Kurzgeschichte
Nikolaus und das Rentier

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"Nikolaus und das Rentier"
Veröffentlicht am 06. Dezember 2013, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Friede, Freude, Eierkuchen? so lässt sich in Kürze mein Leben beschreiben :-) Ach ja, ich bin übrigens in den Schweizer Bergen Zuhause.
Nikolaus und das Rentier

Nikolaus und das Rentier

Grosse dicke Flocken fallen vom Himmel, so als würden tausende von weichen Sahnehäubchen die Landschaft begrüssen. Alles ist weiss, eine klare Nacht eilt herbei. Es ist ruhig und friedlich im Wald, die meisten Tiere schlafen bereits - ausser die Eule - sie gibt ab und zu einen Laut von sich.

Mitten im Wald steht ein kleines Häuschen. Schon von weitem sieht man warmes wohliges Licht durch die kleinen Fenster scheinen. Ist das nicht ein Kaminfeuer? Ja, Rauch steigt aus dem Kamin und wenn man gut hinschaut, sieht man sogar ein paar Funken in den Himmel aufsteigen. Jetzt sieht man es klar und deutlich, da sitzt ein alter bärtiger Mann am Tisch und schlürft

eine Suppe. Er trägt eine wunderbare rote Kutte und sein Bart ist lang und weiss. Obwohl er ganz alleine  da sitzt, sieht er glücklich und zufrieden aus. Keine Frage, es handelt sich um den Nikolaus höchstpersönlich.


Er verbringt die kalten Wintertage drinnen an der Wärme und bereitet sich auf den grossen Tag vor. Die Kinder freuen sich alle auf seinen Besuch, das weiss er jetzt schon. Genau wie letztes Jahr. Nikolaus kann es kaum erwarten. Noch eine Woche und es ist soweit! Die Geschenke sind alle bereit, der Schlitten sauber geputzt und Herr Nikolaus frisch gebadet, nur das Rentier fehlt!

Jedes Jahr begleitete ihn Otto, Otto sein starker Freund und sowieso, das beste Rentier der Welt! Nur ist Otto bereits etwas in die Jahre gekommen und wird von Jahr zu Jahr müder. Die weite Reise zu all den Kindern wird immer schwieriger. Das ist auch der Grund, weshalb Otto im Stall steht und nicht im Wald herumrennt, wie er es früher öfters gemacht hat. Otto will nun seine Ruhe. Er mag es, wenn Nikolaus ihm sein Heu bringt, frisches Wasser hinstellt und ihn behutsam streichelt. Ja, sogar die kleinen Ausflüge in der warmen Nachmittagssonne findet Otto toll. Aber rennen ist nicht mehr sein Ding. Viel lieber kuschelt er sich an Ingrid. Ingrid ist kein Rentier, Ingrid ist ein hübsches weisses

Schaf, die immer viel zu erzählen hat. Ihr Spezialgebiet sind lustige Witze, dabei krümmt sie sich meistens selber vor Lachen. Das ist ansteckend, Otto mag Ingrid wie niemand anders. Und dann ihr dickes warmes Fell, es gibt nichts Besseres zum Anlehnen und zum Kuscheln.

Die Suche für ein geeignetes Rentier stellt sich aber als gar nicht so einfach hin.

Willy ist Rentierbesitzer und wohnt in der Nähe vom Wald. Dort hat er ein ganzes Rudel Rentiere angesiedelt. Junge, Alte, Grosse und Kleine... von dort hat Nikolaus auch seinen Otto hergeholt.

Also macht sich Nikolaus auf den Weg zu Willy.

Schon von weitem hört er das lustige Grunzen der Rentiere, fast so, als wäre eine Horde Schweine ansässig.

Willy winkt Nikolaus zu. "Hallo Nikolaus, schön bist du da! Komm schnell, ich habe dir 5 meiner besten Rentiere im Pferch zur Auswahl. Such dir Einen davon aus!"

Einer schöner als der Andere und beim näheren Betrachten sieht er unter den strammen Kerlen eine feingliedrige, überaus hübsche Rentierdame.

"Lola ist besonders schnell und sehr wendig!" weiss Willy auszurichten. "Sie erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 100km/Std."

Neben Lola steht ein stämmiges, dunkelbraunes Tier.

Das Rentier ähnelt einem starken Bullen mit Geweih, ein richtiges Muskelpaket.

"Das ist Macho, einer meiner Stärksten! Er ist nicht ganz so schnell, dafür ausdauernd. Er läuft nicht nur am Tag, er rennt Tag und Nacht."

So geht es weiter, Willy preist seine besten Stücke an, dabei kann man seine stolze Haltung nicht übersehen. Er ist schliesslich einer der bekanntesten Rentierverkäufer im ganzen Land.

Lola, Macho, Beni, Jim und Holdrio... alle mit ganz überdurchschnittlichen Fähigkeiten!

Nikolaus macht eine kleine Runde um den Stall, um sich das Ganze nochmals durch den Kopf gehen zu lassen. Dann trifft er

auf etwas Zerzaustes, Wildes, Kleines! Ein Pony? Ein Esel oder doch eher eine Ziege?! Nikolaus tritt näher und bemerkt erst jetzt, dass es sich um ein Rentier handelt.


"Hallo Kleines, was machst du denn hier?! Warum bist du nicht auf der grossen Weide bei den anderen?"

Keine Antwort! Nikolaus versucht es nochmals etwas freundlicher. Doch auch dieses mal bekommt er keine Antwort. Stattdessen läuft das kleine Rentier weg, weit weg in den nahgelegenen Wald. Nikolaus läuft hinterher, hat aber keine Chance, das Rentier einzuholen. Also ruft Nikolaus laut in den Wald: "Kleines,

woooooo bist du... komm zurück!"

Er wartet eine Ewigkeit. Es dunkelt bereits ein, da hört er ein leises knacksen. Nikolaus vermutet bereits etwas. Und tatsächlich, auf einmal steht das wilde Geschöpf direkt vor ihm!

Nikolaus sagt nichts, er sitzt einfach nur auf dem kalten Waldboden und wartet. Das kleine Rentier wartet auch, eine ganze Weile vergeht, bis das kleine Rentier einen Schritt auf Nikolaus zumacht. Es stupst ihn von der Seite an, ganz sachte. Nikolaus blickt in runde, ängstliche Rentieraugen. Jetzt erst bemerkt Nikolaus, dass das kleine Ding nicht aus Willys Zucht ist, es trägt nämlich kein Halfter wie alle anderen es tun. Das Rentier wohnt im Wald und muss

Gesellschaft bei seinen Artgenossen gesucht haben, wurde aber gar nicht wahrgenommen, da es so klein und unscheinbar ist.

Nikolaus sieht vor sich das süsse Rentier, welches so gar nicht der Norm entspricht. So viel Einsamkeit vereint mit Trauer hat er noch nie gesehen und ohne gross zu überlegen, fragt er:

"Willst du mein Rentier sein?!" Das Rentier hebt den Kopf, saugt die kalte klare Luft ein und stösst ein leises, scheues Geräusch aus. Nikolaus sieht einen Funken durch die Augen des Rentieres wandern und dann kullert eine kleine Träne hinab in das wuschelige Rentierfell.


Nikolaus sagt mit ruhiger Stimme: "Ich brauche kein schnelles, kein starkes und kein schönes Rentier; ich brauche einen Freund, der Zeit für mich und die Kinder hat! Du bist zwar klein und etwas wuschelig, aber genau das mögen die Kinder. Du bist ein Original und auf das kommt es mir an!"

Nikolaus ist überglücklich, er nennt die Kleine Flaks, was auf norwegisch soviel wie Glück bedeutet. Die letzten Worte dieses schönen, sternenklaren Abends bleiben Flaks ein Leben lang in guter Erinnerung. Nikolaus hauchte Flaks folgende 8 Worte ins Ohr: “Was für ein Glück, dich gefunden zu haben!"

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Flebia
Friede, Freude, Eierkuchen? so lässt sich in Kürze mein Leben beschreiben :-)
Ach ja, ich bin übrigens in den Schweizer Bergen Zuhause.

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Silbenfaeller Toll geschrieben. Aber wirst du damit bei den Kindern nicht noch mehr Verwirrung stiften? Nikolaus ist doch der mit dem Knecht Ruprecht und gehört zum 6.Dezember. Der mit den Rentieren ist der Weihnachtsmann vulgo Santa Claus - er gehört trotz der Namensähnlichkeit zum Heiligen Abend und wird unsernorts oft vom Christkind vertreten.
hm... vielleicht ist deiner von Beruf Weihnachtsmann und heißt Nikolaus? :-)
lg SF
Vor langer Zeit - Antworten
Flebia Hmm, und gestern erst habe ich erfahren, dass es weder den Weihnachtsmann noch den Nikolaus gibt ;-)
Die Verwirrung tut mir leid… natürlich hast du Recht.
Da sieht man mal wieder, ich kenne meinen Ehemann wohl besser als den Weihnachtsmann :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Silbenfaeller Zuerst die Verwirrung und jetzt noch ein Spoiler, tz, tz ;-)
Aber du hast sicher recht, mangels Existenz, ist der Sack vom Nikolaus sicher weniger interessant, als von deinem Mann, etwa der Charakter.
Vor langer Zeit - Antworten
MilunaTuani gefühlvoll, in weihnachtlichen Flair, eine anheimelde Geschichte,
gern gelesen,
LG,
Miluna
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Flebia Danke Miluna
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Platonia Hat mir sehr gut gefallen.
LG Platonia
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Zitrone Wirklich eine wunderschöne Geschichte!
LG
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NORIS Das ist eine wundervolle Weihnachts-Nikolaus-Rentiergeschichte ... mit viel Liebe geschrieben ... mit viel Gefühl dekoriert ... mit viel Lebensweisheit ausgestattet ... so recht für einen besinnlichen Abend ...
LG Heidemarie
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Darkjuls Eine sehr süße Nikolaus - Rentier Geschichte. LG Marina
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