
,,Strömungen der Zeit, Winde des Schicksals.. wohin führt ihr mich? Zum Letztlich Unabwendbaren Schicksal ? Ich will mich ihm Stellen.“ Die Ballade des Wanderers Am nächsten Morgen erwachte Jaret erst, als draußen bereits die Sonne durch die niedrigen Fenster seines Zimmers schien. Das Licht blendete ihn im ersten Moment, bevor er sich aufsetzte. Rasch zog Jaret die neuen Sachen an, die er sich besorgt hatte und verstaute die
alten wieder in seinem Rucksack. Dann nahm er den Wanderstab und machte er sich auf, zurück zum Palast. Was immer ihn heute erwartete… er war gespannt darauf. Der Weg durch die Gärten kam ihm dieses Mal bereits weniger unvertraut vor. Blütenstaub in der Luft ließ ihn mehrmals heftig niesen. Jeden Tag die Möglichkeit und die Zeit zu haben unter diesen Bäumen, die teilweise so alt wie die Stadt selbst waren, hindurch zu wandern… er könnte sich nicht sehr viel mehr Wünschen. Ein wenig ungläubig sah er auf die Steinbauten und weitläufigen Grundstücke der Adeligen zurück. Was
ihn gestern gestört hatte, das konnte er nun in klarere Gedanken fassen. Wozu brauchte man solche kleinen Paläste? Sie bauten sich selbst Tempel. Der Gedanke erschreckte ihn selbst. Aber in einem Tempel verehrte man Götter… Hielten sie sich am Ende noch dafür? Für Götter ? Einige Augenblicke später hatte er bereits vergessen warum ihn der Gedanke kurz so sehr beunruhigte, ja regelrecht wütend machte. Die Wache am Tor zum Palastbezirk war wieder der gleiche Mann wie gestern. Der den Ruben mit Dunik angesprochen hatte und welcher ihn Anfangs nicht
hatte durchlassen wollen. Er warf Jaret im Vorbeigehen lediglich einen missgünstigen Blick zu, hielt ihn jedoch nicht auf. Die Androhung des Magiers, ob nun ernstgemeint oder nicht, hatte offenbar Wirkung gezeigt. Diesmal nahm Jaret sich nur wenig Zeit die honigfarbenen Sandsteinbauten und Wirtschaftsgebäude zu bestaunen. Auch an der Statue auf dem Richtplatz lief er eher achtlos vorbei. Ruben stand bereits vor den Palasttoren und Jaret fragte sich, ob der Zauberer wirklich auf ihn gewartet… oder irgendwie gewusst hatte, das er auf dem
Weg war. ,, Jaret schön dich wiederzusehen. Ich hatte schon befürchtet du hättest es dir Überlegt.“ Ruben musterte ihn kurz von oben bis unten. ,,Und wie ich sehe, hast du dir auch neue Kleider besorgt, gut. Die wirst du brauchen.“ Jaret sah ihn Fragend an. Er traute sich noch nicht, einfach zu sprechen ohne dass der Zauberer ihn dazu aufforderte. ,, Nach unserem gestrigen Treffen habe ich dem König von dir erzählt und er möchte dich kennen lernen. “ , antwortete dieser, ohne das Jaret fragen musste. Der König selbst wollte mit ihm
sprechen? , Er wurde erneut etwas misstrauisch. Ruben hatte das zwar bereits angekündigt aber er hatte eigentlich nicht wirklich damit gerechnet. Er war nicht wirklich jemand für den sich ein König interessieren würde. Oder doch ? Ein Seher… Das hatte zumindest der Magier behauptet. ,, Wieso ?“ , wollte Jaret wissen und brach damit sein eigenes Schweigen.. Die Frage war möglicherweise etwas grob gestellt, denn Ruben wirkte plötzlich nicht mehr so entspannt. ,, Nun der König möchte wissen, wen ich als meinen Gehilfen einstelle.“ ,, Gehilfen ? Ich dachte ich sollte
lediglich...“ , begann Jaret verwirrt. ,, Natürlich.“ Der Zauberer ließ ihn nicht ausreden. ,, Ich sagte bereits ich würde dich unterrichten, wie deine Visionen besser zu kontrollieren sind, da ich aber nebenher noch viele andere Aufgaben habe, kannst du mich begleiten und mir zu Hand gehen. Nebenher werde ich dich in der freien Zeit die mir bleibt unterrichten.“ Jaret sah einen Moment zurück zur Stadt und dann wieder zu Ruben. Der alte Zauberer lächelte freundlich, aber seine Augen scheinen dabei kalt zu bleiben. Kalt, mit dem unübersehbaren Feuer der Magie, das dahinter loderte. Jaret fragte sich kurz, wie es
irgendjemand aushalten konnte, diesem Mann länger als ein paar Sekunden in die Augen zu sehen. Oder war nur er es, der diese Macht wahrnahm? Die Kraft zu Heilen… und die Kraft mit einem einzigen Gedanken, einer Laune, zu töten. ,, Und was sagst du?“ Ruben so schien es wollte jetzt und hier seine Endgültige Entscheidung wissen. ,,Immer noch interessiert zu lernen? “ Jaret war einen momentlang zu erstaunt um zu antworten. Er, ein Straßenkind, sollte Helfer einer der mächtigsten Personen in Arbitrium werden. Natürlich hatte Ruben auch ein Interesse an seinen Visionen, berechtigt oder nicht aber… Aber warum nicht ? Konnte er das
Angebot des Magiers überhaupt noch ablehnen? ,, Ich denke ich bin bereit zu lernen.“ , antwortete Jaret schließlich . Für einen Rückzieher war es wohl ohnehin zu spät. Und er wollte auch nicht. Was immer ihn hier erwartete, es konnte nur besser sein, als auf den Straßen auf den Tot zu warten. Ruben zuckte mit den Schultern. ,, Gut dann komm, deine neue Arbeit beginnt ab sofort und der König wartet nicht gerne.“ Der Thronsaal des Palastes nahm von seiner Größe her gut und gerne die Fläche eines ganzen Hauses ein. Und
keiner kleinen Hütte, nicht einmal den einer Schänke. Die ganze Halle wirkte mindestens so hoch und so weitläufig wie einer der kleinen Paläste an der Gartenstraße und doch erhellten die magischen Lichtkugeln, die hier auch von den Decken hingen, den ganzen Saal. Der Boden bestand aus weißem Marmor. Vereinzelte, feine Adern aus hellerem und dunklerem Gestein durchliefen die Platten. In schwarzem Marmor hatte man, genau in der Mitte des Saals, das königliche Wappen eingelassen. Die Sonne Arbitriums. Die Kronen wiederum waren durch kleinere Steine aus Malachit und Lapislazuli gefertigt
worden. Das Marmorne Wappen war so blank poliert, das es das Licht der magischen Kugeln zurückwarf und den ganzen Raum in ein gleißendes, surreales Licht tauchte. Der Raum selbst besaß drei Türen. Eine, die wie Jaret später erfuhr Tür der Bittsteller genannt wurde und durch die sie den Saal betraten war dem Thron genau gegenübergestellt. Dieser wiederum befand sich auf einem leicht erhöhten podest. Die Tür rechst des Throns war für die Adligen reserviert und die Pforte links für Dienstboten. König Avarem von Dynastes saß auf dem Thron an der Rückwand des Raumes,
doch hätte er diesen eigentlich nicht gebraucht. Er beherrschte den Raum allein durch seine Anwesenheit bereits vollkommen. Mit grade einmal etwas mehr als dreißig Wintern und seiner Hochgewachsenen Statur war er jemand, den man auch als Person nicht unterschätzen durfte. Den langen braunen Haaren umrahmten das ernst wirkende Gesicht wie ein dunkler Heiligenschein. Der junge Jaret hätte nicht viel mehr Ehrfurcht empfinden können, wenn da nicht dieses bittere Gefühl gewesen wäre, das er schon auf dem Weg hierher empfunden hatte. ,, Mein Herr“ , sagte Darelto nach einer
Angedeuteten Verbeugung. ,, Ich darf euch Jaret Weißläufer vorstellen, den ich vom heutigen Tag mit eurem Segen meinen Gehilfen nennen möchte.“ Avarem stand langsam auf und trat zu den zwei wartenden hinab in den Saal. ,, Ein Gehilfen sagt ihr ?“, die Stimme des Königs war überraschend scharf. Sie schnitt durch den Raum wie ein Schwert und Jaret erzitterte am ganzen Körper. Ruben hingegen blieb ganz Ruhig und erwiderte: ,, Ja Herr, wir sprachen bereits gestern über ihn und ihr sagtet ihr wolltet ihn gerne vorher sehen. Nun das ist er.“ Der König schien auf einen Schlag weniger
Streng. ,, Nun wenn ich mir den Burschen so ansehe, dann scheint er mir doch ganz vernünftig zu sein. Oder ?“ Jaret wusste nicht genau, was er antworten sollte und nach einigen Sekunden fuhr Avarem fort : ,,Meine Erlaubnis habt ihr. Aber... lasst mich doch kurz allein mit ihm sprechen.“ ,, Allein ? Herr....“, begann Ruben unsicher. ,, Allein, ja und jetzt raus mit euch.“ Die Kälte und strenge war plötzlich wieder da und duldete keinerlei Wiederstand. Plötzlich in die Defensive gezwungen sagte der Zauberer nur: ,, Wie ihr Wünscht.“ , und Verließ den Saal mit
hinter ihm her wehender Robe. Die Mine des Königs hellte sich sichtlich auf als der Magier die Tür hinter sich schloss. ,, Weißt du Junge, ich könnte dir jetzt das gleiche wie jedem sagen. Es ist eine Ehre für die Königsfamilie und deren Untergebene zu arbeiten und der ganze übrige Mist.“ Er lachte kurz, ein Geräusch das wie Donner in dem leeren Saal wiederhallte. Avarems Mine wurde gleich darauf wieder ernst. ,, Ich werde dir aber stattdessen etwas erzählen, dass ich nicht jedem sage.“ Er hielt einen Moment Inne und schien nach Worten zu suchen.
,, Ruben hat mir von deiner, soll ich es Begabung oder Fluch nennen, erzählt. Und ich denke es könnte von Nutzen für uns sein. Sogar sehr von Nutzen.“ ,, Ich glaube nicht, das ich verstehe wieso.“ ,, Die Zukunft zu kennen…“ Jaret musste ihn unterbrechen. Die Zukunft zu kennen, genau das tat er doch nicht. ,, Verzeiht aber… was ich sehe… das kann nicht die Zukunft sein.“ Der König wurde hellhörig. ,, So ?“ ,, Ich meine…“ Jaret suchte nun selbst nach Worten auch wenn ihm klar war, das der König es ihm vielleicht übel nehmen könnte. ,, Ich meine, dass es nicht die einzige Zukunft ist. Es muss
nicht geschehen. Es ist nur…“ ,, Die größte Wahrscheinlichkeit ?“ , fragte Avarem mit einem Grinsen. Einen Teil seines Lebens hatte der König in Dynastes verbracht, wie Jaret schlagartig klar wurde. Unter den Magiern. Vermutlich verstand er mehr von dem, was Jaret ihm sagen wollte, als Jaret selbst. Er nickte deshalb nur. Das traf es wohl am besten. Was immer er sah war nicht festgeschrieben. Das er in der Lage gewesen war, Ruben in der Gasse abzulenken war Beweis genug dafür. ,, Gut genug für mich.“ , meint der König. Sein ernst kehrte schlagartig erneut zurück. Jaret fragte sich, ob
dieser Ernst eine Maske war… oder das sporadisch auftauchende Lächeln. Eines von beidem war in jedem Fall nicht echt. ,, Aber hüte dich vor Darelto, er ist nicht ganz der freundliche alte Mann der er zu sein scheint.“ Bevor er fragen konnte, was Avarem damit meinte sprach dieser weiter: ,,Er plant etwas, das spüre ich, ich weiß nur noch nicht was. Vertrau ihm nicht zu leichtfertig. Und jetzt, geh du hast sicher heute noch anderes zu erledigen. Und ich auch.“ Jaret verbeugte sich und verließ die Halle. Avarem sah ihm einen Augenblick nach, wie jemand, der nicht wusste ob er einen Fehler gemacht hatte.
Jaret jedoch bemerkte es nicht, während er über das Marmorsiegel im Boden trat. Dabei ging ihm ständig durch den Kopf was der König gesagt hatte. Das der Hofzauberer nicht nur aus Nächstenliebe handelte war ihm klar. Aber was König Avarem gemeint hatte, sollte für ihn die nächsten paar Jahre lang ein Rätsel bleiben. Bis der Sturm begann und er sich mittendrin wiederfand. Doch nun begann für ihn ein neues Kapitel. Die erste von vielen Veränderungen in
Jarets Leben als Gehilfe Rubens, war sein Zimmer. Er war es gewohnt in Decken gehüllt auf dem Boden zu schlafen, deshalb kam ihm das Bett das ihm in einer der Gesindekammer zur Verfügung gestellt wurde, wie der größte Luxus vor. Der Raum selbst befand sich in einem Turm des Palasts. Des Weiteren gab es mindestens dreimal am Tag Essen. Wieder etwas, das ihm so ungewohnt war, dass er sich erst daran gewöhnen musste und in der ersten Zeit einfach Mahlzeiten vergaß. Die nächste Neuerung war, dass ihm von Ruben jeden Monat eine, für seine Verhältnisse nicht grade geringe, Summe Geldes zur Verfügung gestellt wurde. Er
konnte sich erst gar nicht vorstellen, dass jemand so viel Geld überhaupt ausgeben konnte. Jaret sollte jedoch schnell herausfinden dass es doch möglich war. Er brauchte sich nur lange genug auf dem Palastgelände und unter den Adeligen umsehen. Die ersten paar Monate seines Lebens im Palast waren davon geprägt, dass er dem Hofzauberer bei seinen verschiedene Tätigkeiten zur Hand ging. Jaret holte Holz für das Feuer der Destille, wenn sich der Magier mit Alchemie beschäftigte oder erledigte auch schon mal die Einkäufe wenn Darelto zu beschäftigt war um selbst Zutaten oder Bücher zu Suchen und zu Erstehen.
Er hörte dem Zauberer genau zu und las so gut wie jedes Buch das er für den Magier besorgte auch selbst. Auch wenn er vieles nicht verstand so lernte er doch schnell und sog das Wissen praktisch wie ein Schwamm auf. Ob es nun magische Theorien waren, die er kaum nachvollziehen konnte, Schriften, die sich mit der Botanik und den Lebewesen der Gegend beschäftigten oder simple alchemistische Formelsammlungen. Bald schon kannte er einige der Wichtigsten alchemistischen Rezepte auswendig und Ruben erlaubte ihm unter seiner Aufsicht selbst einige herzustellen. Die Arbeiten rein magischer Natur ,wie
etwa wenn Ruben Gegenstände für den König verzauberte, waren etwas das der Zauberer allerdings allein tun musste. Solche Verzauberungen zu fertigen war ein langwieriger und gefährlicher Prozess der unter Umständen mehrere Tage dauern konnte und nicht unterbrochen werden durfte. So brachte er dem Hofzauberer unter anderem Essen und Wasser aber auch die Entsprechenden Nachschlagewerke, wenn er sich bei einigen Verzauberungsschritten noch einmal vergewissern wollte. Einmal jedoch ging einer der
empfindlichen magischen Prozesse schief als Jaret sich grade im Raum befand. Der zu verzaubernde Gegenstand, in diesem Fall ein einfacher Silberring, begann in einem gleißenden Licht zu strahlen. Ruben schrie Jaret noch zu er solle machen, dass er aus dem Raum rauskam, als es auch schon zu spät war. Es war der Moment in dem Jaret klar wurde wieso sich die Labore des Zauberers im Gestein tief unter dem Palast befanden. Holzsplitter von der Einrichtung wirbelten im ganzen Saal herum. Die Tür des Labors wurde aus ihren Angeln gerissen und von der Decke lösten sich einige Steinbrocken. Jaret erfuhr später, dass man die Erschütterung selbst oben
im Hof des Palasts noch gespürt hatte. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt aber an diesem Tag verstand Jaret etwas dass er vorher zwar schon gewusst, aber jetzt erst begriffen hatte. Magie war Macht. Und in den falschen Händen unglaublich zerstörerisch. In der wenigen freien Zeit die ihm blieb und die Ruben nicht mit Schlafen oder Essen verbrachte, arbeitete er mit Jaret. Er stellte ihm verschiedene Fragen über
seine Vergangenheit, die Jaret aufgrund seiner Lückenhaften Erinnerung größtenteils nicht beantworten konnte. Ruben äußerte auch die Vermutung, dass dies möglicherweise mit seiner Seher-Begabung zusammen hing. ,, Wieso ?“ , wollte Jaret wissen. Er war damals gut 2 Jahre im Palast und hatte sich in dieser Zeit schon ein paar der Bücher und Schriften Rubens zu verschiedensten Themen angeeignet. Aber in nichts davon hatte er wirklich einen Hinweis auf so etwas gefunden. ,, Es scheint mir plausibel.“ , meinte der Magier nur. ,, Aber wenn du es wissen willst,, ich vermute, die Sehergabe erstreckt sich nicht nur einfach auf.
Vergangenheit und Zukunft und Gegenwart. Ich glaube sie kann dich auch beeinflussen… lenken wenn du so willst. Sie ist…“ Ruben schien das erste Mal unsicher zu werden. ,, Nun man könnte wohl sagen ein lebendiges Wesen. Wie die gesamte Magie.“ Er erläuterte nicht weiter, was er damit meinte, aber Jaret glaubte es zu verstehen. Seine Visionen hatten mit der Zeit immer mehr Launisches an sich. Er konnte längst nicht mehr darauf hoffen, dass sie nur im Schlaf zuschlugen, vor allem da Ruben ihm erneut einige Seiten aus dem Buch des Sehers zeigte. Fasziniert stellte Jaret fest, dass auf
jeder Seite ein anderes Symbol war. Pentagramme, Mandalas aus wirren Muster, Quadrate und Schlangenlinien die keine wirkliche Form zu haben schienen. Aber auch schlichte Symbole wie das Sternenzeichen welches Ruben ihm als erstes gezeigt hatte. Und jedes einzelne löste eine Vision aus. Mal sah er Dinge die ihn Ängstigten, mal Dinge über die er sich freute, doch er merkte auch, dass einige Visionen schnell wieder aus seinem Gedächtnis verschwanden während sich andere unauslöschbar einprägten. Der Zauberer äußerte die Vermutung, dass die Visionen die er wieder Vergaß vielleicht Dinge zeigten die erst in ferner Zukunft
geschehen würden oder schon geschehen waren und demzufolge als Unwichtig abgetan wurden und jene welche er sich behielt in der näheren Zukunft eintreffen würden. Es war unmöglich es nachzuprüfen, denn von den Visionen die er aus dem Buch erhielt, handelte keine von ihm selbst oder jemanden den er kannte. Ruben wies ihn trotzdem an jede Vision in ein kleines Buch, das er ab da an meist bei sich trug, aufzuschreiben. Als Jaret daraufhin verschämt zugeben musste das er zwar Lesen konnte aber nie schreiben gelernt hatte, begann Ruben ihn auch darin zu unterrichten, wenn er die Zeit fand. Auch lehrte Ruben
ihn, wie er, wie der Zauberer es nannte, seinen Geist öffnen oder abzuschotten konnte. Indem man seine Aufmerksamkeit auf einfach alles um sich herum lenken und somit seine Wahrnehmung erweiterte und er zeigte ihm auch wie man sich ,indem man an Unwichtige Dinge dachte oder auch einfach im Kopf zählte, sich schlicht selbst ablenkte, seinen Geist vor anderen verschloss. Warum der Zauberer ihm dies beibrachte leuchtete Jaret sofort ein, denn er hatte inzwischen erkannt, dass seine Visionen, außer wenn er schlief, größtenteils Visuell ausgelöst wurden. Das Buch war Beweis genug
dafür. Durch die Methode sich einfach auf alles gleichzeitig zu konzentrieren, fiel es ihm leichter, genau das herbeizuführen und die Auslösung einer Vision geradezu steuern zu können. Es war ihm bereits einige Male gelungen eine Vision in diesem Zustand herbeizuzwingen. Jaret hatte sich einfach auf ein Buch konzentriert, dass Ruben am Vortag gelesen hatte. Tatsächlich dauerte es nur wenige Sekunden, bis die Welt in einem Wirbel aus Bildern verschwand. Er hatte vor sich Ruben gesehen, wie dieser, das Buch in der Hand auf einem Sessel saß und las.
Danach war es ihm noch ein paar Mal gelungen, aber meistens kamen die Visionen immer noch zufällig und unkontrolliert. Außer wenn er das genaue Gegenteil tat und seinen Verstand verschloss. Dann hatte Jaret, wie er schnell merkte, zwar immer noch Visionen allerdings weniger und er konnte diese nicht im geringsten Beeinflussen. Es war praktisch so, als wäre seine Begabung betäubt. Ein angenehmer Nebeneffektdieser Methode war, dass es Ruben überhaupt nicht mehr möglich schien festzustellen ob er log oder nicht. Er hatte nichts gegen den Hofzauberer, betrachtete ihn sogar als seinen Retter, gewöhnte sich aber
trotzdem bald an bei allen Gesprächen mit Ruben seinen Geist zu blockieren. Ob der Magier merkte dass er ausgesperrt wurde oder nicht erfuhr der Junge allerdings nie. Alle paar Wochen ging Ruben im Auftrag des Königs oder auch privat auf Reisen. Meistens blieb Jaret während solcher Reisen allein im Palast zurück. Er übte dann mit dem Buch des Sehers. Oft Schlug er die Seite mit dem Symbol auf, das Ruben ihm ganz am Anfang gezeigt hatte. Der Stern innerhalb eines Mondes, dessen Strahlen in Schwertern ausliefen.
Diese Seite war, wie er gemerkt hatte, die einzige die bisher eine Vision seiner eigenen Zukunft ausgelöst hatte. Aber so sehr er sich auch konzentrierte, er schaffte es nicht eine weitere Vision herbeizuzwingen. Ansonsten waren diese Zeiträume während der Reisen des Zauberers meist unglaublich langweilig. Jaret hatte sich daran gewöhnt, praktisch jeden Tag mit Magie und Rubens Forschung zu tun zu haben und seine anfängliche Angst war viel mehr zur Faszination geworden. Nur ein einziges Mal nahm Ruben ihn auf eine seiner Reisen mit. Und es wäre fast sein Tod gewesen.
Er erläuterte nicht, warum Jaret ausgerechnet bei dieser speziellen Reise dabei sein sollte, doch als er Jaret fragte ob dieser ihn begleiten wolle, sagte er sofort ja. Es war besser, als sich in Seminium zu langweilen. Und Jaret wollte raus. Aus der Stadt aber am besten vielleicht noch weiter. Der Zauberer plante eine Reise nach Erane eine kleine Stadt etwa drei Tagesreisen von Seminium entfernt. Das war in Jarets fünftem Jahr im Palast. Mittlerweile erinnerte kaum mehr etwas an den Straßenjungen, der eines Tages das Pech oder das Glück hatte, dem
Hofzauberer aufzufallen. Sie brachen in aller frühe von Seminium aus auf und hofften an diesem Tag noch bis zu einem kleinen Dorf zu kommen, dass Ruben schon früher besucht hatte. Das würde ihnen Ersparen irgendwo im freien ihr Lager aufschlagen zu müssen. Der Weg führte, nachdem sie die offene Gegend um Seminium herum hinter sich gelassen hatten, vor allem durch die Wälder Arbitriums, welche das Land von Arbitrium wie ein Gürtel in zwei Teile schnitten. Auf der einen Seite Seminium und Dynastes, auf der anderen Erane und die übrigen Städte. Soweit Jaret sehen konnte gab es nur
kühle Schatten und Bäume. Was sich alles unter diesem endlosen dunklen Blätterdach verbergen konnte… Einen Moment glaubte er, über den Bäumen zu schweben, ein endloses Meer aus Grünschattierungen unter sich. Es war keine Vision, nur ein Gedanke, der Jaret einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er zog den grauen Mantel den er trug etwas enger um sich. Wenn er zu Ruben sah befand er sich nun fast auf Augenhöhe mit dem Mann. Wie Zeit vergehen konnte… Eine Pfütze auf der Straße warf sein Spiegelbild zurück und was er sah war keine ausgezehrte Gestalt mehr. Die schwarzen Haare fielen ihm in wirren
Strähnen ins Gesicht und zwei wache, blaue Augen starrten zurück. Später am selben Tag begann es zu regnen, aber nur wenige Tropfen fanden ihren Weg unter das Laubwerk hindurch. Da es auf der Reise durch die dichten Wälder zwischen Erane und Seminium nichts anderes zu tun gab, versuchte Jaret ein Gespräch mit Ruben anzufangen. Der Zauberer war jedoch ungewöhnlich Schweigsam und schien über sich über Irgendetwas zu Sorgen. Jaret seufzte und sprach ihn darauf an. Er war es mittlerweile gewohnt, dass Ruben seine Geheimnisse hatte und selten darüber Auskünfte gab.
,, Nur so ein Gefühl“ , sagte dieser. ,, Aber nimm lieber das hier.“ Mit diesen Worten griff der Magier unter den purpurnen Reisemantel den er trug und holte einen Dolch aus seinem Gürtel. ,, Rechnest du mit Ärger ?“ , fragte Jaret dem jetzt selbst mulmig wurde. Er war alt genug um zu wissen, dass es auf dieser Welt Dinge gab denen man besser aus dem Weg ging. Er hatte es früh genug erfahren. Jaret umklammerte mit einer Hand seinen alten Wanderstab und mit der anderen das Messer das nun an seiner Hüfte hing. ,, Sagen wir einfach, wenn es Ärger gibt ist mir wohler wenn du nicht ganz
wehrlos bist. Dieser Abschnitt unserer Reise ist nicht ganz ungefährlich.“ Mit diesen Worten setzten sie ihre, nun schweigsame, Reise fort. Nach einer Weile stellte Jaret eine Frage, die er die letzten Jahre mit sich herumgetragen aber beinahe vergessen hatte. ,, Wer ist eigentlich Gerret Giller ? Der Zauberer der das Buch geschrieben hat?“ Ruben dachte einen Moment nach, bevor er antwortete: ,, Er hat die Gemeinschaft der Magier vor vielen Jahren verlassen. Sagt dir der Begriff Bettelmagier etwas?“ Jaret nickte. ,,Nun er hat sich als Eremit abgesondert. Ich habe in den letzten 20 Jahren nicht viel von ihm gehört, außer
dass er sich in einer Hütte in den Bergen nördlich der Stadt niedergelassen hatte.“ ,, Seit ihr ihm je begegnet ?“ Wieder schien Ruben einen Moment überlegen zu müssen. ,, Wir haben uns gekannt aber, sagen wir mal unsere Ansichten unterschieden sich grundlegend. Er war… ist vermutlich immer noch, ein Koryphäe was magisch inspirierte Muster und Pfade angeht. Eine ziemlich interessante, aber außer für Seher wohl recht nutzlose Disziplin. Für Magier gibt es genug andere Möglichkeiten, ihre Konzentration für Zauber zu fokussieren.“ Sie kamen jetzt an eine Stelle, wo die Straße in einen Hohlweg führte. Hänge
ragten links und rechts der Straße auf und formten so einen schlecht einsehbaren Hohlweg. Irgendetwas daran ließ Jaret unruhig werden, ohne das er zu sagen gewusst hätte warum. Dann passierte es. Ein Sturm von Bildern und Jaret sah vor sich mehrere Männer aus dem Wald am Ende des Hohlwegs stürmen. SO plötzlich wie sie gekommen war, war die Vision auch schon wieder zu Ende. Noch bevor sich seine Sicht wieder Normalisierte rief er: ,, Passt auf!“ Keinen Moment später sprang der erste Bandit aus dem Dickicht. Sie hatten offensichtlich dort gelauert
und auf Reisende gewartet die ein leichtes Ziel abgeben würden. Nun da hatten sie sich verrechnet. Ruben riss eine Hand hoch. Eine Feuerwand jagte auf den Angreifer zu , einen Wirbelwind aus brennenden Blättern hinter sich her zerrend und hüllte diesen ein . Innerhalb von Sekunden blieb nur Asche übrig. Die Nächsten Fremden, die aus dem Wald auftauchten wurde von einem Blitz gefällt, als der Magier eine Faust Richtung Himmel streckte. Der Lärm war ohrenbetäubend und brachte den Bode unter ihnen zum
Zittern. Doch während Ruben sich mit seiner Magie zur Wehr setzen konnte, hatte Jaret nur das Messer und seinen Wanderstab. Er sah sich rasch um, denn auch vom anderen Ende des Weges stürmten nun Banditen heran. Sie saßen in der Falle.