Kurzgeschichte
Kriegsgeflüster

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"Kriegsgeflüster"
Veröffentlicht am 04. Januar 2014, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Da weiß ich natürlich so Einiges.Wer etwas genaues wissen möchte,kann mich gerne kontaktieren
Kriegsgeflüster

Kriegsgeflüster

Titel

Es war der Winter 1944 als ich eingezogen wurde, und dazu beitragen sollte den Endsieg zu besiegeln.

Eigentlich war ich zu alt, um in den Krieg zu ziehen, aber zu diesem Zeitpunkt wurde alles eingezogen was sich noch auf den Beinen halten konnte.

Die Aussicht zurück zu kehren war minimal aber mir blieb nichts anderes übrig, als mich der Staatsgewalt zu ergeben. Ich hatte noch nicht einmal die Zeit, um mich gebührend von meiner Familie zu verabschieden, als der Hauptmann mit seinen Leuten vor der Tür stand, um mich abzuholen. Meine

Frau und meine 3 Töchter standen im Flur gedrängt und streckten ihre Arme in meine Richtung, um noch eine letzte Berührung zu ergattern.

Ich drehte mich jedoch nicht um und ging direkt zu den anderen Soldaten die eingesammelt wurden.

Jeder von uns wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, das die Lage aussichtslos war. Aber jeder Widerstand endete mit dem Tod.

Also lieber kämpfen und auf eine Rückkehr hoffen.

Keiner wusste wohin es ging und demnach war auch die Stimmung.

Keiner sprach ein Wort. Aber die Blicke meiner Kameraden werde ich niemals

vergessen.

Als wir dann in einen Zug gepfercht wurden gab es den ersten Moment, wo mir mein Schicksal so richtig bewusst wurde als ich ein Foto aus meinem Proviantbeutel zog, den meine Frau liebevoll gepackt hatte.

Zu sehen war meine Frau Elena und meine 3 Töchter in ihren besten Kleidern.

Ich kann mich noch an den Moment der Aufnahme erinnern und mir schossen Tränen in die Augen.

Würde ich meine Familie jemals wiedersehen?

Diese Frage geisterte mir lange im Kopf herum bis der Zug abrupt hielt und wir

auf einem einsamen Bahnhofsgelände Aufstellung nehmen mussten.

Der Kommandant teilte uns unser Ziel mit und alle waren geschockt.

Es ging nach Russland.


Der weitere Weg zu unserer Einheit war sehr beschwerlich. Immer wieder gerieten wir mit den vermeidlichen Feinden in Kontakt und die als Verstärkung gedachten Neulinge konnten den Kämpfen nicht standhalten.

Nur etwa die Hälfte meiner neuen Kameraden überlebte die Tortur.

Nicht nur die Kämpfe waren entscheident, sondern auch unsere

Ausrüstung. Man hatte uns Winterbekleidung zugesagt und auch die nötigen Waffen inklusive Munition sollten zur Genüge vorhanden sein.

Nichts dergleichen stimmte.

Wir hatten weder Winterkleidung noch das Material, welches uns irgendwie hätte schützen können.

Ein weiterer Grund weshalb sich die Nachhut immer mehr dezimierte bevor wir unseren Zielort erreichten.


Mittlerweile wussten wir, wie tief es nach Russland hinein ging und die Kälte nahm rapide zu. Die Zustände waren kaum zu ertragen. Aber jeder dachte nur ans Überleben, um seine Familie, seine

Geliebte oder seine Eltern wieder zu sehen. Ein Kampf den es zu ertragen galt. Und dieser Kampf war schlimmer als alles Andere.

Nach etwa 2 Wochen schienen wir am Ziel angekommen zu sein.

Wir befanden uns mitten an der Front.

Der Anblick unserer Kameraden, welche bereits seit Monaten und vielleicht sogar seit Jahren im Einsatz waren, war schockierend.

Das war keine Armee sondern ein Haufen von gebrochenen Elementen.

Mir graute es vor dem Einsatz als ich Dieses sah, und meine Hoffnung sank.


Kaum hatten wir unser Quartier bezogen,

kam auch schon unser Kommandant und befahl den Abmarsch zum Einsatz in vorderster Front. Ich hatte gerade noch Gelegenheit, um mein Foto zur Hand zu nehmen und es zu betrachten. Einer der wenigen Momente wo ich lächeln konnte.

Wir marschierten mit den Überresten der Nachhut in Richtung Kampflinie und alle, die uns entgegen kamen, sahen gedemütigt und verbraucht aus.

Einige gaben uns ihre Waffen und auch Kleidung, die uns helfen sollten.

Kommentarlos nahmen wir sie entgegen und marschierten.

Noch nie in meinem Leben habe ich so eine Ruhe zwischen hunderten von Menschen erlebt.

Nur die Geräusche der Granateneinschläge und der Bomben wurde immer näher getragen.

Unsere Angst stieg ins Unermessliche.


Es war vielleicht ein Kilometer Fußmarsch als wir an der Grenze des Möglichen ankamen.

Unser Kommandant befahl neue Gräben zu graben.

Aber auch vorhandene Schützenlöcher wurden genutzt. Denn es war schwierig den gefrorenen Boden zu bearbeiten.

Vor Allem wenn man unter Beschuss lag.

Immer wieder gab es Alarm und es gab nicht wenige, die Arme, Beine oder sogar ihr Leben verloren.

Unsere Sanitäter hatten eine Akkordleistung zu erbringen. Oftmals ohne Erfolg.

Ich grub wie ein wilder und duckte mich bei jedem Grollen und bei jedem Knall.

Aber ich hatte Glück.

Außer ein paar Kratzer hatte man mich und mein Loch verfehlt.


Meine Kameraden hatten nicht so viel Glück.

Nach einer Stunde voller Beschuss kehrte ein wenig Ruhe ein.

Ich horchte und bekam den Mut mich aufzurichten.

Ich schaute mich um und musste feststellen, dass ich wohl allein war.

Wie konnte es sein?

Also fasste ich noch mehr Mut und krabbelte von Schützenloch zu Schützenloch.

Überall das gleiche Grauen.

Zerfetzte Leiber.

Ich rief nach Hilfe. Aber niemand kam.

Meine komplette Kompanie war ausgelöscht.

Verzweiflung pur.

Ich ließ mich in ein verwaistes Loch fallen und schlief ein.


Am nächsten Tag schien immer noch Ruhe zu herrschen. Kampfgeräusche gab es nur weit entfernt. Aber das änderte nichts an der Kälte und an meiner

Einsamkeit.

Meine Füße waren kaum noch spürbar und meine Vorräte beschränkten sich auf ein paar Kräcker.

Wenn also keine Kompanie mehr vor Ort war und es auch sonst keine Rückzugsmöglichkeit mehr gab, wäre mein Tod besiegelt.

Ich nahm wieder das Foto zur Hand und gab es einen Kuß.

Mein Gedanke war, einfach nur "Auf Wiedersehen" zu sagen, als es eine große Explosion in meiner Nähe gab.


Ich wachte in einem Raum auf der überwiegend in weiß getaucht war.

Zuerst dachte ich, das es der Himmel zu sein schien.

Aber das war nicht der Fall.

Es war ein Krankenhaus und ich konnte es kaum glauben.

Wie war ich hier her gekommen?

Bevor ich aber weiter nachdenken konnte trabten einige Weißkittel in den Raum und mussten alles an mir untersuchen.

Es wurde reichlich diskutiert.

Aber sie waren anscheinend zufrieden und verschwanden nach und nach.

Ich starrte an die Decke und wusste immer noch nicht, wo ich mich befand.

Die Müdigkeit war jedoch zu stark und ich schlief wieder ein.


Mein nächstes Erwachen war viel klarer.

An meinem Bett saßen meine Frau Elena und meine drei Töchter.

Ich erkannte, das ich wohl überlebt hatte und wieder im Kreis meiner Familie sein konnte.

Ich hatte zwar ein Bein verloren. Aber ich war zu Hause und hatte meine Liebsten an meiner Seite.












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dfedrowitz
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Faunia So lebensecht und resignierend, diese Hoffnungs-und Hilflosigkeit ...
Schön, dass so eine Explosion verhältnismäßig wenig angestellt hat und dass das LI wieder bei seiner Familie sein kann.
Vor langer Zeit - Antworten
dfedrowitz Vielen Dank für Ihre positive Berwertung
Vor langer Zeit - Antworten
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