Biografien & Erinnerungen
Abtauchen - Moni erzählt

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"Abtauchen - Moni erzählt"
Veröffentlicht am 30. Januar 2014, 16 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen. Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen ...
Abtauchen - Moni erzählt

Abtauchen - Moni erzählt

Moni möchte im Erdboden versinken

Manchmal möchte man einfach im Boden versinken, einfach weg sein. Jeder dürfte diesen Wunsch schon einmal verspürt haben und zwar in den unliebsamen Momenten, wenn man erwischt wird, wobei auch immer. Moni jedenfalls kennt das Gefühl ganz genau. Nicht dass sie andauernd etwas Peinliches verbockt hätte, nein sie ist einfach manchmal ein wenig ungeschickt und ihr passieren Sachen, die besser nicht die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf sich ziehen sollten. Dann möchte Moni auf der Stelle abtauchen, wenn es denn ginge. Ein kleines Beispiel wäre die Sache mit dem

Verkehrsschild. Moni fährt zur Arbeit, das Wetter ist nicht besonders, es gibt Stellen auf der Straße, die sind furchtbar glatt. Moni hat aber ein sehr gutes Auto, ein richtig großes und fettes. Es ist ein Vorführwagen, den sie als Dienstfahrzeug gelegentlich nutzt. Moni denkt, dass sie das auch darf als Autoverkäuferin. Sie muss rechts abbiegen, in der Mitte der Straße steht ein Schild. Kein Auto weit und breit, auch kein Passant. Moni fährt also ab und plötzlich schert ihr Auto aus und fährt langsam an das Verkehrsschild, fast von ganz alleine. Moni steigt aus, denn sie vernahm ein unangenehmes Geräusch. Hm…das Schild ist schief und Monis Auto hat

an der Stoßstange einen kleinen Kratzer, das Nummernschild ist auch verbogen. Sie kratzt sich am Kopf. Sie beschließt wieder ins Fahrzeug zu steigen und in ihr Autohaus zu fahren. Der Meister wird ihr sicher wieder alles in Ordnung bringen, denkt sie. Just als sie in ihr Auto steigen möchte, steht ein Polizist vor ihr und sagt streng: „Na, junge Frau, wir wollen doch nicht etwa Fahrerflucht begehen? Bitte ihre Papiere!“ Moni fährt zusammen, sie hatte das Polizeiauto nicht bemerkt und den Polizist natürlich auch nicht, und stammelt hochrot, dass sie doch alles wieder in Ordnung bringen werde und das Schild würde sich sicher wieder richten lassen. Nein, flüchten würde sie ganz gewiss auch nicht

wollen. „So, so, “ spricht der Uniformierte, „Und der Wagen ist also ein Vorführwagen, vom Autohaus Soundso, “ er schaute stirnrunzelnd auf die Zulassung. „Wollen sie das Auto mal verkaufen?“ Die Stimme des Mannes klang nun fast nett. „Hätten sie Interesse?“ flötete Moni hoffnungsvoll. Ein zweiter Polizist trat hinzu und meinte ganz trocken: „Lass sie gehen, ich kenne die Frau. Sie ist die Inhaberin von dem Autohaus dahinten.“ „Ach, sooo, dann muss ich die Angelegenheit zu Protokoll nehmen, denn die Dame hat Eigentum der Stadt beschädigt.“ Die Stimme hatte wieder einen amtlichen Ton.

Moni kennt diesen Tonfall und liebt ihn überhaupt nicht. Kurz Moni wollte schon die ganze Zeit im Boden versinken, alles war mehr als peinlich und nun war sie auch noch als Chefin entlarvt. Wie konnte das passieren? So ein blödsinniger Fahrfehler, so ein verdammter Mist. Die Bullen haben sich bestimmt, als sie es aus der Ferne beobachteten, halb tot gelacht, dachte Moni ärgerlich. Die Leute im Autohaus werden sich die Schenkel schlagen. „Typisch Frau“, werden einige kommentieren, wenn sie von dem Vorfall Wind bekommen. Recht haben sie. Einem Mann passiert das natürlich nie. Ein armes Verkehrsschild umzufahren, was da so alleine herumsteht, das passiert bloß einem

absoluten Rindvieh. Moni tituliert sich innerlich nun mit allen großen Tieren, die ihr ganz spontan einfallen. Inzwischen hatte der Polizist seine eifrige Schreibarbeit beendet: „Unterschreiben sie hier“, sagte er gerade streng und dienstlich. Und das Auto werde er ganz bestimmt nicht kaufen, denn das führe ja völlig unbegreiflich an Verkehrsschilder. Die beiden Polizisten lachten dann noch reichlich frech, fand Moni. Dann trollten sie sich. Moni hatte nun endgültig genug. Es war einfach nicht möglich, in den Erdboden zu versinken. Leider! Man steht total belämmert da und ärgert sich, geniert sich, dass es zu diesem Ereignis überhaupt gekommen ist, es

wäre doch gewiss vermeidbar gewesen. Peinlich, peinlich das Ganze. „Fahrerflucht!“ hat es geheißen, und das ihr. Moni ist nämlich eine der Ehrlichsten, die immer alles freiwillig zugibt und weiß, dass sie nicht im Erdboden versinken kann, sondern alles auszubaden hat, auch den Spott versteht sich. Moni erinnerte sich in dem Zusammenhang an eine kleine Story mit dem Klavierlehrer ihres Sohnes, die typisch dafür zeichnete, dass Menschen Situationen völlig anders empfinden, eben nicht im Erdboden versinken wollen, obwohl es Anlass genug gäbe. Einmal in der Woche kam der Klavierlehrer,

der in der Nachbarschaft wohnte, ins Haus, um Monis Sohn zu unterrichten. Eine bestimmte Stunde war vereinbart. Der Schäferhund wurde zur Sicherheit für diese Zeit kurz in einen Zwinger gesperrt. Was passierte? Der Klavierlehrer wurde gewöhnlich nach dem Klingeln an der Gartenpforte dort empfangen und ins Haus begleitet. Diesmal verlief der Besuch irgendwie anders. Der Mann irrte sich bedauerlicherweise um eine Stunde, glaubte sich aber 10 Minuten zu spät. Er klingelte nicht an der Pforte, sondern betrat eilig gleich das Grundstück. Das war ein Fehler, denn der aufmerksame Hund, der noch nicht eingesperrt war, rannte ihm nach und zwickte den kleinen Klavierlehrer in sein mageres

Hinterteil. Also der Hund erwischte nur die Hose aber der Mann rannte quasi um sein Leben sofort in das Haus. Zum Glück war die Haustür nicht verschlossen. Da stand er nun in der Diele, nach Luft japsend, der kleine nur 1,65m große Mann. Moni hatte das Schlagen der Haustür gehört und vermeinte, ihr Sohn wäre nun endlich vom Sport erschienen. „Da hat er also die Klavierstunde doch nicht vergessen“, dachte sie erleichtert und wollte schnell noch den Hinweis loswerden, dass ja der Hund noch eingesperrt werden müsse. Moni rannte also in die Diele. Ja gut, sie war noch nicht ganz angezogen, die Haare hatte sie sich gerade gewaschen. Sie hingen ihr wirr ins

Gesicht. „Hardy, sperr den Hund ein, Note (so nannten sie immer den Lehrer) wird gleich erscheinen“, rief sie und sah mit Entsetzen, dass derselbe bereits in der Diele stand. Note sah Moni mit großen Augen an. „Ich bin schon da“, meinte er trocken „und ihr Hund hat mich soeben in meinen Hintern gebissen.“ Er grinste. Moni stand wie vom Donner gerührt da. Der Klavierlehrer grinste immer noch und schaute ihr hemmungslos auf den Busen. Jetzt erst bemerkte Moni, dass sie ja im BH dastand. Der Moment des in den Erdbodenversinkenwollens war gekommen, doch die Erde tat sich leider wieder einmal nicht auf. Also drehte sich Moni um und

verschwand mit einer gemurmelten Entschuldigung auf den Lippen. Nachdem die arme Moni sich rasch angezogen hatte und das Haar notdürftig zusammengerafft war, musste sie wieder raus, um sich zu entschuldigen, sich nach dem Hundebiss zu erkundigen und warum war denn dieser Kerl überhaupt schon da? Nun, die Sache war schnell aufgeklärt, der Mensch kann sich schließlich irren. Auch einem Lehrer kann das passieren. Die Hose war mit einem Loch versehen. Mehr war nicht passiert. Glück gehabt! Inzwischen war auch der Klavierschüler eingetrudelt und die Stunde nahm ihren Lauf. Moni entnahm ihrem Portemonnaie einen Hundertmarkschein und legte ihn aufs Klavier.

„Schmerzensgeld und für die Hose“, sagte sie. Note nickte grinsend und steckte das Geld ein. „Was glotzt der mir immer noch auf meinen Pullover?“ fragte sich Moni empört. Sicher wird dieser Mensch die Geschichte in der Kneipe lautstark von sich geben und alle werden sich kaputt lachen. Moni tröstete sich damit, dass dieser unmögliche Knirps von Klavierlehrer auch nicht so gut dabei wegkam. Sie ging nun raus, um den Hund einzusperren, denn bald war die Klavierstunde zu Ende und dann sollte sich das Malheur nicht wiederholen. Die Schäferhündin wedelte erfreut mit dem Schwanz als Moni aus der Haustür trat,

schließlich hatte sie ihren Job gut gemacht. Sie hatte den ungebetenen Besucher ein bisschen gejagt und ein wenig ins Hinterteil gekniffen. Hat eklig geschmeckt diese Hose und der Mensch hat außerdem widerwärtig nach seiner menstruierenden Pudelhündin gerochen. Monis Schäferhündin konnte Pudelweibchen partout nicht leiden. Warum sie immer in ihren Zwinger musste, wenn dieser Kerl kam, verstand sie auch nicht. Warum Frauchen jetzt vor sich hin meckerte war ihr ein Rätsel. Schäferhündin Senta trottete in den Zwinger, schlabberte ein wenig in der Wasserschüssel herum und widmete sich anschließend alle Rätsel vergessend genüsslich ihrem Knochen.

Versteh wer die Menschen! Hunde wollen nie im Erdboden versinken, ganz im Gegenteil. Nur Menschen haben zuweilen merkwürdige Wünsche.




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Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen.

Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen "Michel", den modernen Spießbürger, die großen Schlappen unserer Gesellschaft aufs Korn. Aber manchmal möchte ich auch poesievoll den Sinn des Lebens unterstreichen, allerdings immer den Boden der Tatsachen, stets lebensbejahend, im Auge behaltend. Ich liebe den Witz mit Geist und biete viel Hintergründiges an. Das Lachen über sich selbst aber auch über die allgegenwärtige Dummheit im Allgemeinen, scheint mir trotz aller schlimmen Erfahrungen immer geholfen zu haben, mich aus brenzligen Phasen oder Situationen zu bringen.

Ein intensives Nachdenken, Aufarbeiten mit einhergehendem Aufschreiben, und nicht zuletzt die eigene Malerei, sind meine Methoden mit dem Leben im positivsten Sinne umgehen zu können.

Falls sich jemand für meine Malerei interessiert, der besucht bitte meine kleine Online-Galerie. (im Augenblick noch in Beabeitung...die neusten Bilder fehlen..)

http://helga-siebecke.magix.net

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Silbenfaeller Gut beobachtet und beschrieben. Wobei - geht´s nur mir so oder wird das mit den Jahren immer leichter? Ähnlich wie beim fremdschämen.
lg SF
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