Humor & Satire
Personenschaden im Flugverkehr

0
"Ein hoffentlich amüsanter Tatsachenbericht über penetrant nervige Nebensitzer im Flugzeug."
Veröffentlicht am 04. Dezember 2013, 10 Seiten
Kategorie Humor & Satire
© Umschlag Bildmaterial: Winternitz / pixelio.de
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Ein hoffentlich amüsanter Tatsachenbericht über penetrant nervige Nebensitzer im Flugzeug.

Personenschaden im Flugverkehr


Im Flugzeug von München nach Berlin bin ich ihr begegnet: der Unperson schlechthin, dem wandelnden Arschloch in menschlicher Gestalt, der Apokalypse der Rücksichtnahme. Ich hatte gerade am Fenster Platz genommen, nichts ahnend ein Buch ausgepackt, die Leselampe über mir eingeschaltet und wartete nun im wohlig warmen Lichtkegel friedlich darauf, dass es endlich losging. Plötzlich stand da diese Frau im Gang: zum Bürstenschnitt geschorenes, graumeliertes Haar, ein Gesicht, aus dem jegliche Freundlichkeit von einem Fachmann herausgefräst

worden war, und jede ihrer Bewegungen ließ einen Elefanten im Porzellanladen wie eine grazile Ballerina beim »Tanz der Zuckerfee« erscheinen. Es fing damit an, dass sie sich selbst auf den mittleren der drei Sitze wuchtete, als sei sie ein Kartoffelsack mit Füßen. Die Vordersitzer drehten sich empört herum, um nachzuschauen, wer da wohl wie ein Berserker mit der Axt auf ihre Rückenlehne eindrosch. Der recht grobschlächtige Prozess des Hinsetzens konnte aber auch darin begründet gewesen sein, dass besagte Dame keuchend wie ein Asthmatiker vorm Exodus ihre fünfzig Kilo Handgepäck vor

sich her schob, die kein Mensch in eine der oberen Ablagen hineingepresst bekommen hätte, der nicht mindestens über den Körperbau eines Vitali Klitschko verfügt. Also musste das Ding mittels Falttechnik der Marke »Was nicht passt, wird passend gemacht« unter den Sitz, klar. Wie sie überhaupt mit einem solchen Felsen durch die Kontrollen gekommen war, erschloss sich mir schon nicht so recht, aber vermutlich hatte sie die Kontrolleure einfach mit ihrem ... Gesicht ... angeschaut. Als die Todsünde von einem Handkoffer tatsächlich verstaut war, ohne dass meine Beinfreiheit beeinträchtigt worden

wäre, holte die grenzwertig feinsinnige Dame das Beeinträchtigen augenblicklich nach, indem sie, nun ja, so sanft in den Sitz glitt wie eine Feder, die zu Boden sinkt. Sofern die Feder aus Blei ist. Kaum war auch das erledigt, wurde die mitgebrachte Zeitung ausgepackt. Wie ein Adler majestätisch seine Schwingen ausbreitet, schlug die omnipräsente Nebensitzerin das Blatt auf, bis nicht nur mein eigenes, sondern auch das Leselicht ihres Sitznachbarn auf der anderen Seite komplett vereinnahmt war. Gut, man soll sich schließlich wie zu Hause fühlen, und da hat sie offenbar die Hosen an. Außerdem konnte Madame so ihr eigenes Leselicht ausgeschaltet lassen und Strom

sparen. Definitiv nicht sparte sie dafür am Getränk. Wir waren inzwischen in der Luft, und kaum hatte sie den ersten Weißwein in den Schlund gekippt, rief sie nach der vorbeieilenden Flugbegleiterin und verlangte lautstark das nächste Gesöff, um die dargereichten Chips runterzuspülen. Immerhin musste hinterher niemand ihren Müll abholen, denn die leeren Becher landeten flugs auf dem Rest an Fußboden, der nicht vom Monsterkoffer blockiert war. Die Chipstüte auch. Und die Zeitung. Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein? Also

meine jedenfalls nicht, lieber Herr Mey! Und immer, wenn man denkt, schlimmer geht's nicht mehr, kommt von irgendwo penetrant laute Musik her. Der Pilot oder seine Automatik war längst zum Landeanflug übergegangen, als Miss Höflichkeit ein paar Kopfhörer in ihr Smartphone stöpselte, um in Lautstärke Trommelfelldesaster die eigenen wie die sie umgebenden Gehörgänge zu ruinieren. Woah! Die Bitte, jetzt doch aber wirklich alle elektronischen Geräte auszuschalten, half da nicht weiter, ging dieser Hinweis doch in donnernder Popmusik unter. Für solche Personen wünsche ich mir in Passagiermaschinen

einen Bombenschacht! Als ich das Lesen längst aufgegeben hatte und mit meiner Stirn entnervt das Fensterchen zu meiner Rechten einfettete, um dem armlehnenkonfiszierenden Störfaktor neben mir nicht irgendwann im Affekt den Hals umzudrehen, kam die Maschine endlich wohlbehütet in Berlin Tegel an. Um noch einen draufzusetzen, durfte ich das Flugzeug erst so ziemlich als letzter verlassen, weil die personenschädigende Schadperson unbedingt die eigentlich beschäftigte Flugbegleiterin in einen hübschen Plausch verwickeln musste, während der portable Wandschrank, den sie mitgebracht hatte, noch immer

zwischen den Sitzen klemmte und mich so temporär meiner Freiheit beraubte. Und so was nennt sich am Ende »Economy«? Von wegen! Ökonomisch war auf diesem Flug zumindest links von mir allerhöchstens der Haarschnitt.

0

Hörbuch

Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

Leser-Statistik
27

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
MarieLue Tja, leider gibt´s solche Leutchen immer häufiger. Da hilft nur eine "knallharte" Ansage. Manchmal passiert dann etwas. Manchmal aber auch nicht... Doch zumindest ist man dann wenigsten den Frust los.
Guten Flüge weiterhin!
Herzliche Grüße
Marie Lue
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Marie Lue,

na also wegen einer knappen Stunde Flug wollte ich da kein Fass aufmachen. Und dank ihrer Kopfhörer hätte sie meine Ansage eh nicht verstanden. Die der Durchsage hatte sie ja auch konsequent überhört. ;-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Ooooch, eine Tüte Mitleid für dch. Sehr plastische Situationsbechreibung, Thomas. Na ja, wenn die Dame wenigstens nicht auch noch üble Körpergase ausgestoßen hat, geht's ja noch ... :o)

Schmunzelgrüße
Gunda

PS: Als ich neulich mit der Bahn fuhr, durfte ich unfreiwillig dem Ehestandsbericht einer "Dame" so etwa um die 40 lauschen. Im Gedächtnis ist mir geblieben "Und denn hat den seine Scheiß-Ex gesagt ..." Hach, da rollten sich mir doch glatt die Fußnägel auf ob des akkusativierten Datigenitivs ...
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Gunda,

also geruchstechnisch war mit der ansonsten penetranten Frau glücklicherweise alles in Ordnung. Hab aber auch nicht näher »nachgerochen«. ;-)

Liebe Grüße
Thomas

PS: Da ich ja Brandenburger bin, gibt's prinzipiell in meinem Wortschatz sowieso keinen Genitiv. Hab ich mir nachträglich dann aber doch angewöhnt. ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
Karimela 'Armlehnenkonfiszierender Störfaktor' ist für heute mein Lieblingswort;-))
Zum Glück ist diese Spezies selten unterwegs, aber wehe dem, der auf sie trifft. Hast du mal wieder gekonnt in humorvolle Worte verpackt und mir ein breites Grinsen entlockt - ich saß ja nicht daneben;-))
Liebe Grüße und beim nächsten Flug mehr Glück mit dem Nachbarn
Karimela
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Karimela,

das war bzw. ist hier auch meine Lieblingsformulierung. :-) Meist hab ich beim Fliegen glücklicherweise meine Ruhe. Die skurrilsten Erlebnisse waren die genannte Person, außerdem einmal eine Mutter mit Baby, das sich wahnsinnig für mein Buch interessierte (sehr süß), und einmal ein schwules Männermodel mitsamt bester Freundin, die auf dem Weg war, sich die Nase operieren zu lassen (sehr interessante Unterhaltung).

Liebe Grüße und danke schön
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Karimela Na, das kann ich mir vorstellen; kannst du darüber nicht auch mal eine kleine Geschichte verfassen? Ich könnte mir vorstelen, dass das bei dir echt ein Brüller drauß wird;-)
LG
K.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hätte ich liebend gern, allerdings liegt das jetzt schon wieder so lange zurück, dass ich mich an die Details der Unterhaltung nicht mehr erinnern kann. Aber das war schon ein sehr amüsantes Gespann. :-)

Na ja, es ergeben sich immer wieder mal Situationen, aus denen sich so was hier spinnen lässt. Da halt ich die Ohren offen. ;-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
dieNiki köstlich amüsiert ,,, schön verwortet
ich habe nur beste Erfahrungen in Economy ,,
aber gerne gelesen ,, bei nächsten Flug muss ich mal besser
aufpassen, vielleicht sitzt die nette Frau gar neben mir ,,,

ein servus aus Wien
dieNiki
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Niki,

lieben Dank! :-) Ich hab eigentlich auch nur gute Erfahrungen mit Economy gemacht. Ist mir auch wurscht, wie viel Platz ich da habe, etc. Ich bin klein und brauch keine Beinfreiheit. Und die Geschichte um die "nette Frau" ist natürlich des Unterhaltungswertes wegen etwas aufgebauscht. Nervig war sie trotzdem.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
14
0
Senden

101238
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung