Romane & Erzählungen
Zweites Leben - Teil 16

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"Zweites Leben - Teil 16"
Veröffentlicht am 03. März 2014, 20 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
© Umschlag Bildmaterial: Les Cunliffe - Fotolia.com
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Zweites Leben - Teil 16

Zweites Leben - Teil 16

16. Kapitel Alles wegen Ferien in Frankreich „Hallo?“, fragte ich, als ich die Haustür aufschloss. Niemand antwortete. Ich hing meine Jacke an den letzten freien Harken. Eine Jacke hing dort, wo sonst immer meine hing. Die Jacke war aber keine Herrenjacke. Ich kickte die Schuhe unter die Treppe. Weiter unten fühlten meinte Füße noch ein fremdes Paar. Als ich mich unter die Treppe lehnte, erkannte ich die Schuhe zweier Kleinkinder. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. „Elly, Lars?“, fragte, als ich im

Esszimmer stand. In der Küche knipste ich das Licht an. Auch hier war niemand, nicht einmal ein Zettel. Das Wohnzimmer war stockdunkel. Ich tastete nach dem Lichtschalter. Klick, das Licht ging an und: „Überraschung!“, ertönte. Die ganze Familie war da. Marc, Elly, Lars, Micky, Heike, Maike und Levke. Eine Girlande hing im Rundbogen. Auf dem Wohnzimmertisch standen Geschenke und überall verstreut lag Konfetti. Elly kam auf mich zu und hielt mir die Torte hin: „Wünsch dir was!“ „Aber ich hab doch noch gar nicht Geburtstag!“, jammerte ich. Doch als ich

die lächelnden Gesichter sah, tat es mir weh zu wissen, dass ich ihnen die Party, die sie so wundervoll organisiert hatten, ruinierte. Ohne weitere Widerrede pustete ich die vierzehn Kerzen aus. „Hier pack unser Geschenk als Erstes aus!“, Heike kam auf mich zu und umarmte mich herzlich. Danach drückte sie mir das Geschenk unter den Arm. Es war ein rosafarbenes Päckchen, in dem ein Buch war. Ich lächelte, als ich Mickys Gesichtsausdruck sah. Er wollte ja nicht, dass ich ein Buch bekam und jetzt schenkte seine Frau mir eins. Ich las den Titel des Buches langsam

vor: „The book of the lost hope.“ „In dem Buch geht es um …“ „Heike“, unterbrach Marc sie. „Du redest jetzt schon seit fünf Minuten ohne Punkt und Komma. Nicht nur ich sehe nur noch ein Fragezeichen vor mir!“, er lachte, aber er meinte es ernst. „Und unser Geschenk!“, Elly hüpfte aufgeregt durch das Zimmer, wie ein nervöses kleines Mädchen. Ich öffnete das große Geschenk ganz vorsichtig. Ein Notebook war in der dicken Verpackung. Er sah ziemlich teuer aus. Nicht gut für jemanden wie mich! Danach streckte Lars mir seins hin. Das Geschenk war schwarz- rosa gestreift

eingepackt. Bei diesen Farben, die Stammfarben von Iska, musste ich daran denken, ob sie gerade oben auf meinen Bruder wartete. Eine kleine Karte fiel mir in die Hände. Herzlichen Glückwunsch zum 14., wünschen dir I und Lars Hoffen, dass du es raus findest! Genieß dieses Jahr. Tipp fürs Leben: Sei Leonie Ellené Riemke Iska und Lars Ich umarmte alle dankbar. Nachdem wir den Kuchen gegessen hatten, spielte ich noch was mit Maike und Levke, die jetzt

fast schon ein Jahr alt waren. Maike konnte schon ein paar Schritte stolpern und Levke redete schon ein wenig. „Lili!“, quakte Levke mir die ganze Zeit zu. Es wurde ein schöner Abend. Und ich erfuhr auch, warum wir heute bereits meinen Geburtstag feierten. Heike, Micky und die Zwillinge wollten die nächsten drei Wochen nach Frankreich fahren, Verwandte besuchen. Mir schwirrte aber die ganze Zeit nur eine Frage durch den Kopf: Was wollte Herr Kessel vor uns verbergen? Natürlich würden wir versuchen es so schnell wie möglich

herausfinden. Und wer sonst noch auf dem Speicher war. Wer der Mörder war, der als Markenzeichen die Puppe hinterließ. Vielleicht war er schon tot? Vielleicht auch ans andere Ende der Welt gezogen, aber seit Jahren war hier niemand mehr her- oder weggezogen. Nur ich hatte diese Ära durchbrochen. „Warum tust du das? Lass mich gehn, du wirst schon sehn! Ich werde dir versprech´n, mein Mann, der Holger, wird mich räch´n!“, sagte ich dramatisch, an den Stuhl gefesselt. „Sei still, bald ist es vorbei!“, drohte Max ernsthaft. Er nahm das Messer und

hielt die eiskalte Klinge an meinen Hals. Erschrocken seufzte ich auf, als er es wegriss. Den stechenden Schmerz stellte ich mit einem lauten Schrei dar. Plötzlich stand Holger hinter mir. Er schnitt die Fesseln durch. Danach nahm er mich, den fast leblosen Körper, in seine starken Arme und trug mich in mein Bett. Dann verschwand er. Der Schrei meines Mörders war zu hören. Mein Mann kam wieder in den kleinen Raum, die Hände voller Ketchup. „Wie ich’s versprochen hab, mein Weib, ich halte dich fest. Du bist ein Teil von mir, mein Leib. Das Leid, das wir erleben mussten, ist vergessen, du bist

jetzt frei, zahle es seiner Seele heim!“, Holger hielt meinen schweren Kopf sanft hoch. Doch ich ließ ihn schwer in den Nacken fallen. Sein leises Weinen war zu hören, dann ging der Vorhang zu. Und das Publikum tobte. „Super, ihr ward super, alle super!“, lächelte unsere Theaterkursleiterin überglücklich. Der Vorhang ging wieder auf und wir stellten uns in eine Reihe. Ich und Rene, der Holger spielte, immer noch voller Ketchup, hielten unser verschwitzen Hände und verbeugten uns. Wieder schloss sich der Vorhang und alle stellten sich in einer Reihe auf, nach

den Hauptrollen sortiert. „Katharine, gespielt von Leonie Schmitz!“, sagte unsere Kursleiterin durch das Mikrofon. Zaghaft trat ich vor und verbeugte mich wieder. „Holger und Mr X, gespielt von Rene Heinen und Max Schneider.“ Die Zwei erschienen links und rechts neben mir, nahmen meine Hände und wir verbeugten uns wieder … … so ging es dann noch fast zwanzig Mal. Das Stück hatte eine Dauer von fast zwei Stunden gehabt. „Leo, echt, du warst super!“, schrie Mandy durch die Menge.

„Danke“, lächelte ich und ließ mich von ihrer Umarmung fast zerquetschen. „Ich dachte, er hat dich wirklich geschnitten“, Elias´ Augen waren weit aufgerissen. „Und dann das Blut!“ „Blut?“, fragte ich verwundert und hielt ihm meine Hand hin. „Ketchup?!“ „Was hast du denn gedacht? Das wir echtes Blut nehmen?“, fragte ich entsetzt. Darauf sagte er nichts mehr. Lachend schüttelte ich den Kopf. „Ich fand Marie so toll, wie sie dich zu Max gelockt hat!“, bewunderte Mandy die zehnjährige

Schauspielerin. „Sie war die ganze Zeit so ernst bei den Proben, wir waren dagegen eher total Gaga!“, kicherte ich ihr heimlich zu. „Das war doch klar!“, meinte sie. „Ihr müsst ja gute Vorbilder sein!“ „Wo du bist, ist doch alles verrückt“, meinte Saskia lachend. Es war nur ein Scherz, ich meinte aber, da war was dran. Auf der ganzen Rückfahrt beschwerte Elly sich, dass sie Lars mit einem schlaksigen Mädchen gesehen hatte. Natürlich war das fremde Mädchen an seiner Seite Iska

gewesen. „Wer ist die bloß, dass sie wichtiger für ihn ist als Ronja?“ „Elly, du verstehst das nicht, du verstehst gar nichts über die Liebe- seine Art von Liebe!“, hätte ich ihr am liebsten gesagt. Aber ich schwieg lieber. Vor einer Stunde wurde ich nur beglückwünscht und bejubelt und nicht wie jetzt, mit Fragen bombardiert. „Armes Mädchen!“, flüsterte Elly. „Wer?“, fragte ich und dachte sofort an Nuni. „Ronja! Ich hab sie gesehen, sie stand im Eingangsbereich, sah Lars und dieses Mädchen zusammen an eine Wand gelehnt, und verschwand

wieder.“ Ich verzog die Lippen zu einer geraden Linie. Was hatte ich denn erwartet? Dass sie mir jetzt alle Einzelheiten des Mordes sagen würde? Es war schön warm draußen, endlich, nach diesem harten Winter. Ich schloss die Augen, um mich in Ruhe zu sonnen. Zwar brachte das nicht viel durch die Autoscheibe. Dann wurde es aber wieder kühler. Elly parkte unter dem Vordach unseres Hauses. „Kommst du?“, fragte sie und holte ihren Einkaufskorb aus dem Kofferraum. Ich folgte ihr ins Haus. Es war schön, dass Lars mal nicht da war. Das war die einzige Zeit, in der ich sicher sein

konnte, dass Iska sich nicht im Badezimmer versteckte. Irgendwie war das alles ein bisschen kindisch, aber was man nicht alles für die Liebe tut! Apropos Liebe, Lars war jetzt schon mehr als fünf Wochen mit Iska zusammen. Die anderen waren nach einer Woche bei ihm abgelaufen. Was fand er nur an dieser Iska, fragte ich mich, als ich die Treppe hoch zu meinem Zimmer ging. „Ach, Elly fährst du mich um vier in die Stadt?“, fragte ich schnell und hoffte, dass sie keine weiteren Fragen stellen würde. „Ja, mach ich gerne, dann kann ich auch direkt

einkaufen!“ Super, sie war nicht neugierig. Vielleicht dachte sie, dass wir meine Wiederauferstehung nach diesem brutalen aber tollen Theaterstück feiern wollten. Eigentlich wollte ich aber mit Ronja sprechen. Wir waren ja schon seit einigen Tagen verabredet. Aber jetzt hatte ich endlich mal die Chance, in Lars Zimmer herumzustöbern. Ich wusste zwar nicht, was ich suchen oder finden wollte, aber ich würde sicher etwas finden, was mich weiterbrachte. Seine Tür stand verdächtig offen. Wollte er, dass ich irgendwas

fand? Erschrocken sprang ich auf, als ich scharfe Krallen an meinem Bein spürte. Sammy sprang munter an meinem Bein hoch. „Was machst du denn? Kannst du mich nicht mal vorwarnen?“, fragte ich wütend, erwartete aber natürlich keine Antworten. Mit einer Hand griff ich unter seinen Bauch und hob ihn auf meinen Arm, wo er es sich dann bequem machte. Zufrieden miaute er, als ich hinter seine Ohren streichelte. Lars´ Zimmer sah aus wie immer, schrecklich unordentlich. Überall lag Wäsche herum. Eine leere Chipstüte lag

neben seinem Bett. Ein roter BH lag auf dem Boden, neben seinem Regal. Ich schüttelte mich. Was dachte er sich eigentlich? Wollte er, dass ich das sah? Wollte er, dass ich jetzt nicht mehr hier herkam? Aber von einem ... etwas rotem … ließ ich mich nicht abhalten. Jetzt, wo ich schon so weit gekommen war. – Wenigstens war ich schon mal in seinem Zimmer, allein. Sonst sah ich nichts Verdächtiges. „Na, Lars, wo warst du so lange?“, fragte Elly höflich. „Äh, ich muss mal ganz schnell in mein Zimmer!“ „Warum das denn?“, fragte sie verwirrt,

aber er rannte schon die Treppe hoch.

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Stephi96

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