Fantasy & Horror
Sydiana - die Rache der Götter - Kapitel 1

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"Sydiana - die Rache der Götter - Kapitel 1 "
Veröffentlicht am 20. März 2014, 22 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Ich heiße Jannika, und ich lebe für die Geschichten. Eines Tages kann ich vielleicht von ihnen leben. Bis dahin lese ich jedes Buch, was mir in die Finger kommt :)
Sydiana - die Rache der Götter - Kapitel 1

Sydiana - die Rache der Götter - Kapitel 1

Kapitel 1

Wie ein großer, lodernder Feuerball ging die Sonne unter und badete die Wolken in Glühstaub. Dann, als ihr Licht erstarb und die Welt ohne ihre Flammen zu frieren begann, erreichte der Wagentross die Berge von Dondarah. Der Weg wurde steiniger und holpriger, und im kalten Licht der Sterne trieben die Männer die müden Zugpferde einem ungewissen Schicksal entgegen. Sydiana lag im Bett, die Augen halb geschlossen, doch sie konnte nicht schlafen. Und nicht nur, weil jeder Schlag in der Straße sie wild

durchschüttelte. Noch nie war sie so fern von Aesyr gewesen, und ihr wäre es lieber, sie hätte den Palast niemals verlassen. Welch schreckliche Grauen die Welt dort draußen bereit hielt! Erinnerungen schwebten wie Geister um sie herum, spukten in ihrem Kopf und wichen ihr nicht von der Seite, allen voran das Gesicht des kleinen Mädchens. So voller Angst und Ehrfurcht, die Wangen unter dem Schmutz ungesund gerötet. Ihr gequälter, keuchender Atem. Allein vor dieser verwahrlosten, wuchernden Menschenmenge, aufgewachsen zwischen Fieber und Tod. Dass ein Kind so etwas erdulden musste!

Voller Scham war sie sich dessen bewusst, dass seit der Stunde ihrer Geburt drei Hofheiler über sie wachten, und ihre Gebräue, die sie oft nur widerwillig hinuntergeschluckt hatte, vermutlich mehr wert waren als alles, was dieses arme Ding je besessen hatte. Es war falsch. Es ließ die ganze Welt schlecht aussehen. Sie hoffte, dass mit ihrem Geschenk sich etwas ändern würde. Es war eine der Ketten gewesen, die ihr vor ihrer Abreise von ihrer Mutter gebracht worden war, doch sie fühlte, dass es richtig gewesen war, sie weiterzureichen. Es linderte ihre eigene Angst vor der Aufgabe, die ihr

noch bevorstand. Sie zitterte unwillkürlich, und wickelte sich noch tiefer in ihre Decke. Sie hatte immer gewusst, dass einst der Tag kommen würde, an dem sie die schattigen Hallen und flüsternden Gärten ihrer Heimat verlassen würde. Doch es war so plötzlich geschehen, in der Heimlichkeit der Nacht, ganz anders als alles, was sie sich je vorgestellt hatte. 


Wenn sie in die Zukunft blickte, hatte sie immer Pferdehufen auf den Straßen gesehen und singende Menschenmengen, die ihr Glück wünschten. Blumen, die auf sie herabregneten, und ein Kleid aus

Seide und Schwanenfedern. 


Nichts von alledem war geschehen, stattdessen lag sie jetzt hier, eingesperrt in dem ratternden Wagen, begleitet nur von den Erinnerungen an jene, die sie zurückgelassen hatte. Sie waren alle so weit fort, und doch so schrecklich nah, dass sie jedes Haar und jede Träne deutlicher sah als ihre eigene Hand. Fariqah. Ihre Sklavin mit der dunklen Haut und der schönen Stimme, die für sie Leckereien aus der Küche stibitzt hatte. Sie hatte sie angelächelt, als sie sie geweckt hatte. „Euer Morgen graut, Herrin. Der Kaiser hat befohlen, dass ihr

heute Nacht noch nach Tell Donai aufbrecht, wo euch der Shakir erwartet. Ist das nicht aufregend? Ihr werdet heiraten!“. 


Sie hatte sich alle Mühe gegeben, doch Sydiana hatte die Bitterkeit gesehen, die ihre Mundwinkel umspielte. Sie spürte Hoffnungslosigkeit in sich, denn sie hatte erwartet, dass es noch Ewigkeiten dauern würde, bis sie in den Augen der Welt zur Frau herangereift war. Ihre Mutter hatte ihr die Zeichen genannt, auf die sie achten sollte, und es war noch nichts davon eingetreten. 


Sie hatte furchtbare Angst, doch wer

war sie, sich den Befehlen des Kaisers zu widersetzen? „Fariqah“, hatte sie leise gemurmelt. „Werde ich euch wohl jemals wiedersehen?“. Und die Sklavin hatte den Kopf geschüttelt, resigniert, bewusst von ihr abgewandt, damit sie nicht sehen konnte, dass sie weinte. Dieser Abschied war für immer. Mutter. Sie sah ihr blasses Gesicht vor sich, geziert von leichten Sorgenfalten, aber immer noch so schön, das der Abendstern vor Neid erblasste. Ihre warmen Hände schlossen sich um ihre, und in ihren großen, schwarzen Augen schillerte Kummer.


Ihre Lippen bewegten sich, als wollte sie etwas sagen. Früher hatte ihre Mutter viel und gerne von dem Shakir gesprochen, den ihre Tochter einst heiraten sollte, einen Mann vom höchsten Stand, dem die Hälfte der Armeen in Valym gehorchten. Ihre offenkundige Trauer hatte sie verwirrt. „Was ist es?“, hatte sie leise gefragt. „Freut ihr euch nicht?“. 


Doch ihre Mutter sprach nicht, sondern hielt sie mit ihren schlanken Fingern fest, als wollte sie sie nie mehr loslassen. Ihre langen Wimpern waren nass von Tränen. Wortlos drückten ihr warme Lippen einen Kuss auf die Stirn.

Dann war sie verschwunden. Kaidan. Ihr Halbbruder war aus den Schatten getreten, ein Mann mit juwelenbesetzten Brauen, funkelnden Augen und kostbaren Gewändern, die bei jedem Schritt klirrten. Sie hatte ihn bis zu jenem Tag nur aus dem Augenwinkel zu Gesicht bekommen, doch wie jeder Bewohner von Aesyr kannte sie seinen Namen. 


Kaidan war der Erste unter vielen, der Auserwählte, der Kronprinz von Valym. Neben ihm stand ein jüngerer Mann mit glänzendem schwarzen Bart, den sie sehr wohl kannte. Selim war ihr leiblicher

Bruder – und ein schrecklicher Mensch. Er war laut, boshaft und sprach zu oft den kaiserlichen Weinen zu. Einmal hatte er eine Sklavin so heftig getreten, dass es ihr das Rückgrat gebrochen hatte. Sie hatte nicht gewusst, was Selim hier tat, aber seine Anwesenheit hatte sie zutiefst beunruhigt. „Hoheit“, hatte sie mit zittriger Stimme gesagt und sich tief verbeugt. „Selim“. Ein Nicken ihres Kopfes, widerwillig, aber gehorsam. „Was führt euch zu mir?“. Kaidan's Augen waren mit Gold tuschiert, sein Blick bohrend wie der eines Raubvogels. Mit seinem beschlagenen Gürtel und den glitzernden

Bestickungen auf seinem Zeremonialgewand wirkte er Ehrfurcht gebietend – und völlig fehl am Platz. 


„Sydiana. Geweihte Tochter. Wir begleiten euch auf eurer Reise“. Er redete kurz und knapp, als würden ihm die Worte schwerfallen, doch aus seinen Zügen sprach eine solche Autorität, dass Sydiana instinktiv wusste, dass er niemals viele Worte gebraucht hatte, um zu erreichen, was er wollte. Selim funkelte sie wütend an, als wäre es ihre Schuld, dass der Mond noch hoch am Himmel stand und sie aus dem Bett geholt worden war. „Komm mit,

Schwester. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir müssen sofort aufbrechen“. „Aber warum...“, begann sie. Selim streckte die Hand aus, um ihr Handgelenk zu packen, doch Kaidan hielt seinen Arm fest. 


„Nicht berühren“, sagte er. „Sie ist den Göttern geweiht“. Für einen Moment hatte sie geglaubt, Selim würde den Thronerben schlagen, doch die Hand zuckte zurück. Bemüht gleichgültig hatte ihr Bruder mit den Achseln gezuckt. „Gut. Schafft ihr sie in die Kutsche“. Sie erinnerte sich nur allzu gut, wie das Mondlicht die Gärten gefallen war, die

sprudelnden Quellen versilbert und den Pflanzen einen überirdischen Schimmer verliehen hatte. In diese verzauberte Welt war sie getreten, in dem vollen Wissen, dass sie nie wieder mit den nackten Füßen durch das weiche Gras laufen würde. 


Sie folgte Kaidan's raschem Schritt, ihr Herz voller Bedauern. Selim war vorausgeeilt, um die Vorbereitungen der Wagen zu überprüfen. Sie fühlte sich wie eins der Fohlen, die ihre Brüder auf dem Markt ersteigert hatten. Frisch von ihrer Herde getrennt, rannten die Tiere rastlos im Kreis, tänzelten auf der Stelle und schrien in ihren schrillen Stimmen nach

denen, die sie verloren hatten. Sie fühlte sich verloren, aus ihrer Welt gezerrt, und sie wusste nicht einmal, warum. Die Fragen brannten ihr in der Kehle, doch es war ungebührlich für eine Frau, Antworten zu verlangen. Selim würde sie schlagen... aber Selim war nicht da. „Kaidan“, sprach sie ihn an, bevor ihr Mut sie verließ, „Warum verlangt der Shakir jetzt nach mir? Das ist alles so unerwartet. Ich bin noch nicht im Jahr meiner Blüte, es muss ein Irrtum sein! Und warum stehlen wir uns fort wie Diebe?“. Das Mondlicht malte tiefe Schatten auf

das Gesicht ihres zukünftigem Herrschers, und der Blick unter den hohen Brauen war ernst und mahnend. „Wir sind keine Diebe. Ich bin der Sohn der Sonne. Ihr seid Sydiana, von meinem Blut. Die Nacht beschützt uns vor neugierigen Augen“. Er schaute sie bedeutungsvoll an. „Vergesst nicht, wer ihr seid. Ihr seid eine Frau, und Gehorsam und Schweigen sind eure Tugenden“. 


Sie hatte sich mehr erhofft, doch es war töricht gewesen, so mit ihm zu sprechen. Kaidan war nicht ihr Freund. Kaidan war ein Mann, und er würde ihr niemals etwas wichtiges anvertrauen. Sie neigte

den Kopf leicht zum Zeichen, dass sie verstanden hatte. Ihre Augen wanderten den Palast entlang, durch die Gärten zu den kleinen, zierlichen Häusern, vor denen duftende Fackeln brannten. Irgendwo dort schaute vielleicht Mutter aus dem Fenster, die dunklen Augen zum Sternenhimmel gerichtet. 


"Wie lange wusstest du, dass sie mich holen werden? Hat der Shakir mit dem Krieg gedroht, braucht Vater mich zur Verhandlung mit den Elesir? Wirst du an mich denken, wenn ich seine Hand ergreife? Wirst du andere Töchter haben,

mit denen du lachen kannst?". 


Sie musste sich auf die zitternden Lippen beißen, damit die Tränen ihr nicht über das Gesicht liefen. Sie fühlte sich, als hätte ihr jemand einen Pfeil in die Seite geschossen, der jetzt langsam und brennend aus ihrem Leib gezogen wurde. Auf all diese Fragen würde sie niemals eine Antwort finden, sie waren verweht mit der Nachtbrise, verschmolzen mit der tiefen Stille des leblosen Gemäuers. 


Ihr Blick glitt hoch zu den stolzen Türmen, wo Fariqah schlief. "Du warst mehr als eine Sklavin für mich. Du warst meine Freundin. Ich werde nie

vergessen, wie wir auf das Dach geklettert sind, als ich klein war. Die ganze Welt lag unter uns... weißt du das noch?" Sie unterdrückte einen Schluchzer und sah sich um. Kaidan hatte den Innenhof schon fast erreicht, und seine hochgewachsene Gestalt war kaum mehr als eine dunkle Silhouette in einem Schattenreich. "Und wenn ich mich umdrehe und fortlaufe?"


Es war ein Hirngespinst der Hoffnung, und sie schluckte tief, denn sie wusste, dass es für sie keine Flucht geben würde. Sie dachte an Fäuste und spitze

Waffen und Selim's höhnische Grimasse, und ihr stolzer Kopf senkte sich. Der Versuch würde alles nur noch viel schlimmer machen, als es ohnehin schon war. "Nein. 

Ich werde tun müssen, was mir bestimmt wurde. 

Die ganze Welt lag unter uns... 

jetzt liegt sie vor mir." 

Sie hatte sich die Tränen von den Wangen gewischt, denn sie waren unnütz und nicht für Selims Augen bestimmt. Es war eine helle Nacht gewesen, als sie aufbrachen, erfüllt von Sternenlicht und

den milden Wind, der von der Küste kam und nach Meersalz und Seetang roch. Als sie jetzt aus dem kleinen Fenster ihres Wagens schaute, erkannte sie nichts wieder. Der Mond war nichts als eine schmale Sichel und sein fahles Licht schien auf eine Welt von zerklüfteten Felsen und Sand. Vor ihrem geistigen Auge tauchte wieder das kleine Mädchen auf. Ihre großen Augen und ihr flehender Blick. "Wo bist du?" fragte sie sich. "Geht es dir gut? Oh, ich hoffe es so sehr. Du und ich, wir sind Schwestern im Geiste. Dinge sind mit uns geschehen, die wir

nicht verhindern konnten, und unser Schicksal liegt in den Händen anderer. Trotzdem dürfen wir nicht aufgeben... Denn bis wir nicht unseren eigenen Weg gegangen sind, haben wir noch nicht gelebt".

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Hörbuch

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Tianshij
Ich heiße Jannika, und ich lebe für die Geschichten. Eines Tages kann ich vielleicht von ihnen leben. Bis dahin lese ich jedes Buch, was mir in die Finger kommt :)

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Wolfspfote *schwänzchenwedel* Jaaa, du hast weiter gemacht!! :)) Ich freu mich und es ist wieder mal total gut gelungen! Das könnte doch was werden, Wat? ^^
Lg Wolfspfote
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Tianshij Bei so viel Ermutigung kann man einfach schlecht Dinge beiseite lassen :) Danke ! Ja, mittlerweile braut sich da was zusammen.
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Tianshij Wie gesagt, nach langem Grübeln hab ich mich doch noch dafür entschieden ein bisschen weiterzuschreiben :) Hoffe es gefällt Lg
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Falkonide 

Es gefällt mir sehr! :)
Arme Prinzessin. Wohl behütet und beschützt mitten in der Nacht "geraubt" und dem "Schicksal ausgesetzt".
Wie gut das sie nicht weis, dass die Hilfe das Mädchen nie erreicht hat ... Sonst wäre sie jetzt sicher am Boden zerstört. Wobei, ich befürchte das Erwachen wird noch bitter.

(Pst: erster satz: "ein" nicht "eine" ;))

Vor langer Zeit - Antworten
Tianshij Haha danke für die Berichtigung :) Hut ab... aus vielen Gründen.
Noch ist die Prinzessin in ihrer Opferrolle, aber da du mich gut kennst, weißt du, dass der Tag kommen wird, wo sie zurückschlägt :)
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Falkonide 
Arg - warum kam die antwort 3 mal? O_o"
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Falkonide 

Und auf den Tag Freu ich mich :D
Aber erstmal ist das bittere Erwachen drann. Weitergereicht wie ein Stück Fleisch ohne Rechte ;_;
Verdammt gut geschrieben ^^ Man ist einfach sofort in diese Welt eingetaucht :)

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Falkonide 

Version 3 gelöscht xD
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