Fantasy & Horror
Elfenstaub

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"Manche Dinge muss man erlebt haben, um sie zu verstehen"
Veröffentlicht am 26. November 2013, 40 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: Iakov Kalinin - Fotolia.com
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Über den Autor:

Routinierte Schubladenschreiberin auf der Suche nach Erleuchtung. Klingt hochtrabend, fast wie eine Zeitungsannonce in der Rubrik sie sucht ihn. :) Sie: Selbstironische Mittdreißigerin mit flinken Fingern sucht nach ihm, dem ultimativen Kick. Er sollte Gegenwind verkraften und an die große Liebe glauben. Ein kluger Mann hat einmal gesagt, es lohnt sich nur über zwei Dinge zu schreiben: Über die Liebe und den Tod. Also schreibe ich über ...
Manche Dinge muss man erlebt haben, um sie zu verstehen

Elfenstaub

Kapitel 1

Wäre es real gewesen, hätte sich der metallische Geruch von vergossenem Blut mit dem frischen Duft der Natur verbunden. Doch kein einziger Tropfen bedeckte den Waldboden und erlaubte so jedem Teilnehmer, das Gefecht zu genießen. Brüllend und stöhnend warfen sie sich in die Schlacht, wohl wissend, im schlimmsten Fall ein paar blauer Flecken davon zu tragen. Waffen trafen aufeinander und nur der dumpfe Klang des Aufpralls verriet, dass es sich um unechte Nachbauten handelte. Elfen und Trolle kämpften Seite an Seite mit Fürstendämonen und Menschen. Ein

Kampf, gut gegen böse, auf Leben und Tod. Wobei der Tod keine wirkliche Option darstellte. Dennoch vielen sie in Scharen. Manche bereits nach den ersten paar Minuten, Andere nach einem unerbittlichen Kampf. Über die Hänge bahnten sich die Heiler ihren Weg. Sie waren weniger schwer bewaffnet, gerade gut genug um sich und ihre Patienten im Notfall zu verteidigen. An ihren Hüften baumelten Beutel. Einige mit Runen, andere mit Heilkräutern gefüllt. Sie hatten Verbände und Zaubertränke im Gepäck um im Ernstfall schnell handeln zu können.

Kapitel 2

Eine der Heilerinnen, eine kleine zierliche Halbelfe mit leicht schrägstehenden Augen und heller Haut sprang über einen niedergestreckten Körper. Sie ignorierte die Gefallenen und hielt zielstrebig auf eine am Boden liegende Frau zu. Einem Beobachter wäre aufgefallen, das sowohl die Heilerin als auch die Kriegerin eine dunkelblaue Armbinde trugen. Genau wie etwa zwanzig andere Krieger auch, doch Zuschauer gab es keine, und so oblag es allein den Spielleitern die Teams auseinander zu halten. Gerade als sie sich zu ihrer Patientin

niederkniete und sich bei einem der zehn Spielleitern nach deren Verletzungen erkundigte, rammte ein weiterer Heiler der offensichtlich zur selben Gruppe zählte wie sie, einem Krieger den Ellenbogen in den gepanzerten Torso und brachte ihn so zu Fall. Der schlaksige Mann, der selbst unter seiner Schaumstoffrüstung zusammenzubrechen drohte, hatte sich von hinten an Lydia heran geschlichen und damit gegen einen Ehrenkodex verstoßen. Überrascht schrack die Heilerin zusammen, zeigte jedoch kein Mitleid mit dem gefallenen Krieger. Niemand griff einen Heiler an, während der seine

Arbeit hat und schon gar nicht unbemerkt von hinten. So etwas verdiente mehr als nur einen blauen Fleck. Sie lächelte ihrem Kameraden zu, der sich hastig über einen am Boden ausgestreckten Troll beugte, um sich nach dessen Verletzungen zu erkundigte. Malvein, der Troll, trug einen verfilzten haarigen Anzug, von dem ein leicht modriger Geruch ausging. Seine Ohren, kleine wie Fledermausflügel, geformte Lappen, öffneten sich zum Hinterkopf hin. Sie lenkten die Blicke auf das narbige Gesicht mit der kleinen, eingedrückten Nase und den hervortretenden Wangenknochen. Darin lagen tiefe, dunkle Augenhöhlen.

Malveins lippenloser Mund stand offen und entblößte eine Reihe unförmiger, spitzer, gelber Zähne, die wie die Hauer eines Wildscheins aus seinem Mund ragten. Lydia hatte sich schon mehr als einmal gefragt, wie Malvein unter der Maske genug Luft bekam. Sich zur ordnung rufend, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Patientin zu, der nach Angaben des Spielleiters schlimme Verbrennungen durch Zauberbälle der Stufe drei zugefügt wurden. Lydia ignorierte den Tablet-PC, der ihr vom Spielleiter mit der Kameralinse vorweg vor die Nase gehalten wurde und öffnete einen ihrer Beutel. Vor zwei Wochen hatte sie an

einem Seminar teilgenommen, das sie zum Anwenden eines Heilungszaubers bei Verbrennungsopfer autorisierte. Schnell kramte sie die nötigen Runen aus der Tasche und versetzte die Kameradin in eine Art Trancezustand. Während Lydia in ihre Behandlung vertief war, rief der Spielleiter, ein kleiner, runder Typ mit schütterem Haar, die Symbole aller zugelassener Runen auf seinem Tablet auf und wählte die aus, die Lydia um Finnja ausgebreitet hatte. Sie nannte ihm die Nummer des Heilungszaubers, die er nun ebenfalls in sein Tablet eingab um sicher zu stellen, dass es sich dabei auch um den richtigen Heilungszauber handelte.

Kapitel 3

"Lydia?", krächzte Noah, von einem der Hänge ins Tal. Sofort sah sie auf, brauchte aber einen Augenblick, ehe sie den hochgewachsenen Waldläufer entdeckte. "Lydia, komm schnell. Bael ist schwer verwundet." Ihr Herz setzte für einen Augenblick aus. Konnte das sein? Bael war ihr bester Krieger, niemand konnte es mit ihm aufnehmen. Hastig suchte sie ihre auf dem Waldboden verstreuten Runen zusammen und lies nur die zurück, die Finnja verwundeten Körper schützten. Eilig

rezitierte sie dem nahe stehenden Spielleiter ihre Schutzzauber und schrie ihm, bereits im davon eilen die Nummern der Kräuter zu, die sie zur Heilung verwendet hatte. Das Spielfeld des Cons war riesig und Lydia hoffte noch rechtzeitig bei Bael einzutreffen. Noah, einer der Waldläufer ihrer Gruppe lief schnell. Doch auch Lydia war eine geübte Läuferin und blieb ihm dicht auf den Fersen. Er führte sie durch ein Waldstück hindurch zu einer kleinen Lichtung weit abseits der restlichen Kämpfe. Seichter Nieselregen hatte eingesetzt. Das war so typisch für einen Con. In achtzig von

einhundert Fällen regnete es. Ein Spielleiter stand mit offenem Mund und mit großen Augen da, das Tablet, welches die Szene aufnahm immer noch vor sich haltend. Irgendetwas schlimmes hatte den Mann in seinen Bann gezogen und Lydia beschleunigte ihre Schritte. Sie überholte Noah, der im Gegensatz zu ihr langsamer geworden war. Leopold, das Wiesel. Erkannte Lydia den hageren, großen Mann. Wer sonst! Er stand vorn über gebeugt auf sein Schwert gestützt und atmete tief in seinen Brustkorb ein. Schlitternd kauerte Lydia sich vor dem, am feuchten Waldboden, ausgestreckten

Bael. "Ich bin hier!", schrie sie aus Leibeskräften. "Wo bist du getroffen?" Noch während sie das fragte zog sie vier Runen aus einer Tasche an ihrem Umhang und warf sie in einem Kreis um Bael, doch er antwortete ihr nicht. Er lag einfach nur da, seine großen Hände bedeckten sein Gesicht. "Was ist los?", schrie sie und sah von Bael zu Noah und von ihm zu dem Wiesel. "Zu spät", krächzte Leopold. In seiner Stimme schwang Hohn und Triumph. "Was meint er damit?", wandte Lydia sich nun an den teilnahmslosen Mann,

der etwas abseits stand. Er war ein kleiner Typ, der auch wunderbar in die Rolle eines Zwergs hätte schlüpfen können. Sein rotes T-Shirt, dass ihm mit der Aufschrift Orga SL um seinen runden Bauch spannt, wies ihn deutlich als Spielleiter aus.

kapitel 4

"Du kommst zu spät Lydia von Seefeld, Bael wurde soeben der Todesstoß versetzt." "Was?" Lydia raffte sich auf. Unbändiger Zorn raste wie eine Woge über sie hinweg. Ein Todesstoß konnte nur einem schwer verwundeten Gegner zugeführt werden und es bedeutete das Ende des betroffenen Spielcharakters. Baels Charakter existierte schon seit zehn Jahren. Er war einer der Gründer ihrer Gruppe, ihn zu verlieren war undenkbar! Mit Wut verzerrtem Gesicht, rammte sie ihre zierliche Gestalt gegen Leopold, der den Angrief nicht

vorhergesehen hatte. Er verlor das Gleichgewicht und landete mit dem Hinterteil voran im Dreck. Erneut griff sie in eine ihrer Manteltaschen und warf eine Runen vor ihm auf den Boden. Dabei raunte sie verheißungsvoll eine Formel. Sie sprach sie mit tiefer, fester Stimme, so das auch der Spielleiter es mitbekam. Schützend bedeckte Leopold sein Gesicht mit dem Arm, ganz so, als könnte ihm ihre Zauberformel wahrhaftig etwas antun. "Erstarrt Lord Leopold, die Runen befehlen es euch." Lydia spie ihm die Worte entgegen, als wären sie ein Dolch der ihn mitten ins Herz traf. Überrascht blinzelte Leopold unter seinem

Hemdsärmel hervor. Gehorsam blieb er regungslos wo er war. Von nun an war er für eine viertel Stunde außer Gefecht gesetzt und auf Gedieh und Verderben Lydia von Seefeld ausgeliefert. Gut das es sich bei der Frau um eine Halbelfe handelte, die waren wie jeder wusste Pazifisten, und Lydia hatte genug Elfenblut in sich um ihn nicht auf der Stelle umzubringen. Lydia wandte sich an den Spielleiter. "Ich kann ihn retten." "Tut mir leid, aber er ist bereits tot." "Unsinn!", wiedersprach sie energisch. "Ihr seid zu spät. So sind nun einmal die Regeln." Lydia sah zu Bael, der sich nun

langsam aufsetzte. Sie war nicht bereit sein Schicksal hinzunehmen und strafte die Schultern. Trotz ihrer kleinen Statur, umgab Lydia etwas königliches, wenn sie wie jetzt völlig von einer Sache eingenommen war. "Diese Aktion ist regelwidrig", beharrte sie. Alle Anwesenden starrten sie an. "Was soll der Scheiß!" Leopold sprang auf und warf sein Schwert von sich. Lydia hob lediglich eine Augenbrauche, ignorierte Leopold aber ansonsten. "Ich verlange angehört zu werden! Holt den Medicus", forderte sie. Lydia kannte ihre Rechte. Das Regelwerk war eindeutig und ihr war klar, dass sie angehört werden musste, wenn sie es

forderte. "Nein", brüllte Leopold, der seinen Sieg bereits wanken sah. Er stampfte auf sie zu und beinahe zeitgleich zog sie ein Messer aus ihrem Stiefel und presse es gegen den flachen Bauch des Dämons, wohlwissend, dass das Silikonteil ihm keinen echten Schaden zufügen konnte. Doch überraschenderweise hielt es ihn zurück. Leopold war zu sehr im Spiel, um zu erkennen, das es sich nicht um eine echte Waffe handelte. Unschlüssig ob sie eingreifen sollten, tauschten Noah und Bael einen Blick, rührten sich aber nicht. "Ich verlange den Medicus zu sprechen!", behaarte Lydia noch einmal.

Sie sprach die Worte langsam und mit fester Stimme. Dem Spielleiter musste klar sein, dass sie in diesem Punkt nicht verhandelte. Unsicher nickte der Spielleiter schließlich und schickte eine Nachricht über sein Tablet. "Oh... Bulshit!", stieß Leopold aus und warf die Hände in die Luft. "Das darf doch nicht wahr sein. Alter, wo hast du den die Regeln gelernt, im Kindergarten?" Leopold schleuderte dem kleinen Mann die Worte an den Kopf, der daraufhin noch kleiner zu werden schien. Er tat Lydia leid, aber das war jetzt nicht zu ändern, hier ging es um

mehr und sie konnte keine Rücksicht auf den Frischling nehmen. Leopold stapfte fluchend zu seinem Schwert zurück und setzte sich im Schneidersitz hinter die auf dem Boden liegende Rune. In der Zwischenzeit lies Lydia sich vom Spielleiter das Video zeigen, dass er mit seinem Tablet vom Kampf aufgenommen hatte. Der größere und muskulösere Bael in seiner Lederkleidung hatte den Kampf klar behauptet, doch das Wiesel war flink und wendig und schaffte es, schwereren Verletzungen aus dem Weg zu gehen. Das Blatt wendete sich, als Bael auf dem feuchten

Laub ausrutschte. Da traf ihn der erste, harte Schlag. Unfähig den rechten Arm weiter zu benutzen war er darauf angewiesen das Schwert mit der linken Hand zu führen, was ihm wesentlich weniger geschickt gelang. Aber er war gut trainiert und parierte die Angriffe so gut er konnte. Bis er erneut ins Straucheln kam und zu Boden ging. Triumphierend lächelnd hob Leopold sein Schwert über seinen am Boden liegenden Feind und schrie die vernichtenden Worte als er es auf ihn niedersausen lies. "Todesstoß" Lydia hatte genug gesehen. Sie ging ein

paar Schritte, brauchte frische Luft, von der es ihr auf einmal zu wenig gab. Ihre Gedanken überschlugen sich. Ein solcher Stoß hätte schlimme Verletzungen herbeigeführt, aber ohne den Ausruf niemals zum Tode geführt. Bael wäre vielleicht für ein oder zwei Wochen ausgefallen, aber das war immer noch besser als seinen Spielcharaker aufgeben zu müssen. Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah zu ihm hinüber. Er mochte sie nicht sonderlich gern. Zumindest nahm sie das an, denn er ging ihr aus dem Weg, wo er nur konnte. Lydia biss sich auf die Unterlippe. Bael war ein Krieger und sie eine Halbelfe, eine Heilerin, natürlich

hatten sie nicht viel miteinander zu tun. Bael ging in der Schlacht vorneweg, während sie das Feld, sprichwörtlich von hinten aufräumte. Dennoch schlug ihr Herz so heftig für ihn, dass es ihr weh tat. Gerade lies er den Kopf hängen und am liebsten wäre sie zu ihm gelaufen und hätte ihn in den Arm genommen. Was für ein dummer Gedanke, ein Mann wie Bael brauchte keine tröstende Schulter an der er sich ausheulen konnte. Sie beobachtete wie er mit den Backenzähnen mahlte. Er war völlig angespannt und sicher viel es ihm unsagbar schwer, teilnahmslos und zum Nichtstun verurteilt, dasitzen zu müssen. Bael hatte die Beine

angewinkelt und die Arme auf den Knien. Sie konnte sich kaum vorstellen wie es für ihn sein musste einen Charakter zu verlieren, denn er seit zehn Jahren ausgearbeitet hatte. Zehn Jahre, eine unvorstellbar lange Zeit für einen Spielcharakter. Lydia kannte nicht mal eine Handvoll LAPer, die auch nur eine halbsolange Lebensspanne hatten. Endlich traf der Medicus auf seinem zweirädrigen Elektroroller ein. Es war für alle Beteiligten immer noch ungewohnt die Spielleiter mit so modernen Technikutensilien ausgestattet zu sehen. Dennoch war es eine willkommene Bereicherung und ungemein spannend und witzig, wenn ein

Medicus mit einem Segway zwischen brüllenden Kobolden und Pfeile abfeuernden Elfen durch´s Bild huschte. Selbst der mürrische Bael konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und schüttelte schmunzelnd den Kopf. Der Medicus stieg von seinem Zweirad als wäre es das natürlichste der Welt. Nun, schoss es Lydia durch den Kopf, auftreten ist alles. Sie straffte die Schultern und reckte das Kinn, während sich der Medicus vom Spielleiter ins Bild rücken lies. Er zeigte dem Medicus das Video und erklärte ihm, warum er ihn gerufen hatte. Endlich tat sich etwas. Der Medicus war ein etwa einen Meter achtzig großer, durchtrainierter

Kerl und Lydia zweifelte nicht daran, dass er es verstand sich Respekt zu verschaffen. Er schritt wortlos um Bael herum, sah sich die Runen an und gab die Symbole auf seinem Tablet ein um zu erfahren welche Magie sie in dieser Konstellation ergaben. Seine Eingabe würde ergeben, dass die Auswahl an Runen zusammen einen Schutzzauber aussprach, der die Zeit um Bael zu dem Zeitpunkt angehalten hatte, als Lydia eingetroffen war. Anerkennend nickend begutachtete er auch die Runde vor Leopold. Er nahm sie auf, suchte sie in seinem Fundus der Runen und legte sie wieder

zurück. "Nun wie mir scheint, habt ihr alle Beteiligten außer Gefecht gesetzt Misstress Seefeld." Respektvoll verneigte er sich vor ihr. Lydia tat es ihm gleich, den obwohl der Medicus kein aktiver Spielcharakter war, genoss er doch hohes Ansehen. "Nun Herr, ich sah mich gezwungen so zu handeln, um die meinen zu beschützen." "Ha...", stieß er aus und neigte den Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite. "Wie mir scheint, gibt es hier nichts mehr zu beschützen, Elbe." Elbe. Wieso sagte er das? Manche LARPer hatten etwas gegen Mischlinge wie sie. Wenn

sie so einen vor sich hatte, dann konnte sie gleich einpacken. "Das stimmt nicht. Ich habe meinen Zauber frühzeitig ausgesprochen." Lydia wandte sich an den Spielleiter und hoffte mit ihrer Behauptung richtig zu liegen. "Wieviel Zeit ist vergangen, zwischen dem Todesstoß und meinem Eintreffen?" "Das spielt keine Rolle!", mischte sich Leopold ein. Der Spielleiter beugte sich über sein Tablet und brauchte einige Zeit ehe er ihr die Antwort geben konnte. Erleichtert atmete sie aus und strahlte zu Bael hinüber. Der hatte nun neue Hoffnung geschöpft und horchte

auf. "Todesstoß ist Todesstoß", schrie Leopold aufgebracht. Lydia funkelte ihn böse an. "Lies das Regelwerk du Troll!" "Aber meine Lieben. Immer mit der Ruhe." Der Medicus hob beschwichtigend die Arme. Dann zog er sein Tablet aus der Innentasche seines Mantels und las im Regelwerk nach. Niemand kannte das über zweihundertvierzig Seiten dicke Regelwerk auswendig, aber Lydia kannte die Stellen, die für ihren Job als Heilerin unumdingbar waren und sie konnte sich daran erinnern, das ein Todesstoß bei einem Spielcharakter mit

mehr als einem Jahr Lebensdauer mindestens drei Minuten und bei einer Spielfigur mit einer Lebensdauer von mehr als fünf Jahren mindestens sieben Minuten Zeit benötigte, ehe er wirkte. Nun erhob sich Bael und schrie zu ihr hinüber. "Lydia von Seefeld ich werde dich küssen und für immer dein Diener sein." Strahlend lächelte sie ihm entgegen, doch der Medicus hob erneut die Arme. "Nun Leopold wie mir scheint hat die Lady dich überlistet. Aber noch ist nicht aller Tage Abend." "Was meint ihr damit?", wollte Noah wissen, der zur moralischen Unterstützung zu Bael getreten

war. "Misstress Seefeld. Wie gedenkt ihr euren Patienten zu retten? Seine Wunden sind schwerwiegend und euer Runenzauber wird ihn nicht Ewig schützen. Lydia überlegte hastig. "Ich habe genug Kräuter um die Wunden zu versorgen." Sie zählte auf was ihr einviel und suchte noch verbleibende Runen aus ihrem Beutel, die die Heilung beschleunigten. Dann wartete sie hoffnungsvoll. "Das wird nicht ausreichen, befürchte ich." Der Medicus legte den Kopf schief und stieg auf seinen Segway. "Halt wartet!" "Wenn ihr nicht noch ein Ass aus Eurem

Ärmel zaubert, dann wird euer Krieger trotz allem sterben Mylady." Lydia lies sich vom Spielleiter noch einmal alle Wunden aufzählen. Sie ging sie eine um die andere im Kopf durch. Glich sie mit den Möglichkeiten auf Heilung ab, bis nur noch die große Bauchwunde übrig blieb. Verflixt, die Wunde war tief und nach den Berechnungen des Medicus zu folge würde Bael die Heimfahrt nicht überleben. Die Wunde würde sich entzünden und eitern, dann würde es zu Wundbrand kommen und... Lydia sah auf und fixierte den Medicus mit festem

Blick. "Maden", flüsterte sie und strafte die Schultern. "Maden?", krächzte Leopold. "In einer Doku habe ich gesehen, das Maden bei Wundbrand helfen. Man legt sie auf die eitrige Stelle und sie fressen das ganze schlechte Gewebe weg. Zurück bleibt nur gutes, heilendes Gewebe." "Ih", hörte Lydia Noh im Rücken und schmunzelte. "Stimmt das?", wollt Bael von dem Medicus wissen. Lydia lächelte ihm zu. Natürlich stimmte es. Zuerst war es nur eine wage Erinnerung gewesen, aber jetzt war sie sich sicher. Allerdings

wartete sie geduldig bis der Medicus die passende Information aus dem Internet gezogen hatte. Als der schließlich zustimmend nickte, lächelte sie triumphierend. "Kommt Männer, gehen wir." "Woher hat sie Maden?" Schrie Leopold, der Verzweiflung nah, den sein Sieg, den er schon seit so vielen Jahren herbei sehnte ran ihm wie Sand durch die Finger. Ein jeder Heiler, einer jeden Gruppe musste zu Beginn eines Cons eine Liste seiner Tinkturen, Runen und anderen Utensilien abgeben. Lydia wusste das sie kurz nach dem Bericht eine Handvoll Maden in ihren Medizinkasten gepackt hatte, sie aber nie

zum Einsatz gekommen waren. "Seht nach", forderte sie den Medicus über ihren Kopf hinweg auf und schritt zu Leopold, während der Medicus sie und ihre Liste im Intranet der Vereinigung deutscher LARPer suchte. Leopold funkelte sie aus zusammengekniffenen Augen an. Es lief ihr kalt über den Rücken, doch sie konnte nicht wiederstehen und flüsterte ihm zu, er könne die Rune behalten, die vor ihm auf dem Boden lag. Sie würdigte ihn keines weiteren Blickes und stellte sich zwischen ihre Kameraden. Ehe sie die Runen aufhob, die auf dem Waldboden lagen, wartete sie das Urteil des Medicus ab.

"Misstress Seefeld ist eine viel zu kluge Frau, wenn ihr mich fragt", erklärte der Medicus, der in der Zwischenzeit die Maden aus dem imaginären Medizinkasten gestrichen hatte. Er stieg anmutig auf sein Sugway und rollte an ihnen vorbei. "Ihr solltet Euer Glück nicht zu oft heraufbeschwören Mylady." Damit fuhr er an ihnen vorbei zurück zum nächsten Einsatzpunkt.

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Über den Autor

leebin
Routinierte Schubladenschreiberin auf der Suche nach Erleuchtung. Klingt hochtrabend, fast wie eine Zeitungsannonce in der Rubrik sie sucht ihn. :)

Sie: Selbstironische Mittdreißigerin mit flinken Fingern sucht nach ihm, dem ultimativen Kick. Er sollte Gegenwind verkraften und an die große Liebe glauben.

Ein kluger Mann hat einmal gesagt, es lohnt sich nur über zwei Dinge zu schreiben: Über die Liebe und den Tod. Also schreibe ich über die Liebe und zwar mit Leidenschaft und Hingabe. Ich liebe das gedankliche Chaos und die Struktur bringt mir den Tod.

Mein Laster ist das Papier, dem ich nicht widerstehen kann. Ob Klassisch als Collageblock, modisch in Form eines schicken Notizbuches oder hastig auf einem abgerissenen Stück Zettel dahin gekritzelt und für die Ewigkeit in den Untiefen einer Handtasche verloren. Papier... Am liebsten von Hand beschrieben, denn ein Kugelschreiber ist immer mit dabei. Papier... am schnellsten am Computer betippt, denn die Gedanken rasen mit Tempo 180 durch meinen Kopf. Einmal gedacht, und dann nicht gleich notiert, ist es in dieser Form für immer verloren.

Stubenhocker mit der Tendenz zum Pizzaservice. Weltenbummler mit dem Hang zur Geschichte. Mit offenen Augen und offenem Herz durch die Welt zu gehen, ist die schönste Gabe. Phantasie öffnet Türen zu Welten, die noch nie ein Mensch betreten hat.

Eine Schublade muss manchmal unwiderruflich geleert werden, wenn der Inhalt einen blockiert. Oh Blockaden, noch so ein teuflisches Wort. Genau wie: Ein weißes, unbeschriebenes Blatt Papier. O.K. zugegeben, mehr als ein Wort, aber nicht weniger teuflisch. Wer wie ich die Leidenschaft des Schreibens fühlt, der wird vielleicht aus dem ein, oder anderen unsinnigen Wort, etwas Wahres für sich finden.

Eure Kommentare sind mir jederzeit Willkommen und werden auch von mir erwidert. Wie du mir, so ich dir.

Auch sonst, tausche ich mich gerne mit Gleichgesinnten aus und freue mich, wie jeder hier, wenn er Post bekommst.

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