Fantasy & Horror
Midnight Silver - Kapitel 6-7

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"Midnight Silver - Kapitel 6-7"
Veröffentlicht am 03. April 2014, 34 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Midnight Silver - Kapitel 6-7

Midnight Silver - Kapitel 6-7

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Fünf Jahre später.



Milo... Die Stimme war leise, fast ein Flüstern. Milo... Sie wurde lauter. Sie war in seinem Kopf, und doch war sie da.

Milo! Er hörte den Schrei von weit her, es zeriss ihn beinahe. Und dann sah er sie. Das kleine Mädchen, welches sich verzweifelt an einen großen Schatten klammerte, mit Tränen in den Augen.

Er konnte sie fühlen, er spürte ihre Furcht, ihren Schmerz.

Er stand auf einer großen Wiese, welche vom weißen Schnee zugedeckt war,

umgeben mit den Wäldern und eingeschlossen von den vertrauten Bergen, die ihm früher immer so viel Sicherheit gegeben hatten, ihn nun aber wie einen Käfig einkesselten. Es gab kein Entkommen, kein Entrinnen. Es war so kalt und erdrückend. Es barg den Tod.

Er bemerkte die Gestalten ohne Gesichter, welche sich um ihn rangen und ihn von dem Mädchen fortdrängten. Etwas spitzes drückte gegen seinen Hals und aufeinmal wurde das Bild unschärfer.

Sie schrie... Aber nicht aus Angst um sich selbst. Ihr Schrei galt ihm, das spürte er. Und er wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde, sie zu retten.

Sie würde es nicht schaffen, würde versagen.

Und dann hörte er sich selbst, wie aus einem anderen Raum schreien. Er spürte, wie seine Lunge schmerzte als sie krampfhaft nach Luft verlangte.

Er wusste, sie würde sterben, seinetwegen. Er wollte nicht mehr leben, wenn sie es nicht konnte. Was sollte er nur tun? Er verriet sie, er ließ sie im Stich, das durfte nicht sein...


Mit einem Ruck richtete sich Milo auf.

Sein Körper war schweißnass, sein Hemd klebte an der nackten Brust. Sein schwerer Atem war das Einzige, was der nahe Morgen hörte. Der Rest des Hauses

war still.

Neben ihm saß ein kleines Mädchen und sah ihn mit großen Augen an. Es war das Mädchen aus dem Traum.

Er spürte eine feine Berührung in seinen Gedanken, fast so, als würde jemand beruhigend über sein Haar streichen.

Wieder der Albtraum?

Milo atmete tief durch und wischte sich mit den Händen die Haare aus dem Gesicht. Es war beruhigend, diese Stimme in seinen Gedanken zu hören, wie immer. Jedes normale Wesen hätte ihn wohl für verrückt oder vollkommen durchgeknallt erklärt. Ein Mädchen, welches in seinem ganzen Leben noch nicht ein Wort gesprochen hatte, redete

mit ihm in Gedanken.

"Ja.", sagte er dann.

Das Mädchen nickte. Ich auch.

Er nahm ihre Hand und drückte sie kurz.

"Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht. Ich verspreche es."

Sie lächelte. Ich weiß.

"Wie spät ist es?", fragte er und stand auf. Noch nicht zu spät, sagte sie. Vater ist schon auf und Kelan ist Wasser holen.

"Warum haben sie micht nicht geweckt?"

"Vermutlich weil wir deinen Schönheitsschlaf nicht stören wollten. Den hast du nämlich wirklich nötig!" Kelans gehässiges Kommentar war nur eines der Vielen, die Milo am Tage ertragen musste.

Er hielt Milo für verrückt, weil er mit sich selbst redete.

Dann wandte sich Kelan an das Mädchen.

"Vater sagt, du sollst das Essen vorbereiten."

Sie verließ den Raum, ohne ein Wort zu verlieren, denn das tat sie nie.

Als sie gegangen war, stellte Kelan den Eimer ab, den er vom Fluss gefüllt mitgebracht hatte.

Milo wusste, er hatte wieder etwas zu sagen, doch seine Nerven waren nicht in der Stimmung, sich wieder mit einer hitzigen Diskussion seines Bruders auseinanderzusetzen.

"Und, was erzählt Aya so?", fragte er beiläufig, während er sich scheinbar

hoch konzentriert den Dreck unter den Fingernägeln entfernte.

Milo antwortete nicht.

"Ach, komm schon! Ich will dich doch nicht ärgern, ganz im Gegenteil. Ich möchte dich verstehen!" Er grinste ihn verächtlich an.

"Ich will verstehen, was in deinem kranken Kopf vorgeht!" Hätte er es wirklich gesagt, hätte Milo es besser glauben können. Aber er sagte es nicht.

Stattdessen sagte Milo: "Oh, ich glaube da gibt es rein garnichts, was du verstehen könntest."

Kelan gab ein hustendes Geräusch von sich. Er sah seinem Bruder zu, wie dieser seine Schuhe schnürte und ihn

bedacht keines Blickes würdigte.

Er kniff die Augen zusammen.

"Aber es ist so. Ich meine, mal ganz im Ernst, fühlst du dich, nur weil du dir einbildest, das ein stummes Mädchen, das mit niemandem sonst redet als mit dir, als etwas besseres?"

"Wie kommst du denn darauf?", fragte Milo nüchtern. "Manchmal gibt man mir sogar das Gefühl, ich sei ein totaler Freak, kann man sich das vorstellen?"

Kelan lachte leise. "Weißt du, eigentlich nicht, aber seit du mich mit deinem Gekreische beinahe jede Nacht um meinen teuren Schlaf bringst, kann ich diese treulosen Seelen um einiges besser verstehen, die dir die Verstandlosigkeit

unterstellen..."

"Oh ja, so kann man sie wohl nennen. Treulose Seelen." Milo verdrehte die Augen. Es schien Kelan nicht weiter zu berühren, dass er ganz offentsichtlich ihn mit dieser Bezeichnung gemeint hatte. "Und das mit dem Schönheitsschlaf kann ich getrost zurückgeben."

"Also ich bin mir sicher, dass ich immernoch besser aussehe als du, Bruder. Du siehst aus wie eine abgehungerte Leiche!"

"Dann brauchst du dir ja keine Sorgen darum zu machen, dass ich dir die Mädchen wegschnappe.", sagte Milo. Zumindest solange du nicht unter

quälenden Alpträumen leidest., setzte er in Gedanken hinzu.

"Oh, das war noch nie Teil meines Besorgnisplans, glaub mir."

Milo richtete sich auf. "Dann ist es ja gut." Er ging in Richtung Küche, nahm auf dem Weg den Eimer und wuchtete ihn auf die Schulter. Er hat Recht. dachte er. Seit er diese Träume hatte, verlor er stetig Gewicht, es fraß ihn förmlich auf. Er spürte den Eimer stärker als sonst.

Doch er ließ sich nichts anmerken und steuerte das Ende des Raumes an, weg von Kelan und seinen dummen Sprüchen. Das ging so, seit der Älteste damals die Prophezeiung verraten hatte.

Zunächst hatte Kelan ihn ignoriert, dann regnete es niederschmetternde Bosheiten, er schien ihn auf einmal zu hassen. Mehr als sonst. Doch daran hatte sich Milo gewöhnt. Schutz suchen konnte er auch bei seinem Vater nicht mehr. Seit Badrio und die anderen Wölfe sie verlassen hatten und sich nie mehr blicken ließen, war er immer mehr in sich selbst versunken und seit Mutters Tot war er kaum noch Herr seiner Sinne.

Stundenlang saß er in der Ecke und sagte kein Wort. Aya kannte ihren Vater kaum. Sie musste darunter leiden, dass sie anders war und dass ihre Geburt ihr und ihren Brüdern die Mutter nahm, und ihrem Vater die Frau.

"Warum ist sie so?" Kelans Stimme hielt Milo noch einmal auf. "Wieso ist sie so, wie sie ist?"

"Jeder ist einfach so, wie man ist. Ich bin wie ich und du bist wie du bist - ein Arsch halt."

"Sehr witzig.", sagte Kelan. "Aber wirklich. Warum wächst sie so schnell? Warum spricht sie nicht? Wenn sie wirklich das Kind aus der Prophezeiung ist, dann ist sie viel zu schwach, um uns zu retten!" "Hast du nicht zugehört?", fragte Milo entnervt. "Es liegt an uns, sie dorthin zu bringen, wo sie es alleine nicht hinschafft. Folglich ist es unsere Kraft, die sie stark macht."

"Also wenn deine Kraft sie stärken soll,

dann hat sie ungefähr die Kraft einer Ameise..." "Ameisen können das fünfzigfache ihres eigenen Körpergewichts tragen, das müsstest du bedenken." Milo setzte sich wieder in Bewegung. Und diesmal hielt Kelan ihn nicht auf.


Die Tage zogen sich dahin, ein Moment war wie der andere. Seit fünf Jahren hatte er mit niemand anderem reden können, als mit seinem Vater, Kelan und Aya. Als seine Mutter damals erfahren hatte, dass sie ein weiteres Kind bekommen würde, waren alle überzeugt, es halndele sich um das Kind aus der Prophezeiung. Und Milo war sicher, dass

es so war. Als seine Mutter dann bei der Geburt verstarb, verlor Crole entgültig den Verstand. Der weise, starke, klarsichtige Alpha, den man bewunderte und beneidete um das was er hatte und das was er war, war nun nicht mehr als ein gebrochener alter Mann, der das ihm Liebste auf der Welt verloren hatte. Nichtmal das kleine Mädchen, was geboren wurde, konnte ihn zurückbringen. Im Gegenteil. Er machte Aya dafür verantwortlich, dass seine Frau sterben musste. Er sah sie nicht an.

"Die Götter schenken ihm ein Leben, doch ein Leben müssen sie nehmen."

Seine Mutter hatte das gewusst, da war sich Milo sicher. Doch sie hatte sich nie

etwas anmerken lassen.

Sie nannten die Kleine nach ihrer Mutter, Ayala. Sie sollte ihre Stärke und ihre Güte bekommen. Doch so gütig Aya auch war, sie war schwach. Ein dünnes Wesen, wurde oft krank und konnte kaum einen Dolch halten. Nur ihr volles silbernes Haar und die strahlenden silbrig schimmernden Augen ließen erkennen, dass an ihr ein besonderer Zauber hing. Sie faszinierte jeden, der in ihrer Umgebung war. Jeder wollte sie beschützen und behüten. Doch das war nicht das Einzige. Vor fünf Jahren wurde sie geboren, fünf Jahre war sie alt. Aber sie wuchs doppelt so schnell, wie es sein sollte. Milo beruhigte sich ständig

damit, dass es der Wille der Geister war, dass es so sein sollte, dass sie sich keine Sorgen machen mussten. Aber alles an diesem Kind war anders. Anfangs hatte Milo furchtbare Angst, er würde wie sein Vater den Verstand verlieren, als Aya das erste Mal mit ihm sprach. Es war wie eine zärtliche Berührung in seinen Gedanken, eine zaghafte Bekanntmachung seines Geistes. Doch es war real. Er konnte mit ihr in Kontakt treten, wann immer er wollte, ob sie nebeneinander in der Küche standen, oder ob er im Wald war und sie daheim. Das verband sie stärker als jeder Schwur. Und es machte Kelan neidisch. Noch viel neidischer als er

ohnehin schon war, auf Gott weiß was. Milo verstand seinen Bruder nicht mehr. Sie hatten sich vollkommen entfremdet. Und mit jedem Tag der verstrich, fürchete er mehr und mehr, dass es genau das war, wovor die Geister sie warnen wollten.



Manchmal hatte er das Gefühl, alles was er tat wäre zwecklos und führte nur weiter ins Dunkel. Und je länger er über alles nachzudenken versuchte, desto verworrender schien ihm alles. Er wollte raus aus diesem Loch, diesem Tal, welches einmal seine Heimat gewesen war und ihm heute wie ein Gefängnis

schien. Er wollte mit Aya zu Badrio, sich seinem Rudel anschließen, durch die Lande ziehen, fremde Wölfe sehen und neue Luft atmen. Hier gab es einen geregelten Ablauf, jeden Tag dasselbe. Jeden Tag der gleiche Wald, das gleiche Haus, die gleichen niedergeschlagenen Gesichter. Das war ziemlich deprimirend. Früher hatten sie mit Mutter noch die Geburtstage gefeiert, es gab Geschenke und großartige Feiern. Doch nachdem sie nicht mehr lebte, wollte sein Vater nichts mehr beibehalten, was ihn ihrgendwie an sie erinnerte. Die Tage verschwommen in einander, Milo wusste nichteinmal genau welcher Monat es war. Er hatte Badrio

seit fünf Jahren nicht mehr gesehen, er hatte Aya noch nie gesehen, wusste vermutlich noch garnicht, dass sie überhaupt existierte. Milo fühlte sich im Stich gelassen und hintergangen. Aber irgendwann würde er zu ihm gehen und sich seinem Rudel anschließen. Er würde Aya mitnehmen und nie wieder zurückkehren. Und mit einem kleinen Schrecken bemerkte Milo, dass er die Gleichgültigkeit, die er seit kurzem in Bezug auf die Prophezeiung und seine Aufgabe verspürte, einfach so hinnahm.


7

Nachdenklich verließ Milo das Haus seines Vaters. Er wusste nicht mehr, was er denken oder tun sollte. Seine Gefühle verwirrten ihn und die ganze einsame Zeit auch noch Kelan an der Backe zu haben, der ihn ständig mit seinen einfallsreichen Sprüchen bombardierte, war ein weiterer Grund, warum er sich nichts sehnlicher wünschte als von hier fortzugehen.

Und doch konnte er seinen Vater nicht im Stich lassen. Er konnte ihm nicht einfach den Rücken zuwenden, so wie es Badrio getan hatte. Er verurteilte ihn nicht dafür. Hätte Milo den Mut gehabt,

hätte er es vielleicht genauso getan. Damals hätte er es tun sollen. Heute war es zu spät. Sein Vater war zu gebrochen, zu hilflos und hoffnungslos, als dass er es über sich bringen könnte, ihn zu verlassen.

Angespannt stapfte Milo durch das weiße Bett aus eiskaltem Schnee, welches den kargen Waldboden bedeckte. Gestern hatte es angefangen zu schneien. Ein weiterer Grund, warum Milo keine Ruhe mehr fand. Nicht nur, weil er diese weißen Flächen seit seiner Albträume fürchtete, sondern auch weil er spürte, dass etwas schlimmes passieren würde.

Heute war er dran, etwas zu erbeuten um

die Familie zu ernähren. Jede Woche wechselten sich die Brüder ab, heute begann Milos Woche. Er war ein ganz passabler Jäger, besser als früher zumindest. Doch wie früher tötete er ausschließlich, um selbst am Leben zu bleiben. Es war jedes Mal aufs neue eine Qual, er war kein geborener Jäger, so wie Kelan. Und jedes Mal aufs neue, wenn ihm diese Aufgabe zugeteilt wurde, ließ er Aya nur sehr ungern zurück. Zwar waren sie in Gedanken untrennbar verbunden, doch konnte er sie nicht beschützen. Sie war zu schwach und zu sensibel, um draußen in den Wäldern ein Tier zu töten. Sie war weniger Werwolf als er.

Milo konnte jedes ihrer Gefühle und jeden Gedanken der in ihr lebde spüren. Es war, als seinen sie eine Person. Als sei eine Seele in zwei Hälften geteilt und in zwei verschiedene Körper gesperrt worden. Ein Gedankenblitz zuckte in Milos Kopf auf. Aya stand in der Küche. Sie wusch das Geschirr ab und sortierte die sauberen Teller sorgfältig in den Schrank ein. Milo lächelte. Sie war immer so strebsam, so gutmütig und hilfsbereit. Obgleich sie ebenso müde und geschafft war, wie er. Denn sie teilten nicht nur am Tage ihre Gefühle, sondern auch in der Nacht. Und jedes Mal, wenn Milo vor einem Albtraum erzitterte, so tat es auch Aya.

Manchmal sandten sie sich solche Bilder wie eben und manchmal passierte es unbewusst.

Er musste sich beeilen - wenn er nicht rechzeitig mit etwas essbarem heimkehrte, würde diese Aufgabe Kelan zugeteilt werden und die Jagd war nunmal die einzige Gelegenheit, aus dem gewohntgehassten Umfeld zu entkommen. Er blickte sich um. Die Sonne blickte durch die Zweige der vereisten Bäume und ließ wenigstens einen kleinen Teil der Kälte dahin schmelzen. Er beobachtete, wie die wärmenden Strahlen das Wasser in Dampf auflößten und dieser, leicht wie eine Feder, zum Himmel emporstieg.

Hier war heute noch kein Tier entlang gegangen, der Schnee lag noch unberührt vor seinen Füßen. Doch das war unmöglich. Normalerweise huschten viele kleine und große Tiere durch das Unterholz und nutzten die ersten, wärmenden Strahlen der Sonne. Aber heute war alles still. Kein Vogel beklagte das Verschwinden des Sommers. Kein Reh und kein Hase suchte zwischen den Wurzeln der großen Bäume nach saftigem Moos. Milo runzelte die Stirn und eine dunkle Vorahnung lief ihm wie ein Schauer über den Rücken. Was, wenn der Traum ihm etwas sagen wollte? Wenn es eine Warnung war? Sein Herz fing mit einem

Mal an zu rasen und in seinen Gedankensuchte er verzweifelt nach Ayas Geist. Doch alles war still. Eine eiskalte Stille, so weiß und leer wie die unberührten Felder der weißen Steppe auf dem Waldboden. Er wirbelte herum, jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an, als er nach vorne hechtete und zurück nach hause lief. Zurück zu Aya.

Und dann roch er es. Der schwere, stinkende Geruch eines Wesens, welches Milo nie zuvor wahrgenommen hatte. Abrupt blieb er stehen, wagte nicht, sich umzusehen, wollte nicht sehen, was dort, einige hundert Meter hinter ihm neben einer mächtigen Eiche stand. Wie lange stand es schon da? Warum hatte er

es nicht bemerkt? Wie hatte es ihn gefunden? Er wusste was es war, doch er wollte es nicht wahrhaben. Sollten die Ängste seines Vaters, das Dorf zu verlassen, ihr aller Untergang besiegelt haben? Jetzt hatten sie sie gefunden und für eine Flucht war es längst zu spät...

Milos Atem ging stoßweise als er sich mit weit aufgerissenen Augen umsah. Dort, neben dieser großen Eiche stand es. Kein Wolf wie er es war, kein Feenwesen wie es sie in den Sümpfen der Seelen gab, keine Kreatur der Nacht, die einst in den Bergen von Greker lebten. Kein Wesen, was er kannte und doch mit einem Gesicht wie das seine.

Angst durchfuhr ihn, als der Mann, der

ihn mit ausdruckslosen Augen anstarrte, etwas hinter seinem Rücken hervorzog.

Milo zitterte. Alles wurde auf einmal so still um ihn herum. Alles schien in Zeitlupe zu geschehen und doch war er gelähmt von seiner eigenen Furcht. Er hatte angst. Doch keine Angst um sich selbst. Seine Lungen füllten sich mit Luft und genau wie die Worte, die nun in seinen Gedanken wiederhallten, schrie er nach ihrem Namen. Und dann hörte er einen Klicken, zu schnell ging alles um sich zu wehren, ein kleiner Schmerz im Hals. Milo wich entsetzt rückwerts und fasste sich an die Stelle, in der ein kleiner Stachel steckte und zog ihn heraus. Er keuchte und taumelte

rückwerts. Alles verschwamm vor seinen Augen. Er starrte auf den kleinen Pfeil in seiner Hand. Warum hatten sie ihn nicht getötet? Wollten sie etwa...? Er rappelte sich auf und sah, wie der Fremde langsam auf ihn zukam. Er würde ihn töten. Aber noch nicht jetzt. Sie wollten seine Familie finden. Daray ging einen Schritt zurück. Er durfte sie nicht verraten. Er zog den Dolch aus seinem Gürtel, den Badrio ihm damals geschenkt hatte, kurz bevor er den Clan verlassen hatte.

Alles drehte sich und Daray versuchte sich an einem der mächtigen Stämme abzustützen, doch er strauchelte, als er noch einen Schritt rückwerts machte.

"Mach dich nicht lächerlich!", sagte der Fremde mit angewiederter Stimme. "Dreckiger Köter."

Und dann hörte er ihre Stimme. Milo... Die Stimme war leise, fast ein Flüstern. Milo... Sie wurde lauter. Sie war in seinem Kopf, und doch war sie da. Milo! Er hörte den Schrei von weit her, es zeriss ihn beinahe. Es war das letzte was er hörte, bevor er endgültig zu boden sank und die Schwärze ihn verschluckte. Es war ihre Rufen, ihr Flehen wie das aus seinen Träumen. Er verriet sie, ließ sie im Stich, genauso wie im Traum. Aya... Er wusste, sie sah seine Lage, spürte seine Angst und fühlte seine Pein. Und sie wusste

genauso wie er, dass nun der Tag gekommen war, der über ihr aller Schiksal entscheiden sollte. Und beide wussten, dass sie nicht bereit waren.

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Lanni97

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