
DIE SONNE LACHT FÜR DICH
Noch drei Tage - dann geht´s los!
Ich pilgere ganz alleine von Eisenach nach Marburg. In zehn Tagen will ich ca. 180 km laufen.
Gepilgert bin ich schon, aber da waren noch andere Frauen dabei. Doch diesmal will ich alleine mit dem Weg, der Natur und vor allem mit mir sein!
Natürlich habe ich immer wieder die schlimmsten Befürchtungen (wilde Hunde, Mörder.....) aber hier fängt MEIN Pilgern an.
„LEBE IM JETZT“
NUR NOCH ZWEI TAGE
Gerade habe ich meinen Rucksack gepackt (6.1 kg) und bin auch sonst ganz in den Vorbereitungen.
Meine Jungs Philipp (9 Jahre) und Bastian (7 Jahre) gehen zum Papa. Der hat sie sonst nur am Wochenende - da ist noch einiges zu klären.
Getrennt hatten wir uns letztes Jahr. In der Ehe wollte ich immer den Jakobsweg nach Finisterre laufe. Nun wurde mein Pilgerweg die Trennung und diesen Pilgerweg nach Marburg mache ich mir zum Geschenk!EIN WEG
Dies ist mein Weg:
• ich will fern ab jeder Verantwortung zu mir finden - was ist noch in mir begraben???
• ich will mein Glück finden!
• ich will neue Erfahrungen sammeln!
• ich will meine spirituellen Wachstum fördern!
Nun endlich sitze ich im Zug. Nach nervösem Frühstück - packen - Stecker ziehen - ständigem Harndrang...... schaue ich jetzt auf der Bahnfahrt nach Hanau aus dem Fenster. Graue große Wolken verdecken einen sehr hellen Himmel. Eine kräftige grüne Landschaft-
Bäume-Felder teils noch mit der Ernte - teils schon abgeerntet- kleine Ortschaften - ein Zirkus- wild bewucherte Bahndämme. Ich merke wie ich ruhiger werde - wieder sicherer!
Und schon wird mir meine Nachbarin auf der Zugbank sympathischer und wir kommen ins Reden. Sie fährt hoch auf einer Insel. Dort hat sie sich ihren Traum erfüllt. Ein Ferienhaus am Meer!
Ja - das ist ein schöner Traum!
Habe eine Zeitung von der Wetterau gefunden leider nur die erste Seite eine Radfahrerin ist beim Winterstein verunglückt. Jemand hat auf dem Weg ein Seil gespannt darüber ist sie böse gefallen. Sofort muss ich an meine
Bekannte S. denken. Sie fährt oft diese Strecke. Am zweiten Tag meines Weges werde ich erfahren, dass es meine Bekannte war!!!!!
Glück bedeutet im Wesentlichen ein Ziel zu haben und es mit ganzem Herzen und ohne Bedauern oder Zögern anzunehmen.
William Sheldon
Ich bin in Eisenach angekommen. Mit dem Bus fahre ich auf die Wartburg.
Namen wie Heilige Elisabeth und Luther haben hier gewirkt.
Mir ist die Kirche fern leider. Wie viele von uns bin ich auf der Suche finde allerdings noch wenig. So oft sind feste Regeln und unumstößliche Werte angesagt. Ich will das nicht. Ich will mich frei fühlen und selbstbestimmt Leben ohne Dogma von einer
Vereinigung. Ist sie noch von Männern gemacht, wie die Kirche, wird es für mich noch schwerer dies anzunehmen. Vielleicht ist das Universum meine Führung?????
Heute laufe ich 16 km. Der Weg endet für mich in Wilhelmsglücksbrunn. Was für ein schöner Name. Und da meine Suche auch Glück ist, habe ich wohl den richtigen Ausgangsort gefunden. Bin aber auch körperlich etwas fertig. Ist halt doch alles ziemlich aufregend und aus dem Alltag gerissen!!! Verlaufen habe ich mich nur einmal! Der Rucksack war doch schwer zu tragen, die Beine waren schwer trotzdem bin ich den Weg sehr bewusst gegangen. Leider waren es
heute fast nur Fahrradwege. Aber die Landschaft, immer entlang der Werra war schon traumhaft schön. Hatte heute keine Steigung, was natürlich am ersten Tag schön ist!
In Eisenach auf der Straße begegnete ich einem völlig besoffenen Mann. Er schwankte vor mir mehr wie einmal lief er auf die Straße und schwankte dann wieder auf den Gehweg. Als er dann die Straße überqueren will fällt er direkt in der Mitte von der Straße hin. War noch die ganze Zeit reger Verkehr, auch viele LKW´s, ist gerade da kein mobiles Fahrzeug zu sehen. Besoffene und Kinder…….
Wohl eine Nachbarin steht da als ich
hineilen will und hält mich auf: Das ist der Schorch (Name erfunden). Der kommt immer so nach Hause!!!! Das war´s, kein Mitleid, keine Versuche es zu erklären, keine Hilfsbereitschaft einfach ein „SO IST ES“
Meine Eltern waren beide Alk´s. Ich, das Kind, wollte es immer ändern. Am Ende hat der Alk gewonnen!
Ansonsten begegnete ich noch vielen Radfahrern, einer kleinen Gruppe Rehen, Krähen und einer Eidechse, die vor mir über den Weg gehuscht ist.
Zurück zum Etappenziel der Bio-Bauernhof Wilhelmsglückbrunn wird von der Diakonie betrieben. Hier werden Menschen ausgebildet um wieder auf
dem Arbeitsmarkt eine Chance zu bekommen. Ist zwar mit 34 Euro inkl. Frühstück teuerer als ich eigentlich geplant habe ABER ich bin körperlich und geistig fertig und es kommt einer guten Sache zu Gute.
Wie in meiner Wahlheimat, Bad Nauheim, sind hier viele Salzwiesen. Früher gab es auch hier Gradierwerke. Heute leider nicht mehr. Die Hofreite ist wunderschön in de Natur eingebettet und sehr ruhig bis auf ein kleines Schäffchen, dass die ganze Nacht nach seiner Mutter ruft. Die ist nicht im Stall bei ihm sondern noch auf der Weide!
„Carpe diem“, hat einmal jemand gesagt. Das heißt: Freue dich, solange du gesund bist, ob das nun mit Sechseläuten und Jass oder Tanz und Fastnacht oder Reisen und Toiletten oder Rosen und Kamelien geschieht, einerlei; das muss jeder selber am besten wissen. Aber wer im Frühling darüber jammert, dass später der Herbst kommt, oder von einem schönen Mädchen ächzt, dass sie einmal Großmutter wird, oder von einem hübschen Gärtchen jeremiaut, dass es möglicherweise einmal erfriert, der ist ein Schwachmatikus. Carl Spitteler
Gleich auf den ersten Kilometern verlauf
ich mich, Gott sei Dank nur ca. 500 m. Nun habe ich mir in Creuzberg auf dem Mittelalterlichen Markplatz erst einmal einen Kaffee gegönnt. Sitze im Freien vor mir ein Springbrunnen und genieße es, ohne Rucksack zu sein. Noch fällt es mir schwer zu laufen. Der Rucksack drückt die Beine sind schwer. Die Nacht bin ich um ca. 21.00 Uhr eingeschlafen. Immer wieder bin ich wach gewacht. Hundegebell laute Hausgäste klagendes Schäfchen blökende Mama auf dem Feld. Sehe heute Morgen auch etwas mitgenommen aus. Aber heute gehts in den Wald, an die Innerdeutsche Grenze freue mich schon sehr auf den Waldweg!
Doch es sollte anders kommen!
Der Waldweg war ehr eine Schotterpiste. Dann wollte ich abkürzen und bin den „Todesstreifen“ gelaufen. War schon komisch, ich als Westler kann diese Geschichte des getrennten Deutschland kaum verstehen. Als Kind war es einfach normal das es zwei getrennte Deutschlands gibt und die Maueröffnung wurde zwar sehr gefeiert aber hier komme ich das erste Mal wirklich mit dieser Geschichte in Berührung. Dieser Weg ist schlecht Betoniesiert. Er geht steil hoch und dann wieder steil runder. Rechts und links sind nun neue Bäume und Sträucher gewachsen. Dadurch wirkt dieser Wald unheimlich Grün. Stellt man/frau sich vor, dass hier scharf
geschossen wurde ist es schon ein ziemliches durch einander der Gefühle!
Am Ende war ich für meine Füße froh wieder auf normalen Waldweg zu laufen.
Meine Begegnungen heute:
Eine Handvoll Radfahrern.
Zwei Eidechsen
Eine Herde Wasserbüffel
Einen Fuchs.
Einen freilaufenden grau-braunen Hund. Der fand mich aber so langweilig, dass er nicht zum schnüffeln kam
Das Leben ist eine Chance, nutze sie!
Die letzte Nacht schlief ich in
Ringgau-Röhrda. Eine nette Familie. Sie haben sich nach der Wende ein Haus hier im Westen gesucht. Nun leben sie hier und bleiben wohl immer die Ostler. Verrückte Welt! Hier war gerade Kerb. Beim Ankommen hat mich die Burschenschaft sofort auf ein Bier eingeladen. Habe dankend abgelehnt. Ich habe Hunger! Die einigste Wirtschaft nimmt nur auf Bestellung noch Gäste auf. So muss ich mich bis Kerbezeltöffnung um 20.00 Uhr gedulden und esse dann einen veget. Kebab. In der Zwischenzeit bin ich hinter meinem Gästehaus in ein Kneipbecken gestelzt. Das Wasser kam aus einer Quelle und war wirklich eiskalt brrrrrrr!
Nach einer ruhigen Nacht (trotz Kerb im Dorf) sehe ich heute Morgen etwas besser aus. Hatte ein super Frühstück und noch mit Proviant gehe ich heute um einiges leichter auf Wanderschaft. In der Nacht tat mir noch alles Weh aber jetzt auf dem Weg fühle ich mich den Berg zur Boyneburg gewachsen und hoffe nun heute auf einen schönen Waldwanderweg und erhalte ihn auch!
Auf dem Elisabethenweg bin ich heute bis Wichmannshausen gelaufen. Immer wieder lechzte ich nach Kaffee aber in jedem Kaff war alles zu oder es gab überhaupt keine Gaststätten oder Kaffees. Noch dazu ist heute Sonntag. Aber hier in Wichmannshausen lese ich
von einem Fußball Turnier. Bei meinen Kids drücke ich mich immer davor hier steuere ich dieses Turnier aber zielstrebig an und wirklich: hier gibt es Kaffee und Kuchen und sogar noch ein Eis bin ich dankbar. Es entwickeln sich auch ein par interessante Gespräche. Ein Mann erzählt er will demnächst die Alpen mit dem Fahrrad überqueren. So hat jeder seine Träume!
Als ich in Schemmern vorbei lief roch man/frau schon Verbranntes. Dann sah ich eine Hofreite völlig zerstört von einem Brand. Auf meine Frage fing die Bäuerin an zu erzählen. Ihr tat dies sichtlich gut! Sie stand noch sichtlich unter Schock. Der Kuhstall ist völlig
abgebrannt. Gott sei Dank konnten alle Kühe und Kälbchen gerettet werden und stehen nun auf der Weite oberhalb in einer Notunterkunft. Wie es nun finanziell ausgeht weiß sie noch nicht ich werde ihr eine Kerze anzünden. Als ich weiter ging, kam ich an der Notunterkunft vorbei. Süße kleine Kälber und viele Kühe standen dort man/frau konnte ihnen die Not nicht anmerken oder ticken Tiere anders. Sie nehmen wie es ist und machen das Beste draus???
So denken viele, es sei gefährlich als Frau alleine zu wandern. Aber das Unglück kann Dich auch Zuhause holen!
Hier gehe ich eine Weile auf dem Babarossaweg, weg von Landstraßen hin zum Wald! Später wieder zurück auf dem Elisabethenweg blieb mir der Waldweg erhalten. Bisher hatte ich nie Furcht. Das sollte sich nun ändern. Ich wurde gegen 16.00 Uhr schrecklich schlapp und müde. Der Wald selber war schön auch durch das Projekt „ARS NATURA“. Die Grundidee dieses Projektes ist die Einrichtung eines Kunstpfades entlang eines Fernwanderweges. Ein Galerieraum in der Natur - eigentlich wirklich nett. Nun begegnete ich aber einen VW Komi mit einem einzelnen Mann der durch den Wald fährt. Schon fing ich an meiner
Phantasie freien Lauf zu lassen. Ständig stellte ich mir vor der dreht um und verfolgt mich furchtbar!!! Mehr und mehr begann mir auch der Wald Angst einzuflößen. So schnell bin ich noch nie fünf Kilometer gelaufen.
Um 17:30 Uhr kam ich endlich in Waldkappeln an. Hier hatte ich mir unterwegs per Handy ein Zimmer bestellt. Leider fand ich in diesem, doch größeren Städtchen, die Straße nicht. Auf meinem Anruf hin lotste mich die Gastgeberin 1 ½ Stunden quer durch Waldkappeln. Ich habe meine Füße nicht mehr gespürt. Als ich endlich ankam war ich wirklich froh!
Ein älteres Ehepaar stellt die alten
Kinderzimmer für uns Pilger zu Verfügung. Es ist hier einfach, aber ich bin einfach nur froh angekommen zu sein. Nach der Dusche wasche ich noch meine Klamotten durch und schleiche dann zurück ins Ort um in einer Schnellpizzeria ein Salat und einePizza zu vertilgen. Lasse allerdings die halbe Pizza ungegessen. Komischerweise habe ich kaum Hunger, das ist mir schon den Tag davor aufgefallen. Habe ich im Alltag ständig Gelüste auf etwas Gutes geht es mir hier, Unterwegs, eher so, dass mein Kopf mir sagt, dass ich etwas essen muss um bei Kräften zu bleiben.
Diese Nacht schlief ich wieder schlecht wachte oft auf!
Begegnet bin ich:
Einem kleinen Kätzchen, das sich fast hat streicheln lassen.
Einem 78 Jährigen der ein Stück mit mir steil Bergauf gepilgert ist.
Mindestens fünf schreienden Greifvögeln weit oben im Himmel.
Einem Eichhörnchen.
Zwei Fußballfans die auch an meiner Geschichte interessiert waren.
Glück ist gar nicht mal so selten, Glück wird überall beschert, vieles kann als Glück uns gelten, was das Leben uns so lehrt.
Ich bekam in mein Zimmerchen ein schönes Frühstück mit viel selber gemachter Marmelade. Hier habe ich richtig gut gegessen. Auch diese Hausherrin setzte sich zum Frühstück zu mir und erzählte mir ihre Sorgen. Dies war in der letzten Herberge auch schon gewesen.
Danke beiden Damen für die Übernachtung und ihr Vertrauen. Beiden habe ich eine Kerze in den kleinen Dorfkirchen, die überall für uns Pilger geöffnet waren, angezündet
Bin heute nicht gut drauf mir fällt alles sehr schwer. Habe mich deshalb für den parallel laufenden Jakobsweg entschieden. Der geht meist nur durch Dörfer und lässt die Steigungen links liegen.
Jetzt bin ich schon sieben Kilometer gelaufen und habe noch dreizehn Kilometer vor mir. Die Ansichtskarte von Waldkappeln die ich den Kids schicken wollte habe ich leider verloren. Zum Glück hatte ich sie noch nicht beschrieben!
Ich schleiche auf den Fahrradwegen durch ein wunderschönes Tal. Noch nichts lässt erahnen, dass der Herbst vor der Tür steht obwohl wir Anfang
September haben. Mein Zimmer in Spangenberg habe ich bereits gebucht. Mehr schaffe ich heute eh nicht und bei weniger Kilometern gibt es keine Unterkunft!
Die Unterkunft in Spangenberg war sehr gewohnheitsbedürftig. Ein altes Fachwerkhaus von einem jungen Mann geführt. Er selber lebt wo anders und vermietet nur an Pilger und Monteure. Die bekommen gegen Geld 15,-- Euro einen Schlüssel ausgehändigt und Tschüss!
Jetzt kann ich machen was ich will. Mit drei Monteuren (die ich allerdings nur vor dem Fern sitzen höre) teile ich mir nun ein sehr, sehr unsauberes Bad. Die
Pilgerkammer besteht aus drei Betten. Ich bin allerdings alleine und schließe mit einem altmodischen Schloss und extra langen Schlüssel die Kammer zu und nicht nur wenn ich weg gehe.
Jetzt erst einmal gönne ich mir eine heiße Dusche um meinen schmerzenden Körber etwas zu kräftigen. Dann gehts ab nach Spangenberg. Eine wunderschöne Altstadt mit altem Rathaus und alter Kirche im Zentrum auf dem Marktplatz. Drum herum viele schöne Fachwerkhäuser. Dann immer mal wieder dazwischen herunter gekommene Bleiben. Fenster kaputt und nur notdürftig geflickt. Viel Schmutz vor der Tür. Auffallend viele „einfache“
Menschen. Viele junge Ausländer einer kurz davor seine Deutsche Freundin zu verprügeln. Aus dem Haus gegenüber meiner „Pension“ kamen schreie (ob da jemand geschlagen wurde kann ich nicht wirklich sagen).
In der ersten Schänke, oben am Berg, erklärte mir der Wirt, dass er nichts für Vegetarier hätte Punkt! Also zog ich weiter. Zwei Gaststätten sind für immer geschlossen. Ein Italiener und ein Bistro haben montags Ruhetag. Gott sei Dank fand ich noch ein Döner-Pizza-Straßen-Verkauf! Da wurde ich fast schon herzlich aufgenommen. Ansonsten sind die Leute hier sehr verhalten.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen, sehr
lieb war auch die Frau vom „weißen-Tauben-Züchter“. Sie saß ergeben auf der Bank vor ihrem sehr liebevoll renovierten kleinen Fachwerkhaus. Ich setzte mich zu ihr und sie schüttete Ihre Seele aus. Auch ihr zündete ich eine Kerze an!
Mental schwankt es sehr. Mal trotze ich der ganzen Welt kenn keine Angst und geniese meinen Weg und dann drückt mich der Rucksack die Beine schmerzen ich habe Angst vor Hunden langsam fahrenden Autos. Fühle mich alleine auf dem Weg ihm nicht gewachsen, überlege ob ich abbrechen soll……
Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus.
Habe meine Tagesetappe geschafft. Nach 18 Km (inkl. Umwegen) bin ich in Ostheim gelandet. War heute mental sehr down da lief es sich auch schwer. Später habe ich angefangen über mein vergangenes Leben nach zu denken. Da lief ich wie ferngesteuert.
Aufgewachsen als dritte von vier Kinder, eine Sandwich, in einer „gut bürgerlichen“ Familie. Vater Katonagen Fabrikant; Mutter Hausfrau beide Alkohol und Tabletten abhängig. Der gute Schein musste immer gewahrt werden. WAS SOLLEN DIE LEUTE VON UNS DENKEN!
Das Familie auch anderst geht erfuhr ich bei meiner damaligen Lehrerin in der fünften Klasse. Sie hatte so viel Vertrauen in mich, dass ich als Babysitterin bei ihrer Tochter ein kleines Taschengeld verdiente. Ich durfte sogar mal mit in den Urlaub nach Frankreich ans Mittelmeer. Mein erster Urlaub!!!
Meine Mittlere Reife habe ich am Elisabethenstift in Darmstadt nachgeholt. Dort der Klassenlehrer hat mir die Hand gereicht und mir zugehört. Er hat mich darauf gebracht, dass ich meines Glückes Schmied bin und nicht mein Elternhaus.
Das Leben schenkte mir dann noch drei Bandscheibenvorfälle (zwei OP´s) bis ich
wirklich aus diesem Sumpf Alkohol und Unbewusstheit heraus kam.
Immer hatte ich auch eine Todesnähe/Sehnsucht?
-Als Neunjährige wäre ich fast aus dem Fenster geflogen.
-Beim Feuern in der Garage mit viel Papier hatte ich mir ‚“nur“ das Handgelenk am unteren Handgelenk verbrannt.
-Oft betrunkenes Autofahren inkl. einmal einschlafen und Totalschaden mir ist nichts passiert.
-Schlaftabletten
-Glassplitter direkt neben der Luftröhre.
-Ja, ich hatte schon oft Glück erfahren!!!
Aber das größte Glück in meinem Leben war die Geburt von meinen Kindern. Ich tue mich nicht immer leicht bei der Erziehung will ich doch alles besser machen als in meiner Kindheit…. Aber was ich gelernt habe ist die bedingungslose Liebe für diese beiden Menschen. Und diese Liebe bekomme ich im vollen Umfang zurück. Das hatte ich so noch nie in meinem Leben erlebt. Danke, Danke, Danke!!!!
Durch sie lernte ich auch Toleranz, Gelassenheit und Freude am Leben und so viel Mut, dass ich jetzt hier auf dem Weg bin.
Bin nun in Ostheim bei einem älteren
Ehepaar auf dem Hof. Das Zimmer ist vom verstorbenen Opa noch Originalgetreu!
Dort angekommen duschte ich und legte mich auf die Terrasse auf die Hollywood-Schaukel. Den Schlaf hatte ich bitter gebraucht. Dann setzte ich mich zum Bügeln dazu. Zum Abendessen half ich das Brot zu decken und rührte den Quark an. Es war schön in einer Gemeinschaft zu sein!!!!
Beide sind interessiert und es entwickeln sich unterschiedliche Gespräche. Bei ihm lauert immer der Schalk und die männliche Überlegenheit. Während sie unheimlich warmherzig ist. Sie erzählt viel von ihrem harten entbehrungsreichen
Leben. Viel hat sie erlebt wenig Positives kann sie erzählen. Sie ist schwer krank kümmert sich aber noch um alles im Haushalt für Ihren Mann und Ihren „Jüngsten“ (er ist ungefähr so alt wie ich) Sie gönnt sich nichts. Hat sie nie gelernt und glaubt auch nicht wirklich daran, dass es ihr zusteht. Sie weiß, sie müsste wegen ihres Herzen in die Kur will Ihre Männer aber nicht alleine lassen. Er ist aufgeschlossen riecht am Abend aber stark nach Alk gleichgültig um das Wehklagen seiner Frau. Ihr Glaube in die Kirche ist groß aber leider sehr eng eben wie ihr schweres Leben. Es gibt Gut und Böse Punkt!
Trotzdem hat sie das Herz am rechten Fleck. Ich fühle mich dort fast etwas Zuhause. Vergesse am nächsten Tag doch glatt zu bezahlen der Wirtin fällt es auch nicht auf. Natürlich gehe ich dann noch mal zurück und bezahle!!!! Wir mussten beide darüber lachen.
Gott, was ist Glück! Eine Grießsuppe, eine Schlafstelle und keine körperlichen Scherzen das ist schon viel. Theodor Fontane
Heute schmerzt fast nichts bin auch mental gut drauf. 11 Km durch gelaufen. Heute nieselt es die ganze Zeit etwas. Schon ein Unterschied zu den letzten Tagen! Heute ist der Tag der Hunde wusste doch dass ich dieses nicht umgehen kann! Laufe einen einsamen Feldweg Richtung Flugplatz der schön verlassen im Nebel liegt. Allerdings steht dort ein Wohnmobil und an diesem sehe
ich ein Hund und dann höre ich ihn auch. Bin mir nicht sicher ob das Herrchen mich sieht und den Hund an die Leine nimmt. „Todesmutig“ laufe ich im Regen weiter und hoffe sehr keine Bekanntschaft mit den Hund zu machen. Am Ende sehe ich weder Hund noch Herrchen und laufe einmal um den Flugplatz herum. Noch einmal gut gegangen und vielleicht auch etwas von meiner Hundeparanoia verloren???
Als ich vom Berg absteige (und das zieht sich) komme ich in Homberg Efze an. Direkt am Wanderweg zur Innenstadt liegt ein Freibad und es ist offen!!!!
Nichts wie rein in die nassen Fluten das tut den Körber so richtig gut! Vielleicht
etwas kalt. Al zu lange wird das Schwimmen dann auch nicht ausgedehnt. Etwas blöde sich dann wieder in die geschwitzten Klamotten zu zwängen. Kalt ist mir dann auch erst einmal. Aber der Körber fühlt sich wunderbar entspannt an!
Wieder kann ich mich nicht entscheiden ob ich Hunger habe oder nicht und gehe einfach ins Kaffee. Die haben dann aber nur Plätzchen und so bleibt es beim Kaffee. Danach nehme ich ein Stück Pizza vom Italiener um die Ecke. Dann gehts weiter. Heute laufe ich bis Frielendorf.
Auf dem Weg Muss ich an einer Gartenkleinanlage vorbei. Mir kommt
böse bellend ein Terrier entgegen. Kein Mensch da. Ich „verteidige“ mich mit meinem Wanderstock (Ast). Der Hund wird immer wilder ich bin zwischen Angst und Wut! Endlich nach ewigen Minuten kommt ein 85 Jähriger Mann und meint nur ich solle den Stock weg legen das würde seinen Hund nur nervös machen. Ich erkläre, dass ich aber Angst habe. (während dieses Disputes bellt der Hund, fletscht die Zähne und schießt immer wieder auf mich zu um im letzten Moment ab zu drehen) Erst jetzt leint der Mann den Hund an. Ganz liebenswürdig fragt er mich dann noch ob ich etwas zu trinken wolle….. Ich lehne dankend ab und mache das ich Land gewinne Glück gehabt
kein Hundebiss!
Von Homber Efze nach Frielendorf werde ich immer schlapper. Diese 11 Km fordern mich jetzt heraus. Über all grau in grau. Die Dörfer lagen verlassen im Nebel (manche fast schon gespenstig) Hin und wieder holte mich meine Angst vor Hunden ein aber alles geht gut. Um mich abzulenken singe ich etwas ich glaube das hält die Hunde auch gut fern und lenkt mich etwas ab! In Frielendorf schlafe ich im Hotel zur Krone. Hört sich toll an ist aber nicht nur im Preis billig! Die Wirtin ist schon älter und Ihres Lebens müde. Die Zimmer schön aber nicht geputzt das Bett hart.. Zu Essen habe ich dann in Frielendorf nichts mehr
gefunden. Hatte aber noch Brot vom Frühstück und einen Apfel das tut´s auch! Habe nicht sehr gut geschlafen.
Am nächsten Morgen erhalte ich ein schönes Frühstück. Zahlte und erklärte dass ich jetzt noch packe und dann gehe. Als ich wieder in der Wirtstube stehe ist niemand zu sehen. Also will ich aus der Tür aber die ist abgeschlossen. Die Wirtin hatte mir erzählt, dass Sie heute Morgen Gymnastik habe nun hat sie mich scheinbar vergessen! Was nun??? Nach langem Suchen fand ich einen Nebenausgang. Den sperrte ich auf und legte den Schlüssel in den Briefkasten. Ich war befreit!!!! Auch das ist Glück.
Das Leben ist wundervoll. Es gibt Augenblicke, da möchte man sterben. Daber dann geschieht etwas Neues und man glaubt, mein sei im Himmel. Edith Piaf
Dies heute soll meine letzte Tour sein. Ich bin doch etwas schlapp und ich vermisse Gesellschaft! Ich gehe heute noch bis Treysa. Dort schlafe ich in der Diakonischen Einrichtung (schon vorbestellt) und morgen fahre ich dann die letzte Etappe mit dem Zug nach Marburg und später nach Hause. So habe ich noch den Sonntag um mich zu regenerieren und ein Tag Sauna einzulegen meine Knochen werden es
danken!!!!
Nach 13 Km bin ich in Ziegenhain. Ich bin zwar gut gelaufen hatte mich auch nur einmal verlaufen, aber der trübe Himmel scheint mich völlig leer zu fegen. Ich fühle mich jetzt richtig schlapp. Gönne mir jetzt beim ersten deutschen Gasthaus auf diesem Weg eine Kartoffelsuppe und ein Eis mit heißen Himbeeren. Super Lecker!!!!
Die letzten 6 Km ziehen sich dann noch furchtbar. Zwar war es ein schöner Weg immer auf dem Damm neben dem Fluss „Schwalm“. Leider gibt es auf der ganzen, langen Strecke nicht eine Bank. Da es ja geregnet hat (jetzt kommt die Sonne etwas raus) ist alles Nass. Auf
Toilette müsste ich auch aber auf freiem Feld??? Als ich endlich in Treysa ankam, führte mich der Weg auf und ab. Dort ist das Gefälle in der Stadt ordentlich und ich schleppte mich durch das schöne Städtchen. Hatte nicht wirklich Augen dafür wollte nur noch ankommen. Um 15:30 Uhr endlich kam ich in Hephata dem Diakonischen Werk an. Dort hatte ich ein schönes Zimmer im Flur eine Dusche, ein WC, ein Aufenthaltsraum und eine Küche. Also schleppte ich mich noch einmal den Berg wieder runter um etwas einkaufen zu gehen. Auch wollte ich gleich schauen, wo morgen der Bahnhof ist. Auf dem Weg reist eine junge Mutter ihren etwa sechsjährigen
Sohn am Ohr. (Sie hat noch ein Kinderwagen mit einem etwas Dreijährigen dabei). Der Sechsjährige schreit auf fällt hin weint laut und sagt, dass es ihm arg wehtue. Doch sie beachtet ihn nicht mehr und geht sogar weiter. Bei mir ist dadurch etwas in Gang gekommen. Vor Mitleid klopft mein Herz und ich fange sogar an innerlich zu zittern. Ich gehe, ohne zu überlegen hin, helfe dem (verschreckten) Jungen auf. Die Mutter kommt nun zurück. Ich lege die Hand auf die Schulter des Jungen und tröste ihn nun endlich sagt die Mutter etwas und tröstet ihn ebenfalls. Es war einfach herzergreifend. Das Elend des Jungen der bestimmt wenig
gute Gefühle erhält - und die harte Schale um das Herz der Mutter. Das Schlimme daran ist, dass auch die Mutter nur bedürftig war. Ab da hätte ich nur noch weinen mögen. Und tat dies auch, vor allem an der Ruine zur „Totenkirche“, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. War mein Leben als Kind doch auch geprägt von der ständigen Angst geprügelt zu werden. Und war meine Mutter doch auch so überfordert mit uns Kindern und fand keine Hilfe!!!!
Eingekauft hatte ich mir dann Miracoli mein Lieblingsessen. Nudeln und Tomatensoße!
Auch auf diesem Weg endet mein Weg in
einer Behinderteneinrichtung. Wie in meinem Berufsleben auch warum zieht es mich zu Behinderungen??? Hat das was mit Gerdi meiner Tante und Gabi ihrem Kind zu tun. Beide sind ziemlich alleine im Heim verstorben. Mache ich nun etwas gut????
Heiterkeit des Herzens schließt wie der Frühling alle Blüten des inneren auf. Jean Paul
Mit dem Zug fahre ich heute Morgen nach Marburg. Das ist auch mal schön! Das ist zwar eine wunderschöne Stadt aber nach sieben Tagen alleine auf Wanderwegen ist es dort laut und hektisch. Die Elisabethenkirche besuche ich natürlich als erstes. Dort zahle ich erst einmal einen guten Obolus um überhaupt eintreten zu können. Drinnen sind dann sehr viele Touristen die laut Schnatternd durch die Halle gehen. In einer Nische sitzt eine Frau vor Kerzen und weint die Touristen stehen nebendran und unterhalten sich in
normaler Lautstärke einfach schrecklich wie wenig Achtsamkeit in diesen Menschen ist. Dieses Gefühl hatte ich schon damals als wir den Jakobsweg nach Köln gelaufen sind. Die Kirchen sind nur noch Vermarktungs Punkte mit Spiritualität hat das nichts mehr zu tun! Auch in Venedig in der Markuskirche bin ich ganz schnell vor dieser wenig Achtsamen Haltung geflohen! Da lobe ich mir die vielen kleinen Dorfkirchen die uns Pilger liebevoll aufnehmen in denen auch ich meine Gebete gesprochen habe und die immer offen und ansprechend waren DANKE!
Als ich die Kirche verlasse, stürzt ein etwas 50 Jähriger Mann vor mir von der
Treppe. Gott sei Dank konnte er aufstehen und humpelte in die Kirche.
Am Ende gönne ich mir noch einen Kaffee und Kuchen in dem Kaffe , dass wir besucht hatten als wir von Gießen nach Marburg den Elisabethenweg liefen. Eine schöne Erinnerung!
Habe ich nun das Glück gefunden????
Ich hatte auch auf diesem Weg Glück empfunden. ABER ich habe auf diesem Weg vor allem gelernt, dass Glück ist der normale Alltag. Meine Wohnung (vor allem als ich nach diesen Tagen in mein Bett fiel hatte ich ein echtes Glücksemfinden) meine Arbeit, meine Gesundheit, meine Freunde und vor allem meine Kinder.