingen. Und sich nur um eine Familie zu kümmern würde ihn zerbrechen.“

Diren stimmte Sila in allem zu. Sie hatte die Lage gut erkannt. Aber Diren wußte auch wie wichtig diese Art von Oponi war. Visionäre waren für die Zukunft notwendig und er wünschte sich jemanden in der Familie zu haben, der diesen Anspruch erheben konnte. Zweifellos würde Jamina es nicht leicht haben. Aber er glaubte auch dass in seiner Tochter etwas schlummerte, das noch nicht erwacht war und das erst noch reifen musste. Er nahm Sila in seine Arme. 

„Auch du musstest Vieles auf dich nehmen“, sagte er „Hat dies deine Liebe zu mir verringert?“

Sila erwiderte seine Umarmung und drückte sich fest an ihn „Nein. Ich denke wir sind Beide aneinander gewachsen. Aber ich fürchte um Jamina.“

„Unsere Tochter ist stark“, sagte Diren „Sie wird es nicht einfach haben, aber ich weiß dass alles seine Richtigkeit hat.

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