1. Kapitel
Ich bin nervös. Heute will ich sie ansprechen, aber weiß noch nicht wie ich es anstellen soll. Denn ich bin nicht gerade das, was man einen gesprächigen Typen nennt.
Dann sah ich sie kommen. Sie joggte fast jeden Tag in diesem Park. Aber ich bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Ihre Augen wirkten so verloren, als ob sie große Sorgen hätte.
Plötzlich blieb sie stehen und nahm ihr Gesicht in beide Hände. Ich hörte sie leise weinen und entschied, zu ihr zu gehen.
"Bitte entschuldigen Sie, aber kann ich Ihnen
vielleicht helfen?" fragte ich sie höflich.
Sie nahm ihre Hände vom Gesicht und sah mich mit Tränen unterlaufenden Augen an.
"Ich...ich habe von mei..meinem Arzt er.. " Doch sie konnte nicht weiter sprechen, da ihre Tränen sie übermannten.
Ich wusste nicht wieso, da sie mich nicht kannte, aber sie lehnte wie selbstverständlich ihre Stirn an meine Schulter. Ihre Sehnsucht von Zuneigung konnte ich ganz deutlich spüren. Und als ich sie dann in die Arme nahm, war es für sie wie eine Art Befreihung und sie ließ ihren Tränen abermals freien Lauf.
2. Kapitel
12. August 1412.
Der Wind wehte bitterkalt durch die großen Mauern des Schlosses. Mein König saß ungeduldig auf seinem Tron und wartete auf den Boten. Es sollte eine wichtige Nachricht aus Rom eintreffen, doch mein König von Luttingen schien umsonst zu warten.
"Martin mein treuester Berater und Freund, was denkt Ihr? Wird diese Nachricht noch rechtzeitig eintreffen, bevor ich meine entgültige Entscheidung bekannt gebe?"
Ich trat neben meinen König.
"Herr, mein König, es spielt nicht wirklich eine Rolle ob die Nachricht aus Rom zur richtigen Zeit eintrifft. Denn, wenn ich in der
rechten Annahme bin, haben Sie mein König schon längst ihre Entscheidung getroffen!"
"Wie gut Du mich kennst, Martin. Ja, ich denke ein großes Bankett sollte die erhitzten Gemüter ein wenig beruhigen!"
Ich wählte einen späteren Zeitpunkt für meinen Ausritt ins Dorf. Ich vermisste mein liebstes Weib in meinen Armen, um meine müden Augen auf ihre wohlig-warme Brust zu legen. Um entlich wieder in die Leidenschaft ihrer Schenkel zu tauchen, um eine Weile meinen Pflichten zu entfliehen!
Das Dorf war nicht weit entfernt. Es dauerte nicht lange und ich stand vor ihrem Haus. Es war nicht sehr groß, aber sauber und
häuslich.
"Katharina, meine Liebste, wo versteckst du dein schönes Gesicht?" rief ich in freudiger Erwartung. Aber es kam keine Antwort!
Plötzlich bemerkte ich am Geruch, dass es ganz in der Nähe brennen musste. Aber wo?
Da sah ich schon die dunklen Rauchschwaden hinter dem Haus meiner Liebsten aufsteigen! Ich versuchte ins Innere zu gelangen, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Nach ein paar Sekunden hatte sich das Feuer bereits ins Haus gefressen. Selbst die Bewohner des Dorfes versuchten alles um zu helfen. Aber sie brauchten zu viele Eimer Wasser in einer sehr geringen Zeit, dass sie es nicht schafften! Ich schrie voller Wut und Panik nach meiner Katharina. Dann
stürzte das Dach ein und begrub sie unter sich. Ich konnte meine liebste Katharina, nicht retten...ich konnte sie einfach nicht retten...
3. Kapitel
Wieder diese Alpträume! Immer und immer wieder suchen sie mich heim, um mir mein Schicksal knadenlos vor Augen zu halten! Diesem Fluch, der mich immerzu qält und mich meiner einzig wahren Liebe entreißt!
An dem Tag, als ich sie tröstete und ihren Kummer erfuhr, da traf ich meine letzte Entscheidung!
Sie erzählte mir von ihrem einsamen Leben. Mit vier Jahren verlor sie ihre Eltern bei einem Zugunglück und musste fortan in einem Heim aufwachsen. In der Schule war sie sehr gut. Und mit achtzehn Jahren bezog
sie ihre erste eigene Wohnung. Ihre Ausbildung verlief gut und trotzdem war sie unglücklich. Denn es schien sich niemand für Katharina zu interessieren. Zwar hatte sie ein paar fragliche Beziehungen geführt, doch nie ist ihr jemand über den Weg gelaufen, der es wirklich und wahrhaftig ernst mit ihr gemeint hätte! Jetzt war sie achtundzwanzig und wieder zeigte sich, dass man seinem Schicksal nicht entkommen konnte. Der Arzt hatte ihr mitgeteilt, dass sie einen bösen Tumor im Gehirn hat und der auf ihr zentrales Nervensystem drückt! Die Ärzte können diesen Tumor nicht einfach so entfernen, ohne einen Großteil ihres Gehirns zu zerstören. Es würden nicht einzuschätzende Schäden auftreten. Man
bezweifelt, dass Katharina das überleben würde. Aber was für Möglichkeiten blieben ihr noch?
Und wieder diese Ohnmacht der Hilflosigkeit! Warum qälte uns das Leben so sehr? Warum musste Katharina immer sterben und mich allein zurück lassen?
Warum...?
Ich werde sie niemals wieder im Stich lassen! Ich werde alles dafür tun, um ihr Leben irgendwie zu retten!
Ich muss...
Fortsetzung folgt
