Kapitel 1 - Nachts Leise fegte der Herbstwind die Blätter von den Bäumen, die geräuschvoll an den Fenstern prasselten. Ich konnte einfach nicht einschlafen. Dies war einer der Nachteile, wenn man in einer großen Villa wohnt, welches nur von Bäumen umgeben ist. Sehnsüchtig tastete ich mit meiner Hand nach meinem Handy ab. Jedes Mal, wenn ich nicht schlafen konnte, schrieb ich Ryan, meinem Freund, dem es dann oft meistens genauso ging. Das passierte mir jede
Woche. Wieder so eine Nacht.. Hoffentlich kriege ich morgen keine Augenringe haha.. Wie geht es dir? Kuss. Kim Irgendwie weiß ich nie, wie ich bei einer SMS anfangen soll zu schreiben. "Hey Schatz"?? Das klingt so komisch, fand ich. Dass ich mir über so was Gedanken mache, wo doch meine Freundin Sanny richtige Probleme hat. Ihre Eltern lassen sich bald scheiden. Jetzt heißt es für mich, so gut wie es geht, an ihrer Seite zu stehen. Mit diesem Entschluss schlief
ich schließlich ein. Kapitel 2 - Am nächsten Morgen “Kim, du siehst heute total fertig aus.”, begrüßte mich meine Freundin Anya. Ich lächelte nur kurz und schritt in den Saal, wo gleich eine Ankündigung an alle Studenten stattfindet, die im 2. Semester sind, also meinem Jahrgang. Neben Sanny und ihr ließ ich mich nieder, die mich kurz anlächelte. Ich weiß ganz genau, dass sie sich in der nächsten Zeit etwas anders verhalten wird, um sich selber davor zu schützen, sich schwach zu fühlen. Zumindest ist sie immer der Meinung, sie könnte ganz gut ohne andere zurecht kommen. Sie hatte mit 17
Jahren zwei Beziehungen hinter sich. Davon betrog der Letzte sie und danach spielte sie nur noch mit Jungs. Sie ließ sich vor einem Jahr in einer Nacht einfach von einem fremden Jungen entjungfern, den sie für einen Abend lang kannte. Das erzählte sie mir jedenfalls. Ihr Grund war, dass sie sich sicher war, dass er gut im Bett sein würde. Aber was passiert ist, ist passiert. Ich denke, Sanny ist die Stärkere von uns beiden. “Kim, wohin willst du fahren?”, fragte mich Harvey. “Was, heh?”, gab ich perplex zurück. “Was meinst du, wohin?” Er schüttelte sich lachend den Kopf.
“Du bist und bleibst das verpeilteste Mädchen, das ich kenne. Wir machen vor dem Semesterende eine Fahrt, in dem jeder einzelne entscheiden kann, wohin er will und darüber schreibt er einen Bericht, und dies wird in deinem Abschluss gewertet. Aber du musst dann mit vier Anderen an einem Ort, und als Gruppe arbeiten. Ihr bekommt Aufgaben. Es wurde mal dieses Jahr so eingeführt. Genial, was?” Ich dachte zu allererst an Sanny, dann an Ryan. Der Rest könnte aus irgendwelchen Anderen bestehen. Hauptsache die beiden wichtigsten Menschen begleiteten mich.
Die Rede fing an. “Sehr geehrte Student und Studentinnen des letzten Jahrganges auf unserer Beverly Hills University, ich möchte euch herzlich mitteilen, dass dieses Jahr etwas besonderes sein wird… “ Unser Unilehrer redete und redete über die Reise. Diese sollte zwei Monate dauern. Ryan simste mir sofort. Na? Wer sollen die anderen drei aus unserer Gruppe sein? Ich überlasse dir die Entscheidung. Hauptsache nicht
Harvey. Ryan Ryan konnte Harvey nie leiden. Dabei ist er doch so ein netter Kumpel. Aber das lag wohl daran, dass Harvey seit der ersten Minute auf dieser Universität in mich verliebt war. Doch wir hatten eine freundschaftliche Beziehung und ich finde, es sollte auch so bleiben. Schließlich liebte ich Ryan. Als ich nach der Versammlung um die Ecke zu meinem Schließfach bog, sah ich, wie sich Sanny mit Annette unterhielt. Dem schlimmsten Mädchen aller Zeiten. Eigentlich ist es mir ja immer egal, wenn sich ein Mädchen
kindisch verhält, aber ich kann bei ihr nicht anders. Sie versuchte mir schon seit Monaten Ryan auszuspannen. Irgendwann ist mit meiner Geduld auch Schluß. Es gab auch mal ein Gerücht, dass sie Drogen vertickte. Aber meiner Meinung nach, ist sie auch dafür viel zu blöde. “Mit Annette, solange du nicht mit ihr ein Projekt oder Kurs teilen muss, solltest du dich von ihr fernhalten. Das ist das Beste für uns alle.” Sanny sagte dies mal zu mir, damals als sie wieder einmal versucht hatte, sich Ryan zu angeln. Sie würde sich auch von
ihr fernhalten, meinte sie. Aber warum unterhielten die sich jetzt? Und lachten miteinander. Annette gab ihr einen zusammengefalteten Zettel, den Sanny schnell in ihre Hosentasche steckte. Komisch. Kapitel 3 - Später Zuhause angekommen wurde ich von meinen Eltern an den Esstisch katapultiert. Sie taten beide sehr wichtig und ernst, daher kam ich gleich auf den Gedanken, dass sie entweder etwas von mir verlangten oder mir etwas mitzuteilen haben. “Kimi.. “, fing meine Mum an. Dann schaute sie auffordernd zu meinem Dad,
der etwas verärgert schaute, da er offenbar mehr von ihr erwartete, als nur meinen Namen zu sagen, und nun er reden musste. “Es kommt wahrscheinlich etwas schockierend für dich rüber, aber wir haben beschlossen, von hier wegzuziehen.” “Wie bitte??”, platzte es nur aus mir heraus. “Ihr wisst schon, dass ich meinen Abschluss auf der tollsten Universität haben werde und außerdem hättet ihr euch so was dreimal überlegen sollen, denn schließlich bin ich nicht mehr in der Mittelstufe, wo so eine Wendung noch akzeptabel ist. Ich bin fast 18, das könnt ihr mir nicht antun!”
Meine Mum legte die Hand auf meine Schulter, als wäre ich sechs, und dies mich beruhigen würde. Doch ich ließ mich nicht so einfach weg verfrachten. “Es ist, weil dein Dad von deinem Onkel die Firma geerbt bekommen hat. Dieser ist vorgestern gestorben. Außerdem lebt deine Tante jetzt allein in Chicago und das mit 50. Da wollen wir sie nicht doch nicht allein lassen. Du weißt, wie sensibel sie ist, und ich möchte ihr als Schwester zur Seite stehen.” “Aber das könntet ihr doch auch irgendwie anders oder nicht? Kann sie nicht hierher ziehen?” “Nein, das geht nicht. Sie muss das Haus
solange bewohnen, bis es ihren erwünschten Wert erreicht hat und sie es dann verkauft. Das Geld geht an dich, mein Schatz. Außerdem kann die Firma deines Onkels schlecht umziehen, wenn es doch die gerade die einzige Firma in deren Stadt ist, die diese Technik anwendet.” Ich wollte nicht mehr ins Detail gehen. Fakt ist, das war für mich die dümmsten Gründe meine Zukunft hier wegzuschmeißen. “Ich werde bald 18... Vielleicht sollte ich mit Ryan oder mit Sanny zusammen ziehen und dann könnt ihr dann weg?” “Wie bitte? Also hör mal, hör auf, nur an dich zu denken. Es ist eine Riesenchance
für deinen Dad.” “Lasst mich erstmal einpaar Tage in Ruhe, mir wird das zuviel.” Verzweifelt ging ich in mein Zimmer. Starker Wind blies durch meine offenen Haare, als ich die Fenster in meinem Zimmer öffnete. Ich schaute nach unten auf die Straße und hoffte für einen Moment Ryan dort stehen zu sehen. Doch dies war nicht der Fall. Früher, als wir uns nicht so oft wie jetzt durch die Uni sahen, da wir jeweils eine andere Highschool besuchten, stand er fast jeden zweiten Abend vor meinem Haus. Wenn er am nächsten Tag nicht so früh aufstehen musste, kam er auch hoch in mein Zimmer, aber oft war es
so, dass wir uns höchstens eine halbe Stunde von Fenster zu Straße unterhielten, bis er auch schon wieder wegmusste. Ryan neckte mich oft, dass er sich wie in dem Film Rapunzel vorkam. Ich liebte solche Momente mit ihm. Doch seit wir uns fast jeden Tag in der Uni sehen und er vor Kurzem als Barkeeper arbeitete, kam er nicht mehr zu meinem Haus. Es ist schon so lange her. Traurig blickte ich nochmal nach unten und sah ein kleines Mädchen mit ihrer Katze vorbei spazieren. Sollte ich Ryan jetzt anrufen? Er müsste gerade von der Uni gekommen sein. Ich möchte in dem Moment am liebsten bei ihm sein.
Einfach seinen Duft einzuatmen und seine Wärme zu spüren. Das ist alles, was ich gerade brauchte. "Du sollst dich nie in die Lage begeben, von jemanden zu sehr abhängig zu sein." Ich erinnerte mich an Sannys Worte. Sie stimmten schon, aber immerhin ist er mein Freund oder nicht? Ich sollte mich immer auf ihn verlassen können. Dreimal klingelte es, bis er abhob. "Hey, was gibt's?", war seine Begrüßung. "Ich wollte deine Stimme hören.", entgegnete ich und schloss dabei das Fenster. "Seit wann bist du denn so romantisch
geworden?" Er versuchte mich zu ärgern. "Seit wann bist du denn so trocken geworden?" Ein Lachen am Ende der Leitung. "Möchtest du vorbeikommen? Ich muss erst in zwei Stunden arbeiten gehen." Ich nickte glücklich. Dann fiel mir ein, dass er mich doch nicht sehen konnte. "Gerne. Ich bin in 30 Minuten bei dir." "Hast du Hunger? Dann bestell uns was." "Mach das. Bis gleich, Ryan." "Ich freue mich auf dich, Kim." Ich legte auf. Hektisch packte ich einpaar Sachen zusammen. Meine Haare band ich zu einem Dutt zusammen. Ich überlegte ihn zu fragen, ob ich heute bei
ihm schlafen kann. Zuhause ist der letzte Ort, wo ich heute sein will. Außerdem möchte ich mit ihm über die Fahrt reden. Wir müssen uns bis Freitag entschieden haben, mit wem wir wohin fahren werden. Heute ist Mittwoch. Ich nahm den Bus zu Ryan. Auf dem Weg hin begann es zu regnen und ich musste meine Tasche über den Kopf halten während ich zu seinem Haus rannte. Als ich um die Ecke bog, sah ich ihn mit einem Regenschirm entgegen kommen. Sofort ließ ich meine Tasche nieder und rannte in seine Arme. "Es ist so schlimm zuhause, Ryan." Ich vergrub mein Gesicht in seinem Hemd, was er
trug. "Kim, weinst du oder ist es der Regen?" Seine Stimme klang verwundert und besorgt. Auch ich selbst erschrak. Tropfen für Tropfen liefen an meinem Gesicht herunter, aber durch den Regen und dadurch, dass Ryans Regenschirm auf den Boden fiel, als ich in seine Arme rannte, konnte ich selbst nicht sagen, ob es nur der Regen war, der an meinem Gesicht runterfloss. Ryan hob den Regenschirm auf während seine andere Hand meinen Arm festhielt. Er führte mich in das Haus hinein. Es war größer als unseres. Ryans Eltern besaßen eine Autofirma und waren
reicher als wir. Seine mittelkurzen braunen Haare wurden vom Regen komplett nass und es tropfte auf das dunkelblaue Hemd. Schweigend trocknete er mich mit einem Handtuch im Badezimmer ab. Er löste langsam meinen Dutt auf und meine langen Haare fielen auf meine Schulter. Ich schaute in seine blauen Augen, die mich sorgfältig begutachteten. "Du solltest dich umziehen. Dein Shirt ist oben ganz nass." Er warf mir sein hellblaues Hemd hin. Ich liebte dieses Hemd und trug es immer, wenn ich bei ihm bin. Da es in XL war, ging es mir über den Hintern und ich hatte nun nichts anderes an, als etwas
Unterwäsche und sein Hemd. Als ich meine Haare wieder zubinden wollte, hielt er eines meiner Hände fest. "Lass deine Haare doch offen. Ich habe dich schon lange nicht mehr mit offenen Haaren gesehen." Ich lächelte. Wir sahen beide in den Spiegel, der im Badezimmer hing. "Du hast im Gesicht abgenommen." Ryan umarmte mich von hinten. Ich hielt seine Hände mit meinen fest. "Wie kann man denn im Gesicht abnehmen?" Ich runzelte mit der Stirn. "Damit meine ich, dass du nicht mehr so lebendig wirkst, Kim. Erzähl mir, was zuhause los ist.", antwortete er und küsste mich auf
die Wange. Ich schloss die Augen. Kapitel 4 - Etwas später Die Blätter flogen gegen das Fenster während man trotz geschlossenem Fenster den starken Wind draußen hörte. Eine halbe Stunde lag ich schon in Ryans Arme. In einem bestimmten Rythmus streichelte er meine Haare mit seiner Hand. Die bestellte Pizza hatten wir schon aufgefuttert. "So ist das also. Tut mir leid um deinen Onkel." Er küsste mich auf den Kopf. Ich kuschelte mich noch näher an ihn. Seine Brust fühlt sich so warm an. Zögernd legte ich meine Hand auf seine
linke Brust. Dort, wo sein Herz war.. "Ich möchte nicht egoistisch sein, aber ich kann hier nicht weg. Hier ist alles, was ich brauche und was mich glücklich macht. Du bist hier." Ich schaute ihm in die Augen. Er lächelte. "Ich möchte auch nicht, dass du wegziehst. Rede nochmal mit deinen Eltern." Ich küsste ihn. "Ja, sie sollen ohne mich wegziehen. Ich muss sie unbedingt überreden. Ich will nicht nach Chicago!" Ohne zu merken, kullerte mir eine Träne herunter. "Chicago?" Ryan setzte sich auf. "Da
wohnt mein Stiefbruder." "Du meinst Liam?" Ryan nickte stumm. Liam war der Sohn desselben Vaters von Ryan nur eben andere Mutter. Es gab vor einem Jahr deswegen großen Streit in seiner Familie, als plötzlich eine fremde Frau vor ihrer Tür stand und behauptete, einen siebzehnjährigen Sohn mit Ryans Vater zu haben. Nach langen Diskussionen und DNA-Proben, entsprach die Behauptung der Frau doch der Wahrheit und seitdem besuchte Ryans Vater jedes zweite Wochenende seinen anderen Sohn. Ryans Eltern standen diese Sache gut durch und ich bewunderte Ryans Mutter dafür.
Jemanden so stark zu vertrauen und verzeihen zu können. Ich möchte auch in der Lage dazu sein, wenn es darauf ankommt. "Mein Vater ist dieses Wochenende wieder in Chicago." Seine Stimme klang genervt. "Letztes Wochenende war er auch dort. Von wegen jedes ZWEITE." Ich streichelte ihm über die Wange. "Liam steht kurz vor der Meisterschaft. Vielleicht will dein Vater ihm einpaar Tricks mehr zeigen. Immerhin war er doch damals der Coach auf deiner Highschool." "Keine Ahnung. Ich bin doch selbst in
zwei Wochen weg. Danach ist er 3 Monate in Singapur. Ich bin auch sein Sohn, verdammt nochmal." Er ziehte mich mich näher an sich. "Ich könnte es nicht ertragen, wenn du auch noch weg bist." "Das werde ich nicht. Ganz bestimmt nicht." Mit diesen Worten schlief ich in seinen Armen ein. Kapitel 5 - Abends Als ich aufwachte, war Ryan schon weg. 7 Uhr abends. Ich lief ans Fenster. Draußen lagen überall Blätter auf den Boden. Dieses Jahr ist der Herbst besonders windig fand ich. Ich holte aus meiner Tasche
schnell eine Jeans und zog sie an. Vorsichtig lief ich die Treppe herunter in die Küche. Ich erwartete in jedem Moment, dass mir jemand entgegenlief, aber anscheinend war niemand zuhause. Es roch nach Suppe, als ich in die Küche lief. Anscheinend aus dem Topf, welches auf dem Herd stand. Ich öffnete den Kühlschrank und holte einen Joghurt heraus. Plötzlich musste ich anfangen zu husten. Aus heiterem Himmel. Eilig schenkte ich mir Wasser in ein Glas ein und trank einen großen Schluck. Als ich mir sicher war, dass der Husten vorbei war, fing es nochmal an. Meine Beine wurden schwach. Ich sank
auf den Boden. Hör endlich auf, dachte ich mir. Als ich wirklich dachte, es geht nicht mehr, hörte der Husten tatsächlich auf. Ich schnappte schwer nach Luft und spürte einen Schmerz in der Brust. Ich blieb eine Weile auf dem Boden sitzen während ich mich fragte, was das eben war. Mein Hals war weder trocken noch war ich irgendwie krank. Es kam irgendwie von innen. Ich lehnte mich mit dem Rücken am Küchentisch, der mitten in der Küche war. Meine Beine fühlten sich schwach an, deswegen bewegte ich sie nicht. Langsam atmete ich ein und aus. Ich kam langsam in den normalen
Atemrythmus und beruhigte mich wieder. Von weitem hörte ich, wie das Schloss der Eingangstür zufiel. "Kim?" Es war Ryan. Ich hörte, wie er seine Tasche ablegte. Schnell strich ich mir die Haare zurecht, die mir ungeordnet ins Gesicht gefallen sind. "Was machst du da auf dem Fußboden?" Eilig schritt er zu mir und half mir auf. "Ach, mir war danach.", scherzte ich. Lachend schüttelte sich Ryan den Kopf und klaute mir meinen Joghurt. "Erdbeere. Immer nimmst du Erdbeere." Er löffelte grinsend den Becher. "Meine Lieblingssorte eben." Ich klaute mir meinen Joghurt wieder
zurück. Ryan zog mich in seine Arme. "Ich habe dich vermisst." Er küsste mir in die Haare. "Wie war die Arbeit?" Er seufzte in meine Haare hinein. "Mein Chef nervt mich tierisch. Ich sollte an der Kommunikation mit den Kunden arbeiten." "Mehr mit den Ladies flirten, meint er wohl." Meine Stimme klang mehr genervt, als ich es beabsichtigte. Vorsichtig machte ich mich von seinen Armen los. "Ich hasse ihn." Seine Stimme klang verzerrt. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass er
auch sein Hemd auszog. Ich biss in einen Apfel. "Aber die Bar ist so gut. Perfekte Location und das Ambiente, Kim." Er stand jetzt oben ohne in der Küche. "Ich weiß, ich weiß.", murmelte ich während ich den Apfelkern wegschmiss. Als ich mich umdrehte, stand er direkt vor mir. Sein Grinsen war unbeschreiblich sexy. Das war auch einer meiner Schwächen. Bevor ich an irgendetwas anderes denken konnte, bedeckte er meinen Körper mit tausend Küssen und es endete damit, dass wir miteinander schliefen. "Ahhh.", kam es aus mir heraus, als er in
mich hineindrang. Ich streichelte seinen Rücken, während er mich weiterhin pausenlos küsste. Seine Küsse wurden immer wilder und leidenschaftlicher und es fiel mir langsam schwerer, genug nach Sauerstoff zu schnappen. Er war heute leidenschaftlicher als sonst. "Ich habe es noch nie in der Küche getan." Ich spürte sein Grinsen an meinem Hals. "Du bist verrückt.", gab ich nur zurück und küsste ihn auf den Mund. Ich küsste ihn, als wäre dies unser letzter Kuss. Warum wusste ich nicht. Doch er schien es gemerkt zu haben und hielt
kurz inne. Er musterte mich kurz von oben und in dem Moment fühlte ich erst die Kälte des Küchentresen an meinem Rücken. Ryan lag auf mir. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und schaute mir tief in die Augen, was er lange nicht mehr getan hat. "Ich liebe dich, Kim." Es war fast ein Flüstern. "Und ich liebe dich.", gab ich mit sanfter Stimme zurück. Danach versanken wir wieder ineinander. Kapitel 6 - Am nächsten Morgen Sanny und ich waren die Ersten, als wir den Hörsaal betraten. Wir setzten uns weit nach vorne und
Sanny reichte mir einen Kaffee herüber, den sie eben gerade von der Cafetaria holte. Das machte Sanny immer, wenn wir zusammen die erste Vorlesung hatten. Ich war für das Essen zuständig. "Hier ich habe uns diesmal Käsecrossaints gekauft." Ich reichte ihr einen rüber. "Die Damen achten aber auf ein ausgewogenes Frühstück." Unser Professor schlenderte zwinkernd an uns vorbei. Sanny wurde rot. Ich beobachtete, wie Mr. Wayden seine Tasche am Pult auspackte. Er trug eine dunkelgraue Wollweste und ein weißes Hemd darunter. Durch die kleinen Falten am Hemd sah man seine wohlgeformten
Arme. Seine dunklen Haare hatte er nach hinten gestrichen. Mr. Wayden sah wirklich gut aus. Kein Wunder, dass Sanny total auf ihn stand. Wäre er nicht UNSER Professor, wäre das sogar noch legal gewesen. Ich wette, Sanny würde auch auf diese Vorlesung verzichten, falls ihre Anmache bei ihm klappen würde. Heimlich schielte ich zu Sanny herüber, die Mr.Wayden mit ihren Blicken förmlich aufsaugte. Ich musste grinsen. "Hey." Jemand tippte mir auf die Schulter. Es war Harvey. In der nächsten Sekunde saß er auch schon neben mir und biss fröhlich in seinen
Apfel. "Schon eine Ahnung, wer deine Reisebegleitung sein soll?" Er versuchte uninteressiert zu klingen. "Na? Wer sollen die anderen drei aus unserer Gruppe sein? Ich überlasse dir die Entscheidung. Hauptsache nicht Harvey." Mir fielen Ryans Worte ein. "Sanny, Ryan und Kumpels von ihm.", gab ich zurück. Bei Ryan und Sanny war ich mir sicher. Das mit den Kumpels schoss
einfach aus mir heraus. Ich wollte Harveys Gefühle nicht verletzen. Harvey hörte auf in seinen Apfel zu beißen. "Achso." Den Rest der Vorlesung sprach er nicht mehr mit mir. "Mr. Wayden, ich hätte da noch eine Frage an sie." Sanny gab mir ein Zeichen, schon mal vorzugehen. Das tat ich auch. Ich schaute kurz vor dem Eingang nochmal zurück. Mr. Wayden erklärte ihr etwas anhand seines Tablets während Sanny ihren Schulmädchenblick aufsetzte. Sie stand in Bluse und Rock in der Nimm-mich-jetzt-Pose, aber das
scheint Mr. Wayden nicht mit zu kriegen. In der Cafetaria griff ich nach einer Pizza, obwohl ich keinen Hunger hatte. "Du hast im Gesicht abgenommen." Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen machte. "Scheint als wären wir Reisekumpanen." Hinter mir tauchte Felix auf. "Hat dich Ryan gefragt?" Ich setzte mich an einen leeren Tisch. Felix folgte mir. Sein Tablett war voll bepackt. Er war der muskulöse Typ. Seine Muskeln aßen wohl mit, dachte ich mir
schmunzelnd. "Ja, er hat mich gleich nach der Rede gefragt. Damien ist auch dabei." "Dann sind wir schon eine volle Gruppe. Sanny und ich sind dann wohl die einzigen Mädchen." "Reicht völlig.", gab er mir grinsend zurück. Hatte Ryan nicht mir die Entscheidung überlassen wollen? Ich hatte gestern ganz vergessen mit ihm über die Fahrt zu reden. Vor lauter Familienstress und Sex... Eine Weile später kam Sanny zu uns. Sie warf ihre blonden Haare zurück, als sie sich neben mich setzte und richtete den Blick sofort auf Felix. Dieser nickte ihr
kurz zu. "Redet ihr über die Fahrt?", fragte sie beiläufig. "Ja. Wir sind komplett.", antwortete ich. Sie nickte wissend. Ich fragte mich, ob sie sich mit Ryan darüber unterhalten hat. Ich musste daran denken, wie ich damals Sanny und Ryan andauernd miteinander gesehen habe. Es war der 2. Monat an dieser Uni. Damals stritten Ryan und ich uns oft wegen Harvey. Ryan wandte sich deswegen oft an Sanny. Ich kam damals nicht klar damit, dass er mir nicht vertraute. Es gabe eine Woche Funkstille zwischen uns. Irgendwann war Ryan wieder normal und akzeptierte meine
Freundschaft mit Harvey. Aber es ist oft so, dass Ryan sich an Sanny wendete, wenn zwischen uns Streit war. Den Rest der Pause unterhielten sich Sanny und die Jungs, die noch dazu kamen und Freunde von Felix waren. Ich hielt mich von ihrer Unterhaltung raus und starrte zur Seite in Richtung Aula. Ein Haufen Studenten, die von allen möglichen Richtungen kamen und gingen. Keiner schenkte dem anderen Beachtung, sofern er nicht mit ihm befreundet oder mit ihm bekannt war. Das machte mich irgendwie traurig. In dem Moment pfiffen einpaar Jungs drei Mädchen in High heels nach, die in
hautengen Klamotten durch die Gegend takelten. Was eine oberflächliche Welt, dachte ich mir. "... und Kim ist bestimmt auch dabei." Ich zuckte zusammen. Alle Augenpaare am Tisch waren auf mich gerichtet. Ich konnte aber nicht im Kopf abrufen, wessen Stimme das eben war. "Geht es um eine Party?" Ich riet einfach mal. Sanny grinste triumphiert. "Yes, Madame. Ian..." Sie deutete auf den blonden Typ, der ein Bein auf der Bank gestellt hat und seine Arme damit stützte. "... schmeißt morgen abend eine fette Party. Er hat sturmfrei, versteht
sich." Mit den Worten zwinkerte sie mir vielversprechend zu. Ich lächelte kurz. "Bin dabei." Felix grinste mich fröhlich an. "Heiße Frauen auf der Feier. Abgehakt." Wir mussten alle daraufhin lachen. In dem Moment schritt Ryan von der Eingangstür herein. Sofort erblickte er mich durch die Menge und lief lässig in unsere Richtung. Er hatte heute wieder ein blaues Hemd an, was seine Augen und Haare kontrastmäßig perfekt ergänzte. Ich genoss seinen Anblick. 2 Jahre, aber mir kam es wie einpaar Monate vor. Ich erinnerte mich an den ersten Moment, wo ich ihn sah. Damals waren Sanny, Ivana und ich in
Tomorrowland. Drei sechszehnjärige verzogene Gören. Single und wild. Besonders Ivana war eine, die sich ihre Kerle selbst aussuchte. Sanny war damals eher ruhig und vernünftig. Aber unsere Clique hatte was. Ivana, die wilde Rothaarige mit braunen Katzenaugen. Mittelgroß, volles Dekollete, nicht super schlank, aber dafür Kurven, für die manche Mädchen morden würden. Sanny mit ihren langen mausbraunen Haaren, die mittlerweile zu blond gefärbt wurden. Groß und schlank. Auf jeden Fall weniger Oberweite als Ivana, aber Sanny benutzte nur noch Pushup-BHs. Ob wegen der bisschen mehr Aufmerksamkeit der Männer oder ihr
noch nicht ausgereiftes Selbstbewusstsein wusste ich bis heute nicht. Ich war etwas kleiner als Sanny. Dunkelbraune Haare und Augen, die Ryan immer als 'geheimnissvoll' bezeichnete. Stolzes C-Körbchen. Das war mein kleiner Traum mit 14 Jahren, ob man es glaubt oder nicht. Natürlich weißt das niemand außer ich. Da ich Karate mache, war mein Körper ziemlich trainiert. Keine Superschlanke wie Sanny, aber auch nicht Mordskurven wie Ivana. Eine wilde Rothaarige, süße Blonde und geheimnissvolle Brünette. Kein Wunder, dass wir zusammen für Aufruhe in der Männerwelt sorgten konnten.
Zurück zu Ryan. Am zweiten Tag in Tomorrowland sah ich ihn. Er kam zu uns geschritten, da seine Freunde bei uns standen und einer von ihnen total auf Ivana stand. Ryans Blick haftete sofort an mir, als er bei uns stand. Der Rest verlief schnell. Er fragte mich nach meiner Handynummer und wir tanzen stundenlang am letzten Tag zusammen. 1 Woche später war unser erstes Date und es knisterte sofort zwischen uns. Ryan freundete sich schnell mit meinen Freunden an und auch meine Eltern mochten ihn von Anfang an. Von meinen Freunden hing er mit Sanny am meisten zusammen, da wir oft etwas zu dritt
gemacht haben. Wir hatten sogar einpaar Doppeldates, um Sanny zu verkuppeln. Vergeblich. Ihre längste Beziehung hielt einen Monat. "Hey Babe." Ryan küsste mich auf den Mund. Die Jungs begrüßten sich auf ihre typische Männerart. Felix räusperte sich und stand auf. "Mag jemand noch etwas trinken? Wir haben noch 10 Minuten." "Ja, noch ein Kaffee bitte." Ich drehte mich zu Sanny und sie zuckte die Schultern. "Ich muss heute wach bleiben." "Ne Cola, Schatz." Der Blonde schlug Felix grinsend auf den Rücken. "Klar doch, Honey, aber ohne Eiswürfel.
Ist nicht jugendfrei.", gab Felix zurück und alle mussten lachen. Die anderen zwei Jungs wollten auch Cola und Ryan murmelte: "Für mich auch eine Cola." "Das sind übrigens Chris und Nathan." Sanny sah mich an und deutete auf die zwei Jungs, die eben mitbestellt haben. Beide lächelten mich kurz an. "Ich habe sie dir vorhin vorgestellt, aber du warst im Nimmerland.", sie grinste mich an. Ich lächelte die beiden kurz zurück. "Tut mir leid. Ich muss später auch mit dir reden", sagte ich ihr und wandte mich zurück zu Ryan. "Kommst du mit zur Party morgen?", fragte ich
ihn. Er schaute mich fragend an. "Von mir ist die." Der Junge namens Ian hob kurz seine Hand und grinste Ryan an. Seufzend legte mir Ryan seinen Arm um die Schulter. "Tut mir leid. Ich fahre mit meinem Dad nach Chicago." "Wirklich?" Ich schaute ihn erstaunt an. "Ja, immerhin ist unsere Fahrt ja auch in 2 Wochen. Ich muss mehr Zeit mit meinem Dad verbringen.", erklärte er mir seufzend während Felix mit den Getränken kam. Das war das erste Mal, das Ryan mit seinem Vater nach Chicago fuhr. Dabei
war es nicht das erste Mal, dass er ihn dann einpaar Monate nicht sieht. Ryans Vater ist oft auf Geschäftsreisen und war auch schon mal 5 Monate weg. Ich beschloss ihn später nochmal darauf anzusprechen. "Keine Sorge, um deine Freundin werde ich mich kümmern." Felix stellte die Getränke auf den Tisch ab und zwinkerte mir zu. Mir war das ehrlich gesagt etwas unangenehm und ich lächelte schwach. Indirektes Flirten mit der Freundin vor den Augen ihres Freundes. Mein inneres Ich stieß einen anerkannten Pfiff heraus. "Kümmere du dich lieber darum, dass du nicht wieder mitten auf der Straße endest und die Nachbarn erschreckst.",
gab Ryan lachend zurück. Er fuhr seine Krallen also nicht heraus. Ich entspannte mich wieder. Normalerweise verteidigte Ryan sein Revier nur allzu gern. "Mandys Feier...", Ian begann sich halb tot zu lachen. "Alter, du hast die alte Frau fast zum Herzinfakt gebracht." Die restlichen Jungs stimmten lachend zu. Sanny zog leicht an meinem Ärmel und deutete, für die Jungs unauffällig, mit dem Finger in Richtung Treppe, welches zu den oberen Geschössen führte. Dort stand Mr. Wayden mit einer Studentin. Nach dem Anblick zu urteilen, schmachtete sie ihn an und es schien ihm
nicht allzu kalt zu lassen. Wenn Blicke töten könnten, wäre diese Studentin dort tot und Sanny eine Mörderin. "Keine Sorge, du hast eine ganze Stunde mit ihm allein morgen.", flüsterte ich ihr zwinkernd zu. Sie reagierte wie gedacht. Mit einem Triumphlächeln wendete sie sich wieder ihrem Kaffee zu. Mr. Wayden und Sandy. Sanny Wayden. Klang gar nicht mal so schlecht, fand ich und mein inneres Ich grinste. "Ich muss los." Ryan stand auf, warf seine leere Coladose treffend in den 2 Meter weiter weg liegenden Mülleimer und die anderen Jungs taten so, als
würden sie ihm wie Cheerleader zujubeln. Nachdem sie sich verabschiedet haben, bückte sich Ryan zu mir und gab mir einen süßen Kuss auf den Mund bevor er dann ging. Und wie süß er war. Immerhin hatte er eben Cola geschlürft. Ich leckte unauffällig meine Lippen und genoss diesen Geschmack. Aber so unauffällig ich es tun wollte: Felix ertappte mich dabei. Ich schaute verlegen zur Seite. In dem Moment takelten Mandy und ihre Mädels zu uns. Sie posierte sich stehend am Tischende und lächelte kurz in die
Runde. "Wir haben gehört, dass morgen was bei dir steigen wird, Ian.", hauchte gespielt zuckersüß in Richtung Ian. Dieser grenzte frech. "Ihr könnt kommen, Mädels. Auf der Party könnt ihr mir dann euren Dank zeigen." Daraufhin kicherten sie alle und takelten auch schon wieder weg. Sanny schoss ihre Blicke wie Giftpfeile auf deren Rücken. Ich versuchte sie abzulenken. "Was ziehst du morgen an, Sanny?" Ihr Blick normalisierte sich endlich wieder. "Keine Ahnung, ich richte mich nach
dir." "Hmmm." Ich tat so, als würde ich nachdenken. "Ein Kleid vielleicht." "Kim würde in allem gut aussehen." Das war Felix. Bevor ich etwas einwenden konnte, warf der Typ namens Chris laut in die Runde: "Morgen wird der oberhammer, es wird steigen wie ne Furie." Jungs. Nachdem wir über einige Vorstellungen von Chris von der Party lachten, verabschiedeten wir uns alle, als es klingelte. "Ich rufe dich später an." Sanny gab mir einen Backenkuss und lief mit Ian davon. Ich lief in Richtung meines Hörsaals, welches auf derselben Etage war.
Plötzlich sah ich, dass Felix hinter mir schlenderte. Ich drehte mich beim Laufen um und ging langsamer, damit er mich einholen konnte. "Bereit für Mrs. Fitch?", fragte er grinsend. Lachend warf ich meine Haare nach hinten, weil sie in dem Moment störten. "Was ist so komisch?" Er tat erstaunt. "Deine Aussprache.", kicherte ich und boxte ihm freundschaftlich in die Seite. "Hey, ich bin stolzer Halbfranzose.", gab er zurück und legte theatralisch eine Hand auf die Brust. Ich musste wieder lachen. Wir nahmen recht gute Plätze vorne und die Vorlesung begann.
Kapitel 7 - Mittags Müde lümmelte ich auf den Treppen vor dem Gebäude der Universität und summte "Secrets" von OneRepublic vor mich hin. Ungeduldig zuckte ich mein Handy heraus und schrieb Sanny. 12:45 Uhr. Möchtest du in Matrixgeschwindigkeit kommen oder warum so spät? Deine Vorlesung geht doch nur bis 12:20! Kim Mein Handy klingelte. Aber es war nicht
Sanny. "Kommst du heute zum Mittagsessen?", fragte mich meine Mutter durch das Telefon. "Nein, Sanny und ich essen unterwegs, Mum. Esst du ruhig mit Dad.", antwortete ich und spielte mit meinen offenen Haaren. "Dein Dad macht Überstunden. Ich werde wohl alleine essen." Jetzt tat meine Mum mir doch leid. "Nein, warte, dann komme ich doch mit Sanny kurz zum Essen. Du sollst nicht in Einsamkeit baden." "Meine Anwesenheit und gutes Essen reicht mir völlig, um nicht dem Selbstmitleid zu verfallen.", gab meine
Mum zurück. Ich kicherte. "Bis gleich." Wir legten auf. "Machst du auf verträumtes Mädchen auf der Treppe?" Mr. Wayden kam laufend von hinten und stoppte auf der gleichen Stunde, auf der ich saß. Ich lächelte kurz. "Nein, ich warte auf jemanden." "Ich hoffe, der lässt sich nicht allzu viel Zeit. Es sollte bald regnen.", gab er zurück. Reflexartig schrak ich hoch. "Oh Gott.", war meine Antwort. Ich schaute an mir herunter. Blaue Bluse und britischer Faltenrock mit einer hauchdünnen schwarzen Strumpfhose. Meine Schuhe
waren kurze Boots. Verdammt. Ich hörte Mr. Wayden kurz lachen und schaute hoch. Er kramte in seiner Ledertasche herum. Ein Schweigen und Herumkrammen. Als es fast schon peinlich war, dass er solange brauchte, veränderte sich sein fast verzweifeltes Gesicht zu einem, was einem kleinen Jungen gleichte, wenn er das hatte, was er wollte. Kurz danach hielt er mir einen knallgelben Regenschirm hin. Dankend nahm ich ihn an. "Knallgelb?", neckte ich ihn. Er lächelte verlegen. "Nicht von mir." Oh nein, hatte er etwa eine Freundin? Sanny würde bei dieser Nachricht
meinen Hals erwürgen. Zum Glück machte ich Karate. "Es ist von einem Freund, der es bei mir vergessen hat." Mr. Wayden schien die Mischung aus erschrocken und nachdenklich von meinem Gesicht wahrgenommen zu haben, deswegen die Erklärung. "Dann sagen Sie ihm bitte Danke von mir. Ich werde es Ihnen bei der nächsten Vorlesung zurückgeben." Ich lächelte ihn erleichtert an. Auch mein inneres Ich atmete auf. Meinem Hals wird es gut gehen. "Dann wünschen ich Ihnen noch einen schönen Tag. Vergessen Sie die Unterlagen für morgen nicht. Wohin
wollen Sie eigentlich?" Plötzlich setzte sich Mr. Wayden neben mich. Ich war etwas verwirrt, da ich nach seinem ersten Satz schon 'Tschüss' sagen wollte. "Ich glaube Italien." In meinem Kopf suchte ich nach vergangenen Gespräch von Ryan und mir zu diesem Thema ab. Ja, ich glaube, er hatte mal Italien gesagt. "Das ist eine sehr gute Wahl. Sehr interessante Geschichte hat dieses Land hinterlassen. Besonders, wenn ihr die Aufgabe mit den Göttern bekommt." "Welche Aufgabe mit den Göttern meinen Sie denn?", hakte ich nach. Er
lachte. "Das darf ich Ihnen leider nicht verraten, Kim. Noch nicht." Er nannte mich Kim. War das nicht etwas zu persönlich? "Dann frage ich nicht mehr nach. Bis morgen, Mr. Wayden." Ich schaute ihm nach. Er war etwas größer als Ryan, aber sah ihm von hinten ähnlich. 10 Meter weiter kam ein Mädchen zu ihm und sie liefen beide davon. Ich stieß einen Pfiff aus. "Tut mir Leeeeid.", brüllte Sanny von weitem und war nach 5 Sekunden bei mir. "Meine Professorin hat mich aufgehalten." Sie hielt sich eine Hand auf den Bauch. "Ich sterbe vor Hunger.
Subway?" "Nein, meine Mum. Sie muss sonst alleine essen." Wir liefen zu Sannys Auto. "Oh, ich esse nicht nur aus Mitleid mit ihr. Ihre Kochkunst ist Grund genug, alles stehen und liegen zu lassen, Kim." Ich lachte. Sannys Mutter war das Gegenteil von meiner. Eine alleinerziehende Mutter, die gerade mal die Mikrowelle bedienen kann. Es gab bei ihr oft Bestelltes oder sie gingen aus. Als wir fast schon da waren, erzählte ich ihr von Mr. Wayden. Sie hörte aufmerksam zu und hakte oft nach, aber es war ja nicht viel zu erzählen. Den Regenschirm hielt ich immernoch in der
Hand. "Götter also. Wenn wir die Aufgabe bekommen, werde ich den besten Aufsatz schreiben, den er je gelesen hat. Dann wird er mich heiraten." Wir sahen uns beide an und musste im selben Moment lachen. "Und ich werde dann Patentante, okay?" Ich hielt meine Bauch fest, da der Lachkrampf langsam schmerzlich wurde. Wir aßen schnell auf und ich zog mich schnell um. Jeans und Shirt. Ich gab Sanny den Regenschirm. "Gib du es ihm morgen." "Oh was ein Zufall. Sie waren Kims gestrige Begleitung? Ihr Mädels müsst auf das Wetter achten." Sanny äffte mit
ihrer Stimme Mr. Wayden nach. Wieder mal folgte Lachen. Sie konnte Menschen so gut nachmachen. Kapitel 8 - Wenig später „Ich brauche unbedingt ein neues Kleid für die Party morgen. Von meiner Schwester kann ich mir nichts ausleihen.“, sagte Sanny während wir in den Shoppingcenter liefen. Sie deutete zu Zara. „Kleider sind immer so eine Sache. Wir haben leider auch nicht so ganz dieselbe Figur.“ Ich schaute mich um. Heute war das Shoppingcenter zum Glück nicht so voll.
„Ja, ich bin eine Stange und du…“ Sie musterte mich nachdenklich von oben bis unten. „…bist eben trainierter als ich. Es sollte eine Frucht mit deiner Figur geben.“ Wir betraten den Laden und liefen schnurstracks in die Kleiderabteilung. „Bei Ivana würde ich sagen, sie ist eine dürre Birne.“, sagte ich nach einer Weile. Sanny lachte kurz auf. „Ich würde nicht sagen, dass es dürre Birnen gibt.“ „Doch das sind die, die nicht soviel Sonne abbekommen haben und doch reif sind.“, verteidigte ich meine Aussage.
Ich überlegte, ob ich auch etwas kaufen sollte. In dem Moment kam eine Verkäuferin zu uns geschlendert. Sie trug ein dunkelblaues enges Etuikleid und hatte ihre Haare streng nach hinten gebunden. Freundlich fragte sie: „Kann ich den beiden Damen behilflich sein?“ Sanny sah kurz vom Ständer voller Kleider auf, an dem sie gerade stand. „Ich bräuchte ein enges Partykleid, aber nicht mit viel schnick schnack.“ Sie hob ein glitzerndes kurzes Kleid mit Paletten am Ausschnitt hoch. „Das ist zum Beispiel viel zu viel.“ Die Verkäuferin nickte und lief kurz davon.
„Ich würde sagen, da Mr. Wayden nicht dort sein wird, werde ich mich mit anderen vergnügen müssen.“ Sanny klang enttäuscht. Ich grinste. „Ach komm, da sind nur die heißesten Kerle. Ian ist ein reicher Typ mit Geschmack. Sowohl bei Freunden als auch bei Frauen.“ „Ja, aber er ist auch ein Idiot.“, gab Sanny trocken zurück. „Das stimmt, aber ein heißer Idiot.“ Ich zwinkerte ihr zu. „Wie wäre es mit den beiden?“ Die Verkäuferin kam mit einem violetten Kleid mit V-Ausschnitt und einem schwarzen trägerlosen Kleid. Beide
hatten was. „Vielen Dank, ich probiere beide an.“ Wir gingen in die Anprobe. Ich zuckte mein Handy heraus, während ich auf einem Hocker auf Sanny wartete, die sich gerade umzog. Anya hatte mir gesimst. Ich habe gehört, ihr seid morgen auch dabei. Soll ich euch abholen? Anya „Anya möchte uns morgen abholen. Ist das okay?“, rief ich zu Sanny rüber. Sie machte die Klapptür der Anprobe auf und hüpfte mit dem violetten Kleid heraus. „Klar, ich möchte trinken. Anya tut es sowieso nicht.“ Sie drehte sich
demonstrativ vor mir um. Stimmt, Anya war eher der vernünftige Typ und ging eigentlich auch nicht so oft auf Partys. „Das Kleid steht dir und die Farbe erst.“, sagte ich lächelnd. Misstrauisch musterte sie sich vor dem großen Spiegel. „Ich glaube, mit dem Schwarzen würde ich mich wohler fühlen.“ Sanny konnte manchmal so wählerisch sein. „Wie du meinst. Ich würde das Violette nehmen. Du hast nichts zu kaschieren, meine Liebe.“ „Ja, doch. Meinen breiten Becken. Schau doch.“ Sie deutete auf ihren Hüftknochen, den man leicht durch das Kleid sah. Ich zuckte mit den
Schultern. Am Ende nahm sie das Schwarze. „Vielleicht noch Unterwäsche?“, fragte Sanny, als wir rausgingen. „Ja, ich glaube, ich brauche noch einen trägerlosen BH.“ Auf dem Weg zum Victoria Secret Unterwäschenshop sah ich Annette vor dem Schaufenster eines Geschäftes. Mir fiel der Anblick von ihr und Sanny ein. Und den zusammengefalteten Zettel. Ich hatte ganz vergessen, sie danach zu fragen. Später. Sanny jedoch schien Annette nicht gesehen zu haben. Sie war in ihr Handy vertieft und schaute erst auf, als wir vor der Unterwäsche standen.
Ich schnappte mir 2 BHs und den dazugehörigen Tanga während Sanny sich mit der Verkäuferin auseinandersetzte, welche BH-Größe sie hatte. Als ich bereits den roten Tanga anhatte und mir gerade den Spitzen-BH dazu anziehen wollte, stürmte Sanny wütend in meine Kabine. „Was ist los?“, fragte ich sie verdutzt. Und halbnackt. „Diese eingebildete Verkäuferin wollte mir nicht glauben, dass ich 70B als Größe habe und wollte mir die ganze Zeit 70A andrehen! Nur weil sie mit ihrer Doppel-D-Packung rumläuft.“ Sanny ließ
sich geräuschvoll auf den Hocker in der Kabine fallen. „Aber du trägst Pushups, deswegen B, Sanny.“ Ich verstand eigentlich das Problem nicht so. „Ja, das wollte ich ihr oder muss es ihr auch nicht sagen. Wenn ich sie darum bitte, mir den BH mit der entsprechenden Größe zu holen, soll sie das doch einfach tun!“, brachte sie aufgebracht hervor. Mein Handy vibrierte. Ryan schrieb mir, dass ich später zu ihm kommen soll. „Dann geh zu einer anderen Verkäuferin.“, antwortete ich ihr nach einer Weile und legte das Handy weg. „Hat sich sowieso schon erledigt.“ Sanny schaute mich erst jetzt an. Ich spürte,
wie sie mich musterte, während ich nun endlich die komplette Unterwäsche anhatte. „Du schaust verdammt heiß aus, Kim. Ich hätte so gerne deine Figur.“ Ich lächelte verlegen zu ihr. Am Ende hatte ich mir zwei Unterwäschenpaare geholt. Eins in Rot und mit Spitze besetzt und das andere im schlichten Schwarz. Wir tranken noch etwas Kaffee, bevor sie mich bei Ryan absetzte. „Möchtest du mit reinkommen?“, fragte ich sie während ich meine Tüte aus dem Kofferraum holte. „Nein, lieber nicht, Kim.“ Sie schaute geistesabwesend auf die Straße.
„Okay, vergiss die Unterlagen für morgen nicht.“, erinnerte ich sie noch daran. Ohne eine Antwort fuhr sie dann weg. Kapitel 9 - Kurz darauf „Ihr wart shoppen sehe ich.“ Ryan empfing mich mit einer Umarmung und einem langen Kuss. „Für die Party morgen?“, hakte er weiter nach und schaute in das rosa Tütchen, wo meine Unterwäsche war. Ich nickte und setzte mich auf sein Bett. Mir fiel ein, dass wir noch die Unterlagen ausfüllen müssen und ich kramte sie aus meiner Schultasche. „Und für mich kaufst du nie so heiße
Unterwäsche.“ Er hielt den roten Tanga hoch und warf ihn mir zu. „Wenn du auch auf der Party wärst…“ Kichernd fing ich den Tanga auf und zog Ryan mit aufs Bett. „Wir haben kaum über die Fahrt geredet.“ Ich hielt ihn einen Stift hin. Er ignorierte den und ließ sich mit dem Rücken auf das Bett fallen. „Du kannst alles ausfüllen. Ich unterschreibe dann.“, seufzte er. Ich legte die Sachen zur Seite und warf mich neben ihm. „Was ist los, Ryan? Ist etwas mit deinem Vater?“ Und wieder ein Seufzen. „Er ist einfach ein Arsch, Kim. Aber darüber möchte ich nicht jetzt reden.“
Daraufhin legte er sich auf mich und fing an, meine Bluse aufzuknöpfen. Ich hielt seine Hand fest. „Warum möchtest du nicht darüber reden?“ Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Das fühlte ich. Statt einer Antwort küsste er mir auf den Hals und ein wenig später lag ich nur noch in Unterwäsche da. „Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du.“ So leicht gab ich nicht auf. „Mhmm..“, war nur seine Antwort. Er warf mich auf das Kissen und zog sich selbst aus. „Jetzt… nicht… reden…“ Er küsste mich nach jedem Wort. „Ich … will… das…
erst…“ Langsam strich ich mit einer Hand seine Wangen. Die andere legte ich auf seinen Nacken und zog ihn damit näher an mich. „Na gut.“, war meine Antwort, ehe er in mich hineindrang und mich ausfüllte. „Du hast so einen schönen Körper.“, raunte er mir seufzend ins Ohr, während ich auf ihm lag. „Hat dir das schon mal jemand gesagt?“ Ich kicherte. „Du andauernd. Manchmal glaube ich, du bist nur deswegen mit mir zusammen.“ „Manchmal glaube ich das auch.“, gab er grinsend zurück. Als Antwort zog ich ihn
an den Ohren, bis er leicht aufschrie. „Aber auch, wenn es nicht für mich so ist. Die ganzen Kerle fahren auf dich ab, Kim. Körperlich.“ Und da war es wieder. Der eifersüchtige Ryan, der sein Revier stets zu verteidigen mag. Er schnaubte leicht während er an etwas dachte. Ich legte meinen Kopf seufzend auf seine Brust. „Du weißt, ich kann auf mich selber aufpassen. Ich brauche keinen Bodyguard.“ „Ich weiß doch.“ Er küsste mich auf den Kopf. „Pass morgen aber trotzdem bitte auf. Ians Freunde können es manchmal übertreiben.“ Ich dachte an Sanny. Eher müsste ich
dann auf sie aufpassen, sonst endet sie noch nackt in irgendeiner Ecke. Nach einer Weile setzte ich mich auf und holte die Unterlagen. „Stets organisiert, sogar nach dem heißesten Sex.“, murmelte Ryan seufzend und setzte sich auf. „Wenn wir nach Italien gehen, können wir die Stadt aussuchen?“, fragte ich während ich die Unterlagen durchging. Die Fragen waren typische Routine. „Ich glaube nicht, man kann sich nur das Land aussuchen. Wo und was man dann machen muss, wird erst später zugeteilt.“ Er schaute geistesabwesend aus dem Fenster. Als ich alles fertig ausgefüllt habe und
auch Ryan seins, stieg ich aus dem Bett aus und schaute mich nach seinem blauen Hemd um, dass ich eigentlich gestern auf seinem Computerstuhl gelegt habe. „Ich habe es in die Wäsche geworfen. Mach dir keine Sorgen. Meine Eltern sind heute den ganzen Tag nicht da. Du kannst herumlaufen, wie du willst. Nackt wäre mir am liebsten.“ Er zog mich wieder aufs Bett und begann mich mit Küssen zu bedecken. „Nein, das reicht jetzt.“ Ich versuchte ihn aufzuhalten. „Was ist los?“ Ryan hörte abrupt auf und sah mir direkt in die Augen. „Was los ist? Das müsste ich dich
fragen. Ich möchte mit dir reden und das Einzige, an was du denkst, ist Sex!“ Ich war jetzt sauer. „Ich habe dir gesagt, dass ich jetzt nicht reden will.“, gab er leise zurück und schaute stur auf den Boden. „Aber ich, Ryan. Du bist morgen für ein Wochenende weg und vorher will ich wissen, was genau mit deinem Vater los ist. Du bist noch nie mit ihm nach Chicago gefahren und jetzt aufeinmal?“ „Ja jetzt. Alles hat sein erstes Mal.“ Seine Stimme klang schroff. „Und alles hat seinen Grund.“, konterte ich zurück. „Ich weiß nicht, was dein Problem ist, Kim. Geh einfach!“, brachte er wütend
hervor und stand nun vom Bett auf. „Ich bin deine Freundin, Ryan. Du bist so anders in letzter Zeit.“ Ich dachte an den gestrigen Sex. Er war wilder und etwas unkontrollierter als sonst immer. Ja, etwas war anders. Ich lief ihm hinterher und umarmte ihn von hinten. Schicke mich nicht weg, dachte ich mir. Das hast du noch nie getan. „Freundin, aber keine Therapeutin. Du solltest jetzt gehen.“ Er befreite sich aus meiner Umarmung und zog sich an. Das traf mich wie der Schlag. „Ryan…“ Mehr kam nicht aus mir heraus, denn die erste Träne kullerte mir über die Wange. Ich wusste nun erst recht, dass etwas
nicht stimmte, aber ich traute mich nicht mehr nachzufragen, denn es war gerade sowieso hoffnungslos. Schweigend nahm ich meine Sachen und blieb an der Tür stehen. Ich schaute zurück. Ryan hatte sich bereits Kopfhörer aufgesetzt und packte gerade seine Trainingstasche. Er geht wieder trainieren, dachte ich mir. Das macht er außerhalb der festen Trainingszeit nur, wenn er richtig wütend war. „Bis Montag.“, sagte ich noch zu ihm, obwohl ich wusste, dass er mich durch die Musik sowieso nicht hörte und ging aus dem Zimmer heraus. Wie ein geistesabwesender Zombie lief ich nach draußen und spürte, wie leer mein Kopf
gerade war. Und wie mein Herz schmerzte. Seit der Sache mit Harvey hatte Ryan und ich uns nicht mehr gestritten. Und dieses Mal wusste ich noch nicht mal den richtigen Grund. Obwohl es zwei Stunden dauerte, lief ich zu Fuß nach Hause.
Kapitel 1 - 2 Stunden später Als ich zuhause ankam, war niemand zuhause. Mein Dad wird wohl in nächster Zeit täglich länger in der Firma bleiben, um die restlichen nötigen Stunden abzuarbeiten und sein letztes Projekt zu beenden. Danach kommt für ihn Chicago. Ich musste noch mit meinen Eltern darüber reden. Auf jeden Fall stand für mich fest, dass ich hier bleiben werde. Mir fiel ein, dass ich Sanny noch nichts über diese Sache erzählt habe. Um ehrlich zu sein, habe ich selbst vermieden, an diese Sache überhaupt zu
denken. Ich müsste mich auch entscheiden, zu wem ich ziehen werde. Mit Ryans Eltern kam ich zwar gut klar und sie mochten mich auch, aber so wie es heute war, wäre es für mich die Hölle, wenn ich noch bei ihm wohnen würde und keine andere Zuflucht hätte. Und Sanny… naja bald werden es nur noch ihre Mutter und sie sein. Ihre große Schwester Jane hatte letztes Jahr geheiratet und wohnt auch am Rand von Beverly Hills. Bei ihnen einzuziehen wäre in der Situation doch vielleicht etwas zu belastend. Mit einem verzweifelten Seufzen ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich muss meinen Kopf frei kriegen. Zum Glück
habe ich alle Prüfungen hinter mir. Nur die Fahrt stand noch an. Verdammt.. Ryan ist ja auch dabei. Ich hoffte inständig, dass wir uns bis dahin vertragen haben. Bei dem Gedanken an ihm, spürte ich sofort wieder einen Stich ins Herz. Liebe kann manchmal so ein Miststück sein. Ich stöhnte ins Kissen. Plötzlich klingelte mein Handy. „Hallo.“, sagte ich. „Kim, hey, ich bin’s Anya. Ich wollte fragen, ob wir uns morgen zusammen fertig machen für die Party.“ Ich hörte, wie neben ihr Wasser rauschte. Ein Bad würde mir jetzt auch gut tun. „Klar doch. Sanny ist um 7 Uhr bei mir. Du kannst auch um 6 Uhr kommen, falls
du bei mir Abend essen willst.“ „Klar, dann um 6 morgen bei dir. Freue mich schon.“ Wir legten auf. Manchmal war ich richtig froh, Anya als Freundin zu haben. Sie war von uns allen die bodenständigste und die mit Abstand am wenigsten mit Problemen. Wenn es eine Verlosung für die Studenten mit den meisten Problemen gab: Sanny würde an erster Stelle stehen. Ich lief in meinen eigenen Badezimmer und ließ Wasser in die Badewanne laufen. Aus dem Schrank in der Ecke nahm ich einpaar Duftkerzen heraus und das nötige Badezeug. Die Fenster schloss ich, damit es nicht so zog. In der nächsten Sekunde befreite
ich mich von den Klamotten, schmiss sie in den Wäschekorb und trat vor den Spiegel. Ich musterte mich selbst vor dem Spiegel. „Du hast so einen schönen Körper.“ Ryans Worte. Bei dem Gedanken bekam ich die Gänsehaut. Manchmal wunderte es mich, wieviele Gefühle er in mir erwecken konnte. Diese Art Macht, die er über mich hatte. „Du schaust verdammt heiß aus, Kim. Ich hätte so gerne deine Figur.“ Auch Sannys Worte hallten in meinem Kopf. Was alle immer mit meiner Figur hatten. Ja zugegeben, er war wirklich schön. Straff und kurvig. Ich dachte an die
Worte von Ryan über die anderen Kerle. Hatten die wirklich jedes Mal schmutzige Gedanken, wenn ich an ihnen vorbeilief? Ein unbehagliches Gefühl kam in mir hoch. Ich betrachtete mich genauer. Tatsächlich habe ich im Gesicht an Farbe verloren. Das hatte ich gar nicht gemerkt. Lag es vielleicht an dem Prüfungsstress vor 3 Wochen? Ohne, dass ich es wirklich gemerkt habe? Meine Wangenknochen stachen mehr als sonst hervor. Heute hatte ich keinen Bronzer oder Foundation auf, weshalb es nicht am Makeup liegen konnte. Ich trat noch näher an den Spiegel. Es war zwar komisch sich selbst so splitternackt
anzuschauen, aber ich tat es trotzdem. Ein innerer Drang war der Grund. Mein Blick wanderte nach unten. Mein Hals und die Schultern haben sich nicht verändert. Mir persönlich gefiel mir mein Hals am meisten. Er war kein Giraffenhals, aber für mich perfekt lang. Ich hatte deswegen nie irgendwelche Sorgen, wenn es um Frisuren geht oder den Kragen eines Oberteils. Und weiter glitt mein Blick. Auch meine Brüste waren die alten. Ich hoffte inständig, dass sie nicht mehr weiterwachsen. Eine Frau kann ja bis zum 21. Lebensjahr noch Veränderung an ihrem Körper sehen. Für mich wäre es einfach unnötig und außerdem müsste
ich neue BHs besorgen. Ja, ich war eben kein leidenschaftlicher Shoppingfreak. Als ich meine Hand an meinem Bauch legte, fühlte ich mich seltsam. An sich hat er sich nicht verändert, aber das Gefühl, dass ich immer hatte, wenn ich meinen Bauch berührte, war anders. Ich konnte es aber nicht beschreiben. Zum Schluß drehte ich mich noch um und fand auch am Po und Bein keine hervorstechende Veränderung. Es fühlte sich trotzdem so fremd an. Als würde dieser Körper gar nicht mir gehören. Ich schüttelte den Kopf, da ich mir selbst lächerlich vorkam und stieg in das warme Wasser. Bald müsste wieder das Karatetraining
anfangen. Bevor die Fahrt beginnt, möchte ich unbedingt fitter werden. Und mich wieder mit mir selber wohler fühlen. Ich tauchte komplett unter. Das Wasser rauschte in meinen Ohren und ich spürte den Druck. Meine Augen schloss ich. Entspanne ich, Kim, sagte ich mir selber. Plötzlich stieg in mir ein stechender Schmerz auf. Sofort tauchte ich wieder auf und musste reflexartig husten. Meine Hände krallte ich am Beckenrand. Es hörte nicht auf. Ich hustete und hustete. Genau wie gestern bei Ryan. Ich versuchte während dem Husten zu spüren, wo der Schmerz genau herkam, aber ich konnte es nicht genau sagen. Es
schoss wie eine Rakete von innen und explodierte dann. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis es wieder aufhörte. Keuchend lehnte ich mich an den Rand der Badewanne und versuchte mich zu beruhigen. Das war nicht normal. Ich musste demnächst zum Arzt. Kapitel 2 - Abends Während in meinem Zimmer laute Musik von Avicii hallte, räumte ich das Zimmer auf. Nachdem ich mit dem Schreibtisch, Fensterbank, Sofa und Bett fertig war, machte ich mich an den Kleiderschrank her. Es ist ziemlich lange her, dass ich ihn aufgeräumt habe, merkte ich und schmiss alle Klamotten auf dem Boden.
Ich beschloss, den Schrank neu zu ordnen. Als ich meinen Blick über die Kleidung schweifte, dachte ich, dass ich auch einpaar Sachen wegschmeißen sollte. Zur Kleiderspende bringen. Unten hörte ich meine Mutter und Vater hereinkommen. Ein wenig später klopfte es an der Tür. „Komm herein.“, rief ich während ich anfing die Unterwäsche in die Schubladen zu platzieren. „Schatz, wir… Oh, du räumst auf?“ Meine Mutter trat ein. Ich nickte während ich weiterordnete. Sie setzte sich auf mein Bett. „Wie war die Uni, Schatz? Wir haben
kaum geredet vorhin beim Essen.“ Ja, weil Sanny dabei war. Ich wollte das Thema Chicago vermeiden. Trotzdem sollte ich ihr morgen davon erzählen. „Nichts Neues wirklich. Alles geht nur noch um die Fahrt in 2 Wochen. Mum, warum hatten wir nochmal dieses Kleid gekauft?“ Ich hielt ein babyblaues Etuikleid hoch, das wir mal vor Monaten zusammen gekauft haben. Meine Mutter lachte. Sie strich ihre braunen Wellen glatt, lief zu mir rüber und hielt das Kleid vor mir hin. „Das war doch für das so wichtige Geschäftsessen von deinem Dad. Doch dann hatten wir Streit und du kamst trotzig in Jeans und T-shirt. Ich wollte
dir damals wirklich eine scheuern, Kim.“, war die lachende Antwort meiner Mutter. „Zieh es doch mal an. Ich würde dich gerne darin sehen.“ Grinsend nahm ich das Kleid und zog es an. „Du siehst aus wie ein babyblauer Engel, Kim. Hast du abgenommen?“ Sie zupfte an dem abstehenden Stoff vom Kleid an meiner Hüfte. „Vielleicht etwas. Letztes Mal hat es noch perfekt gepasst.“ Ich schaute meine Mutter an. Sie trug ihr welliges Haar heute offen, was sie selten machte. Doch ihre Frisur war immer perfekt gestylt. Meine Mutter war bildhübsch. Früher als ich ein kleines
Kind war, wollte ich immer genau so aussehen wie sie. Als ich den deutlichen Unterschied zwischen uns mit 12 Jahren sah, schloss ich mich eine Woche im Zimmer ein und heulte mich aus. Ziemlich lächerlich, fand ich heute, aber schließlich kam meine Mutter herein, hielt mir einen kleinen Vortrag über die wertvolle Individualität des jeden Menschen und ich beruhigte mich wieder. „Du musst mehr essen, Schatz.“ Sie setzte sich wieder auf das Bett. „Kim, wir müssen reden.“ Seufzend zog ich mich wieder um und folgte ihr. „Ich habe nochmal mit deinem Dad über Chicago geredet. Deine letzten Noten
waren klasse, das sollte auch so bleiben, deswegen solltest du wirklich an dieser Uni bleiben.“ Während sie mir das sagte, strich sie mir einpaar Strähnen aus dem Gesicht. Ich fiel ihr glücklich um ihren Hals. Gott, war ich froh, dass sie sich nochmal mit meinem Vater unterhalten hat. „Danke, Mum. Du weißt, wieviel mir das bedeutet.“ Ich spürte ihr Lächeln an meinem Hals. „Nur bleibt die Frage offen, wo du wohnen wirst.“, fuhr sie weiter fort. „Bei Sanny vielleicht. Doch ich habe ihr noch nicht davon erzählt.“ Seufzend nahm ich die Arme von meiner Mutter. „Hast du schon mal daran gedacht,
alleine zu wohnen? Die Villa verkaufen wir dann und du suchst dir eine Wohnung in der Stadt. Dann bist du näher an der Uni. Und auch deinem Ryan.“ Sie zwinkerte mir zu. Ryan… Wenn du gerade wüsstest, Mutter. Mein inneres Ich seufzte. „Vielleicht. Können wir beim Brunch am Samstag nochmal darüber reden? Ich bin morgen auf einer Hausparty.“ Meine Mutter nickte. „Übertreib es aber nicht. Montag ist wieder Karatetraining und du musst fit sein.“ Sie küsste mich auf dem Kopf und verließ das Zimmer. Ich machte mich wieder an den Kleiderschrank und es dauerte 3 Stunden bis alles tip top neu geordnet war. 10
lose Teile lagen auf dem Boden und ich packte sie in eine Tüte.
Nach langem Überlegen beschloss ich Ryan anzurufen. Es klingelte drei Mal, dann vier und auch beim siebten Mal nahm er nicht ab.
Vielleicht trainierte er noch. Aber dann würde er auch Musik dabei hören und diese war auf seinem Handy. Ich schaute auf die Uhr an der Wand. 9 Uhr.
Im Bad wusch ich mir noch das Gesicht, putzte meine Zähne und legte mich schließlich hin. Es dauerte nicht lange bis ich in die Welt der Träume gelang.